Hitcher, der Highwaykiller

Der Horrorklassiker Hitcher, der Highwaykiller hatte es in Deutschland nicht leicht. 25 Jahre lang stand er hier auf dem Index, bis schließlich 2012 die Indizierung aufgehoben wurde. Und selbst danach mussten Fans noch sieben Jahre warten, um eine ungeschnittene deutschsprachige Blu-ray des Slashers erwerben zu können. Bereits im Januar 2019 gab es dann die ersten noch ungeprüften und limitierten Veröffentlichungen im Mediabook. Am 3. Mai bringt Filmjuwelen nun erstmals eine FSK geprüfte und ungeschnittene Blu-ray heraus. Doch wie gut ist der Film nach Jahrzehnten im Giftschrank gealtert? Wir haben ihn uns noch einmal angesehen

Es ist mitten in der Nacht auf den Highways von West Texas und es regnet in Strömen. Jim Halsey (C. Thomas Howell, Die Rote Flut) sitzt hinter dem Steuer eines Cadillacs, den er nach Kalifornien überführt, und kämpft gegen den Schlaf an. Um sich wach zu halten, nimmt er schließlich einen Anhalter (Rutger Hauer, Hobo with a Shotgun) mit, der sich als John Ryder vorstellt. Schnell wird klar, dass Ryder keinesfalls ein harmloser Tramper ist, sondern ein gefährlicher Serienmörder, der auf dem Highway sein Unwesen treibt. Zwar gelingt es Jim, den mörderischen Beifahrer aus dem Wagen zu schmeißen, doch wird er fortan von dem Killer verfolgt. Und es kommt noch schlimmer. Durch eine Reihe von Missverständnissen wird Jim selbst bald von der Polizei für den Killer gehalten. Alle Versuche die Situation zu erklären scheitern, unter anderem durch das Zutun Ryders. Da die texanische Polizei nun ihrem Ruf gerecht wird, zuerst zu schießen und dann erst Fragen zu stellen, ist Jim bald auch auf der Flucht vor dem Gesetz. Einzig und allein die Kellnerin Nash (Jennifer Jason Leigh, The Hateful Eight) glaubt an seine Unschuld und versucht ihm zu helfen.

Alter Wein in neuen Schläuchen

Originaltitel The Hitcher
Jahr 1986
Land USA
Genre Horror, Thriller, Action
Regisseur Robert Harmon
Cast John Ryder: Rutger Hauer
Jim Halsey: C. Thomas Howell
Nash: Jennifer Jason Leigh
Captain Esteridge: Jeffrey DeMunn
Laufzeit 97 Minuten
FSK

Neu ist das alles natürlich nicht und war es schon in den 80er Jahren nicht. Schließlich wandelt Hitcher auf den Pfaden des damals populären Slasher-Genres. Ebenfalls dürfte Spielbergs Duell als Vorbild gedient haben. Selbst das Konzept des fälschlicherweise für den Täter gehaltenen Opfers ist ein Handlungsklischee, welches fast so alt ist, wie die Filmgeschichte selbst. Und bei fast jedem Hollywood-Thriller ist der Drehbuchautor so gnädig, dem arg geschundenen Protagonisten eine bildschöne und hilfsbereite Frau an die Seite zu stellen. So wird der Überlebenskampf zu einem romantischen Abenteuer. Doch gerade im Genrekino sind Filmklischees nicht unbedingt ein Problem. Vielmehr sind Genres ja institutionalisierte Klischees. Entscheidend ist es vielmehr, die altbekannten Formeln gekonnt zu variieren und dadurch etwas frisches und neues zu schaffen. Dies ist hier eindeutig gelungen.

Dein Freund und Helfer, der Killer

Momente der Ruhe gibt es in diesem Thriller nur wenige. Allein um Figuren einzuführen oder unheimliche Momente aufzubauen wird noch das Tempo reduziert. Der Rest des Films besteht aus panischer Flucht vor der Polizei und vor dem Killer. Dabei ist das Verhältnis zwischen den Jägern und dem Gejagten stets ambivalent, woraus die Geschichte den Großteil ihrer Spannung bezieht. Denn Jim ist immer wieder hin- und hergerissen, ob er sich den Behörden stellen oder durch eine Fortsetzung seiner Flucht Gesetze brechen soll. Diese Zerrissenheit zwischen Vertrauen in das Rechtssystem und Fluchtinstinkt überträgt sich bald ebenso auf den Zuschauer, der sich immer wieder fragen muss, wie er selbst in einer solchen Situation handeln würde. Gleichzeitig scheint jedoch gerade der Hitcher, im Gegensatz zu den meisten Troopern der State Police, nicht darauf aus zu sein, Jim bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zu töten. Vielmehr versucht er den Überlebenswillen und damit den Killerinstinkt seines Opfers zu wecken. Dies macht Ryder als Charakter wesentlich interessanter und lässt ihn teilweise noch bedrohlicher wirken, birgt in sich jedoch ein grundsätzliches Problem. Denn hat der Zuschauer einmal begriffen, dass der Killer mit unserem Helden nur spielt, wirkt keine Konfrontation mit dem Mörder wirklich gefährlich. Denn so ausweglos die Lage auch scheinen mag, wir wissen, wie unser Protagonist letztendlich entkommen wird: nämlich durch die ungewöhnliche und diabolisch motivierte Gnade des Killers. So sind die Verfolgungen durch die Polizei letztendlich sogar spannender, die Auftritte des Serienmörders dafür aber umso abgründiger.

