Manga Issho
Unter dem Slogan „Let’s do it ISSHO.“ haben sich vier große europäische Manga-Verlage zusammengetan und mit Manga Issho ein Projekt ins Leben gerufen, das europäische Mangaka in den Mittelpunkt rücken soll. „Issho“ ist japanisch und steht für „zusammen“ oder „gemeinsam“. Genau dafür soll dieses Projekt stehen und eine gemeinschaftliche Bühne für die europäische Mangaszene schaffen. Offiziell vorgestellt Ende März 2025 auf der Leipziger Buchmesse durch Altraverse, soll damit der Startpunkt für eine längerfristige und länderübergreifende Partnerschaft gelegt werden. Dabei sollen nicht nur bereits etablierte Mangaka, sondern auch aufstrebende und unbekannte Künstler ein Podest erhalten, um sich zu präsentieren. Nachdem die erste Ausgabe nun auch offiziell im Handel erhältlich ist, darf die Frage gestattet sein: Hat Manga Issho sein Ziel erreicht?
Manch einer kennt sie noch: Manga-Magazine. Im deutschsprachigen Raum sind wohl die BANZAI! und die Daisuki von Carlsen Manga am bekanntesten. Auch die Manga Twister und Manga Power von Ehapa waren Versuche, etwas ähnliches wie die japanischen Magazine zu erschaffen. Neben japanischen Lizenzen hatten diese Magazine auch immer wieder deutsche Eigenproduktionen als Teil des Inhalts. Mit der Einstellung der Daisuki im Jahr 2012 gab es aber für die deutsche Mangaszene über ein Jahrzehnt kein Magazin mehr. Deutsche Eigenproduktionen erschienen seitdem nur mehr in Buchform und Möglichkeiten für One-Shots waren auf Self-Publishing und Online-Seiten begrenzt. Dadurch fehlt natürlich die Möglichkeit, eigene Werke einem breiten Publikum vorzustellen. Mit Altraverse-Chef Jo Kaps an der Front wurde daher seit über einem Jahr daran gearbeitet, heimischen Mangakas eine neue Plattform zu bieten. Wobei „heimisch“ diesmal ganz Europa meint.
Kann Europa Manga überhaupt?
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Originaltitel | Manga Issho |
Jahr | 2025 |
Band | 1 / ? |
Genre | diverse |
Mangaka | diverse aus Europa |
Verlag | Altraverse (Deutschland, Österreich, Schweiz), Kana (Belgien, Frankreich), Planeta Cómic (Spanien), Star Comics (Italien) |
Veröffentlichung: 31. März 2025 |
Es wird von Puristen gerne behauptet, nur was aus Japan kommt, sei ein „echter“ Manga. Alles andere sei nur ein Comic im Mangastil und sieht sowieso schlecht aus. Nicht nur um dieses Vorurteil loszuwerden, hat es sich Manga Issho zur Aufgabe gemacht, ein paar der besten Talente zu versammeln. An vorderster Front ist dabei die Schweizerin Gin Zarbo, die für Band 1 auch das Cover gestaltet hat. Gin Zarbo ist vor allem bekannt für Das Geheimnis von Scarecrow, das derzeit bei Altraverse erscheint. Nicht nur hat sie das Cover beigesteuert, auch die erste Geschichte des Magazins stammt von ihr. Dabei handelt es sich um ein Spin-Off ihrer Serie, kann aber auch problemlos alleinstehend gelesen werden. Gin Zarbo ist auch eine ausgezeichnete Wahl für den Einstieg. Man muss schon ungelogen sagen: Ihre Zeichnungen brauchen sich vor ihren japanischen Kollegen nicht verstecken! Das Cover ist schon ein Blickfang und auch die Geschichte befindet sich zeichnerisch auf sehr hohem Niveau. Können die anderen Beiträge da überhaupt mithalten?
Die Mischung macht’s!
Gin Zarbo ist eindeutig von klassischen Vertretern der Shounen-Mangas inspiriert. Deswegen ist es interessant zu sehen, dass andere Beiträge nicht diesen „reinen“ Manga-Look besitzen. Vor allem die Zeichnungen von Denise Coraggioso und Santi Casas zeigen auch jeweils den Einfluss der italienischen und spanischen Comics im Look ihrer Geschichten. Scho Djinn von Mx.Loboto sticht auch durch ganz eigenen Stil hervor, den man vielleicht nicht auf den ersten Blick mit japanischen Manga-Serien verbinden würde. Aber zeichnerisch ist trotzdem alles auf sehr hohem Niveau. Die Storys der einzelnen Beiträge leiden leider hin und wieder durch die geringere Seitenzahl oder sind sowieso erst das erste Kapitel einer Geschichte. Nachdem aber schon angeteasert wurde, dass vereinzelte Mangas auch als Serien umgesetzt werden könnten, macht man genau damit vielleicht auch etwas richtig, wenn die Leserschaft mehr will. Die Abstimmung über die drei beliebtesten Geschichten mittels dem beigefügten QR-Code hilft den Verlagen bei dieser Entscheidung. Für 4,90 Euro bekommt man in dieser ersten Ausgabe 14 Geschichten und wenn man Manga-Fan ist, kann man hiermit nicht viel falsch machen.
Erster Eindruck
Jo Kaps machte mir gefühlt ein halbes Jahr den Mund wässrig, bis ich Manga Issho endlich in den Händen halten konnte. Als Fan der BANZAI! war die Rückkehr eines Manga-Magazins schon eine positive Überraschung für mich. Der Fokus auf rein europäische Produktionen? Vielleicht gab es da etwas Skepsis bei mir zu Beginn, aber je mehr ich gesehen habe, desto überzeugter wurde ich. Mit dem Magazin in der Hand kann ich dann auch final sagen: Es ist absolut gelungen! Bis auf Reno Lemaire (Dreamland) kannte ich auch noch keinen der Beteiligten Mangaka. Die meisten der Geschichten gefallen mir gut, allerdings gibt es drei, die es mir besonders angetan haben. Next Stop: „Afterlife“ von Sarutaka und Das Mädchen, das die Welt entstehen ließ von Matteo Bussola und Fausto Chiodoni sind zwei hervorragende One-Shots. Letzterer hat ein richtig gut genutztes Stilmittel, welches gerade wegen der geringen Länge wunderbar funktioniert. Das Storytelling ist bei beiden vom Feinsten. Mein drittes Highlight ist Black Sand von Drawill. Erzählerisch mit Schwächen, zeichnerisch top und vor allem will ich mehr davon. Die Geschichte wirkt hier eindeutig wie ein Teaser für ein längeres Projekt. Und ich glaube damit beweist Manga Issho, dass alles richtig gemacht wurde. Ich habe Lust auf mehr Mangas aus Europa und konnte viele interessante Künstler kennenlernen. Ein absolut großartiges Projekt, das mir auf jeden Fall Lust auf mehr gemacht hat.