Ultimate Spider-Man (2024)

Im Jahr 2000 startete Marvel sein Ultimate Marvel-Imprint, um einen frischen und erneuerten Blick auf alte Helden für eine neue Generation zu bieten. 2015 wurde dieses Universum aber mehr oder weniger beendet und es gab wieder nur eine Linie von Comics, die alle im selben Universum spielen. Bis 2023 federführend unter Jonathan Hickman (X-Men, East of West) ein neuer Versuch unter dem Namen “Ultimate Marvel” startete. Ultimate Spider-Man ist der erste Titel daraus und bietet einen ganz anderen Peter Parker. Ohne Kräfte, aber mit MJ verheiratet und als zweifacher Vater. Er sollte eigentlich glücklich sein, doch irgendetwas fehlt ihm in seinem Leben. Band 1 mit dem passenden Namen “Familienvater” ist seit 1. Oktober 2024 von Panini auf Deutsch erhältlich. Kann die Geschichte überzeugen oder ist das Thema Spider-Man schon vollends ausgelutscht?

Die meisten kennen die Geschichte von Peter Parker, der als Schüler von einer Spinne gebissen wurde und dann mit Spinnenkräften ausgestattet den New Yorker Bösewichten das Fürchten lehrt. Was aber wenn eine böse Version von Reed Richards, genannt Maker, genau das verhindert? Oder dieser sogar verhindert, dass generell Superhelden entstehen? Dann wird aus Peter Parker trotzdem ein Fotojournalist beim Daily Bugle. Seine Beziehung mit Mary Jane “MJ” Watson läuft aber so gut, dass die beiden heiraten und zwei Kinder bekommen, May und Richard. Während die Welt also im Hintergrund vom Maker und anderen Bösewichten gelenkt wird, läuft für Peter alles wie am Schnürchen. Oder nicht? Er fühlt mit seinen 35 Jahren immer noch, dass etwas fehlt. Als J. Jonah Jameson und Peters Onkel Ben wegen neuer Ausrichtung des Daily Bugle diesen schließlich verlassen, rumort es in Peters Inneren umso heftiger. Die Chance, sein Leben endlich zu ändern, soll aber kurz danach folgen.

Kann man einer alten Spinne neue Tricks beibringen?

Orignaltitel	Ultimate Spider-Man Volume 1: Married with Children
Jahr	2024
Genre	Action
Band	1 / ?
Autor	Jonathan Hickman
Zeichnungen	Marco Checchetto, David Messina
Verlag	Panini
Veröffentlichung: 1. Oktober 2024

Das Auftauchen des als Terroristen bekannten Tony Starks als Hologramm samt seltsamem Container wirft Peter kurz aus der Bahn. Als dieser ihm aber erzählt, was in der Welt falsch gelaufen ist, und ihm erklärt, wie es eigentlich überall Helden mit Superkräften geben sollte, ergibt alles Sinn für ihn. Die Leere in ihm. Etwas, das ihm fehlt. Nach kurzer Bedenkzeit und Beratung mit MJ ist aber klar für ihn: Er muss sich verändern! Mit neuem Nanotechnologie-Anzug und dem bekannten Spinnenbiss wird er schließlich zum Held. Zumindest fast. Denn wie Peter schnell lernen muss, ist es mit Mitte 30 nicht mehr so leicht, neue Sachen zu lernen. Dazu gehört auch, ein Superheld zu sein. Die erhöhten physischen Kräfte sind nett, aber das mit der Landung und dem Aufsetzen muss noch geübt werden. Außerdem ist er noch zu leichtgläubig und kassiert deswegen auch von Verbrechern die eine oder andere Schelle. Doch das wird und solange es niemand mitkriegt, hat man Zeit zum Lernen. Blöd nur, wenn einen die Tochter im Kostüm erwischt. Da gibt es keine Ausreden mehr.

Neuer Anstrich oder billiger Versuch, Geld mit dem Namen zu machen?