Blut und Blechschäden

Für einen Slasher ungewöhnlich ist allerdings nicht nur die Handlung, sondern ebenfalls der bei der Produktion betriebene Aufwand. Mit einem Budget von 5,8 Millionen Dollar handelt es sich nicht mehr um einen B-Movie im engeren Sinne und das sieht man dem fertigen Film deutlich an. Denn wer mit Blick auf die Indizierung eine blutige Gewaltorgie erwartet, dürfte enttäuscht werden. So spielen sich die schrecklichsten Gräuel im Off ab und werden nur angedeutet. Dies ist vermutlich auf die Interventionen des Studios zurückzuführen und nimmt tatsächlich manchen Szenen einen Teil ihrer Schärfe. Gleichzeitig sind die meisten Gewaltdarstellungen aber durchaus explizit, wie man es von einem Horrorfilm der 80er Jahre erwartet. Glücklicherweise wurde auf die heute so üblichen Jump-Scares gänzlich verzichtet. Stattdessen wird der Zuschauer dadurch erschüttert, dass sich in friedliche und ruhige Bilder durch langsame unscheinbare Bewegungen immer wieder grausame Elemente einschleichen. Das Alleinstellungsmerkmal des Streifens ist jedoch in den zahlreichen und spektakulären Actionszenen zu sehen, welche für einen Horrorfilm äußert ungewöhnlich sind. Denn immer wieder führt das Katz-und-Maus-Spiel zwischen den Figuren zu Verfolgungsjagden auf den staubigen Wüsten-Highways. Diese wurden mit beeindruckenden Stunts realisiert und vom australischen Kameramann John Seale (Mad Max: Fury Road) meisterhaft in Szene gesetzt. So wurde in den meisten Einstellungen die Kamera augenscheinlich an den beteiligten Fahrzeugen oder auf Kamerawägen montiert, sodass zum einen ein Gefühl der Geschwindigkeit vermittelt wird und zum anderen das Geschehen immer leicht zu beobachten bleibt. Selbst wenn sich die Kamera auf die Schauspieler konzentriert, bleibt im Hintergrund die Action stets sichtbar und somit präsent.

Charmanter Terror

Doch natürlich fasziniert Hitcher nicht nur durch sensationelle Crashs und Explosionen, sondern beherrscht auch die leisen Töne. So trägt schon zu Beginn maßgeblich der unheilvolle Soundtrack Mark Ishams (Point Break) zur bedrohlichen Atmosphäre des Films bei. Und der noch eher unbekannte C. Thomas Howell spielt seine Figur in den verschiedenen Stadien der Angst durchaus glaubhaft. Doch der unangefochtene Star der Besetzung ist Rutger Hauer, über dessen Gesicht in kürzester Zeit die verschiedensten Emotionen huschen wodurch beim Zuschauer eine unbehagliche Irritation ausgelöst wird. So gelingt es ihm immer wieder, neben stechenden oder belustigenden Blicken seinem Killer einen Hauch Menschlichkeit und Sympathie zu verleihen. In der deutschen Fassung wird dieser Eindruck noch dadurch verstärkt, dass Hauer von Klaus Kindler, dem Stammsprecher Clint Eastwoods, synchronisiert wurde. Und tatsächlich umgibt Hauer immer die freundliche Lässigkeit eines Western-Helden. Dies passt natürlich zu dem fast schon paternalistischen Verhältnis, welches sich im Verlauf des Films zwischen ihm und unserem Protagonisten ergibt. Diese schauspielerischen Qualitäten heben den Hitcher wohltuend von den meist maskierten Antagonisten anderer Slasher ab.

Fazit

Dem eingefleischten Horrorfan dürfte Hitcher, der Highwaykiller nicht mehr allzu viel Angst machen. Spannung hingegen ist garantiert. Angesichts der wendungsreichen und oft überraschenden Handlung kommt zu keinem Moment Langeweile auf. Durch die für einen Horrorfilm ungewöhnlichen und fast perfekt inszenierten Actionszenen, sowie durch die eindrucksvollen Landschaften wird auch visuell einiges geboten. Damit hebt sich Hitcher deutlich von anderen Horrorfilmen der Ära ab und stellt in seiner Kombination aus Slasher und Roadmovie ein fast schon einzigartiges Vergnügen dar. Kleinere dramaturgische Schwächen verzeiht man da gerne.

 

© Filmjuwelen

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Timo Beyer

Mit Timo Beyer haben wir einen waschechten Historiker in unserer Redaktion, der sich nicht nur mit großer Begeisterung auf jeden Historienfilm stürzt, sondern auch für das klassische Hollywood-Kino brennt. Sein Lieblingsgenre sind Western verschiedenster Couleur, von John Wayne bis Clint Eastwood. Seine Film- und Buchsammlung platzt aus allen Nähten, weshalb er immer auf der Suche nach neuem Stauraum ist.

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Ayres
Redakteur
28. Juni 2019 22:06

Der Artikel hat mich dazu angespornt, mir den Film nun auch mal reinzuziehen. Gefühlt habe ich ihn schonmal gesehen, aber wohl etwas länger her. Unterm Strich finde ich ihn okay. Diese endlose Verfolgungsjagd ist etwas ermüdend, aber sonst kann man dem Film seinen Charme nicht absprechen. In Sachen Action liefert er alles, was man so sehen möchte und Rutger Haues Präsenz wirkt einfach erstmal nur. Bei den Landschaftsbildern bin ich ehrlich: die würde ich mir eher heute mit mehr Filtertechnik ansehen wollen. Sonst aber ein solider Film, den ich mir vermutlich aber nicht noch einmal ansehen werde, da er schon relativ wenig Abwechslung bietet.