Myre: Die Chroniken von Yria (Band 1)

Drachen scheinen nie auszusterben. Bücher wie Das Erwachen des Feuers oder Serien wie Drachenflieger befeuern das Thema regelmäßig. Im Frühjahr 2018 brachte der Splitter Verlag den ersten Band der Chroniken von Yria heraus. In Myre sind Drachen meist nur noch eine Erinnerung an eine weit zurückliegende Vergangenheit. Doch die scheinbar tote Welt ist gar nicht so unbelebt, wie man es denken mag. Vor allem, wenn ruppige Mähnenwolfdamen sich auf den Rücken von pferdeartigen Drachen schwingen und man mit ihnen eine bildgewaltige Welt erkunden darf.

  

Myre – der Aussage von Claudya Schmidt nach am ehesten eine Mähnenwölfin – und ihre treue Begleiterin Varug streifen durch die Welt von Yria. Sie sind Reisende ohne Ziel und ohne Herkunft. Die einst grüne Landschaft wurde von den Ylducian (Drachen aus grauer Vorzeit) zu einer Aschewelt verbrannt, als Strafe dafür, dass die Bewohner von Yria ihnen ihre Macht stahlen. Doch davon weiß kaum noch jemand etwas und jeder lebt von der Hand in den Mund. Nachdem sie bei einem Kampf verletzt wurde, trifft Myre auf Boozer, der einem Waschbären ähnelt und ihre Reise bekommt eine Ziel.

Dekompression des Plots

Originaltitel Myre (Chronicles of Yria)
Jahr 2017
Land USA
Genre Fantasy
Autor Claudya Schmidt, Matt W. Davis
Zeichner Claudya Schmidt
Verlag Splitter Verlag

Die Handlung von Myre passt nach dem ersten Band in einen Fingerhut. Wir begleiten die Hauptfigur und ihren Drachen, wobei in vielen Panels der Charakter von Myre und anderen Figuren gezeigt wird. Nach einem Kampf bei dem Myre ausgeraubt werden soll, schleppt sie sich verletzt in eine andere Stadt und trifft dort auf Boozer. Auch hier passiert nicht viel und dennoch erzeugen die Bilder eine Sogwirkung. Denn Claudya Schmidt schafft es, durch das Auseinanderziehen des Plots ausdrucksstarke Mimik, gewaltige Landschaften und ihren Weltenaufbau darzustellen. Dennoch: Man muss für Myre etwas Geduld mitbringen – oder ein Fan von sich langsam entwickelnden Geschichten sein. Das Rätsel darum, wie der einer scheinbar zurückgezogenen (oder gar ausgestorbenen?) Rasse zugehörige Drache zur Gefährtin einer Mähnenwölfin werden kann, ist jedenfalls ein guter Anreiz, um dran zu bleiben!

Schöne neue Welt?

Das Farbspektrum von Yria beschränkt sich größtenteils auf erdige Töne. Die teilweise sehr großen Panels bieten Landschaften, in denen man sich verlieren kann. Nur ab und zu findet man in den Städten oder an den Bewohnern Farbtupfer. Diese zeigen Besonderheiten (wie zum Beispiel an Myres Drachen) oder zeugen vom Reichtum Einzelner. Ungewöhnlich ist auch, dass die Welt von Yria nur von tierähnlichen Wesen bevölkert wird, aber das gibt der Geschichte einen weiteren Reiz. Der Aufbau der Panels ist für Comics eher ausgefallen, denn er erinnert an Mangas oder moderne Graphic Novels. Doch dadurch wird eine besondere Dynamik hervorgebracht, die den Lesenden durch die Geschichte tragen. Im Interview mit Benjamin Dewey berichtet der Künstler, dass Comiczeichner immer mehr mit solchen Strukturen spielen, um gewisse Effekte zu erzeugen und das funktioniert auch bei den Chroniken von Yria. Auffällig sind außerdem die durchsichtigen Sprechblasen, bei denen das Artwork in den Vordergrund tritt. Jedoch betonen sie auch den kargen Plot, welcher in der Hinsicht der einen oder anderen Landschaft in Yria ähnelt.

German made English made German

Die Berliner Künstlerin Claudya Schmidt hat mit Matt W. Davis aus Colorado den perfekten Partner gefunden, um ihre Traumgeschichte zu erzählen. Um das zu schaffen, haben die beiden ein Crowdfunding gestartet. Es kam dabei genügend Geld zusammen, um am ersten Teil von Myre zu arbeiten. Das erklärt auch, warum die Geschichte zuerst im englischsprachigen Raum erschien. Dann fand sich der Splitter Verlag als deutscher Herausgeber und splittete Band 1 in zwei Teile. Was im ersten Moment wie Geldmacherei wirkt, hat durchaus seine Gründe: Das Erstlingswerk einer deutschen Künstlerin wollte der Verlag einer breiten Masse zugänglich machen. Dabei ist es hilfreich, wenn der Einstiegspreis nicht gleich an der 30 Euro Grenze kratzt. Die Wartezeiten für die Lesenden sind kürzer und die Künstlerinnen und Künstler, die oft keine anderen Haupteinnahmequellen haben, werden besser unterstützt.

Ich mag den ersten Teil von Myre recht gern. Es wird deutlich, dass die Welt viel Tiefe und Möglichkeiten bietet, die im ersten Band nur angedeutet werden. Mir gefallen Geschichten, die sich langsam entwickeln, die Raum für Charaktere schaffen und denen man viele liebevolle Details anmerkt. Das alles vereint der erste Band von Myre, dennoch fühle ich mich ein wenig verloren. Ich hoffe daher sehr, dass der zweite Teil etwas handfester wird und mir noch mehr von dieser Welt zeigt, in der so ungewöhnliche Freundschaften geschlossen werden können.

© https://www.yriachronicles.com/

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MadameMelli

MadameMelli ist im Berufsalltag als Informationsninja unterwegs und hilft Suchenden, die passende Literatur zu finden. In ihrem Freundeskreis ist sie als Waschbär bekannt und dementsprechend ist auch kaum ein Buch, Manga oder Comic (oder Tee) vor ihr sicher – alles wird in die Hand genommen, begutachtet und bei Gefallen mit nach Hause geschleppt. Nur nicht gewaschen, das wäre zu viel des Guten. Sinniert gerade darüber, ob es als Waschbär sehr gefährlich ist, Wölfe zu lieben, lässt sich davon aber nicht abhalten und schreibt in ihrer Freizeit selbst Geschichten. Manchmal auch über Wölfe. Oder Tee.

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