Diese Variante von Spider-Man bietet einige Änderungen zur bekannten Geschichte. Autor Hickman bedient sich dabei einigen Forderungen, die viele Fans schon lange haben. Allen voran Peter als Familienvater. Dazu lebt Onkel Ben noch und arbeitet ebenfalls beim Daily Bugle. Tante May starb allerdings beim Terroranschlag, der vermeintlich von Tony Stark verübt wurde. Auch viele bekannte Gesichter aus Spider-Mans Nähe gibt es zu sehen: Harry Osborn, der Kingpin oder ein Matt Murdock. Alle mit leicht geändertem Hintergrund oder anderer Motivation. Allerdings hat sich nicht geändert, was die grundlegende DNA von Spider-Man ausmacht. Peter will vor allem Menschen helfen. Dabei hat er immer wieder einen frechen Spruch auf Lager. Gleichzeitig muss er sein schwarzes Kostüm schnell ändern. Seine Tochter May findet es nämlich gruselig. Und daneben freundet er sich mit Harry aka Green Goblin an. Für langjährige Fans also viel Bekanntes, aber Hickman schafft es geschickt, die klassische Origin-Story mit dem normalen Alltag zu verweben und hilft dabei, schnell in die Geschichte einzutauchen.

Geheime Machenschaften müssen aufgedeckt werden

Ein wichtiger Teil der Geschichte ist auch die Verschwörung. Die großen Bösewichte im Hintergrund, die die gesamte Welt lenken. Als Leser ist es interessant, weil man in diesem Kontext mehr als die einzelnen Charaktere weiß. Als Ben und Jonah zu Beginn den Bugle verlassen und dann ihre eigene Zeitung entwickeln, geschieht dies, weil sie wissen, dass etwas nicht ganz richtig läuft. Harry hat durch das Erbe seines Vaters auch davon mitbekommen. Peter selbst hat ganz persönlich von Tony Stark davon erfahren. All diese einzelnen Charaktere sind also mehr oder weniger demselben Geheimnis auf der Spur. Dabei könnten ihre Motivationen auch nicht unterschiedlicher sein. Das Thema Familie spielt eine zentrale Rolle. Für eingefleischte Fans dürfte auch eine Entscheidung von Peter am Ende des ersten Bandes überraschend kommen. Das hat aber vielleicht auch damit zu tun, dass dieser Peter erwachsen ist und anders mit seinen Problemen umgeht. Es bleibt spannend, wie sein weiteres Familien- und Superheldenleben dadurch beeinflusst wird.

Erster Eindruck

Wer die letzten Jahre Spider-Man-Comics verfolgt hat, weiß, dass es Stimmen gab und gibt, die mit den Entwicklungen innerhalb der Comics nicht zufrieden sind. Auch weil sehr oft bei Peter wieder Status Quo hergestellt wird. Als dürfte er sich seit Jahren nicht weiterentwickeln. Hickmans neuer Ansatz unter Ultimate Marvel ist dabei sehr erfrischend. Mit Marco Chechetto hat man sich auch einen genialen Künstler für die ersten Ausgaben an Land gezogen. Er bringt den Mittdreißiger Peter perfekt herüber und auch die Action ist mehr als nur sehenswert. Wo Hickman brilliert, ist diese Verknüpfung aus Familiengeschichte, Superhelden-Story und klassischem Thriller. Gemixt mit bekannten und klassischen Spider-Man-Elementen entsteht so ein Start in eine Geschichte, die alte und neue Fans mitreißen dürfte. Selten hat mich ein neuer US-Comic so gefesselt, es fühlt sich gleichermaßen bekannt und frisch an. Sicherlich kein Geheimtipp für 2024, aber eine Empfehlung für Leute, die gerne in Marvel-Comics eintauchen wollen und jene, die sich wieder trauen wollen. Für mich ein perfekter Start und so darf und soll es gerne weitergehen. Einen Peter, der nur etwas älter ist als ich, sehe ich gerne und ich möchte gerne mehr über ihn und seine Familie erfahren. Volle Punktzahl dafür.

© Panini Comics