Previously on Preacher: vor Staffel 3

Ende Juni 2018 ging die von Seth Rogen mitproduzierte Serie Preacher, die auf dem gleichnamigen Comic von Garth Ennis und Steve Dillon basiert, in ihre dritte Staffel. Das bedeutet weitere Abenteuer des Ex-Gangsters, Ex-Priesters und Nun-Messias Jesse Custer, seiner Ex-Frau und irgendwie Noch-Gangsterin Tulip und des irischen, drogenkonsumierenden Vampirs Cassidy. Es bedeutet außerdem, dass sich Zuschauer auf 13 weitere Folgen – man möge den folgenden Brachialanglizismus verzeihen – ziemlich verrückten Shit einstellen können, wie auf ein tragisches Arschgesicht, einem Seelenhändler-Franchise oder dem der Hölle entfliehenden Adolf Hitler.

    

Am Anfang war die Verbindung eines Engels und eines Dämons und ein daraus hervorgegangenes körperloses, sehr mächtiges Wesen. Dies wurde vom Himmelreich sicherheitshalber lange Zeit weggesperrt, doch völlig unversehens gelingt dem Wesen nun die Flucht. Sein Zuhause sucht es danach in den weltlichen Körpern von religiösen Priestern verschiedener Religionen, Konfessionen und Sekten, doch die überleben den omnipotenten Gast nur für wenige Augenblicke ehe sie – explodieren. Darunter der Schauspieler und Scientologe Tom Cruise.

Lediglich in dem von seiner moralisch versifften Gemeinde im Ort Annville extrem demotivierten und desillusionierten Prediger Jesse Custer findet das Wesen letztlich einen permanenten Host. Dadurch erlangt Jesse die göttliche Fähigkeit einer fast allmächtigen Stimme, mit der er jedem befehlen kann, was er will, ohne dass sich seine Hörer dagegen wehren können. Jedoch macht es ihn auch zum Ziel von Engeln, Dämonen und einer militanten Organisation der katholischen Kirche, welche die Wiederkehr des Messias vorbereitet. Abgesehen von seiner Gottesstimme, kann sich der Ex-Ganove aber auch mit Fäusten und Waffen sehr gut zur Wehr setzen. Weiterhin schließt er Freundschaft mit dem extrem uneleganten Vampir Cassidy und auch seine ähnlich wehrhafte Ex-Frau Tulip sucht, nach einem tragischen Zwischenfall, der zu ihrer Trennung geführt hat, wieder Kontakt zu Jesse. Dieser benutzt seine Kräfte schließlich, um seiner Gemeinde Gott näher zu bringen, wortwörtlich, da er ihn schlicht herbeibefiehlt. Der Heilige Vater ist jedoch verschwunden, der Himmel weiß auch nicht wohin, außer dass er sich irgendwo auf der Erde aufhalten muss…
Mit Cassidy und Tulip im Schlepptau und diversen Verfolgern auf seinen Fersen, macht sich Jesse zum Einen auf den Weg Gott zu finden und zum Anderen auf die Suche nach einer Möglichkeit sein Gemeindemitglied Eugene aus der Hölle zu befreien, nachdem er das volle Ausmaß der Macht seiner Stimme mit einem affektiven „Fahr zur Hölle, Eugene!“ feststellen musste. Eugene macht dort derweil Bekanntschaft mit dem betrieblichen Alltag der Unterwelt sowie seinem Zellennachbarn: Adolf Hitler.

Starker Tobak

Preacher ist eher etwas für zart besaitete Zuschauer, die im überladenen Serienalltag eine entspannende Oase der Ruhe suchen… okay, Bullshit. Preacher ist optische und emotionale Reizüberflutung, welche die Gesellschaft und Religion von ihrer schlechtmöglichsten und kränksten Seite darstellt und verfolgt diese Darstellung mit einem pechschwarzen und kompromisslosen Humor. Blutige Gewaltorgien gehören genauso zum großkalibrigen Arsenal der Serie wie sonderbare sexuelle Fetische, gesellschaftskritische Satire oder unangenehm verstörende Bilder und Situation. Diese werden dabei immer wieder ins Absurde überhöht, sodass dem Zuschauer genauso schnell ein hysterisches Lachen entweichen kann, wie es ihm auch wieder im Hals stecken bleibt. Das mag zunächst chaotisch erscheinen, ist es auch, funktioniert aber trotzdem, dank der Figuren, die durch diese metaphysische Geisterbahnfahrt im US-amerikanischen Süden führen.

Der Herr der Stimme und seine Gefährten

Die Besetzung liest sich durchaus namenhaft, alleine schon unter den Nebendarstellern finden sich mit W. Earl Brown (Deadwood), Jackie Earle Haley (Watchmen) oder Lucy Griffiths (True Blood) diverse charismatische und erfahrene Darsteller. Das Hauptdarstellertrio besteht aus dem immer wieder in Blockbuster-Filmen anzutreffenden Dominic Cooper (Warcraft: The Beginning), darf mit Ruth Negga und ihrer zwischenzeitlichen Leistung im Film Loving auch eine Oscarnominierte dazuzählen und wird mit dem britischen Darsteller Joseph Gilgun (Lockout) vervollständigt.
Bei aller schockierenden Verrücktheit schauspielern diese drei durchaus komplexe Figuren auf den Bildschirm. Jesse Custer hat eine mit Schuld und Tragik dicht gespickte Vergangenheit, für die er versucht zu büßen, indem er in die priesterlichen Fußstapfen seines Vaters tritt. Durch seine neue Allmacht fühlt er sich aber zu Höheren berufen und neigt dadurch vermehrt zu besorgniserregenden Größenwahn. Damit gerät er immer häufiger im Konflikt zu Tulip, die Jesse schlicht dazu bewegen will, zu ihrem einstigen gemeinsamen Gangsterleben zurückzukehren. Für Tulip wiederum entwickelt Cassidy romantische Gefühle, während er Jesse eigentlich kurzerhand zu seinem besten Kumpel erklärt hat. Darüber hinaus kämpft er auch mit den moralischen Dilemmas und Pflichten seiner vampirischen Unsterblichkeit, wenn er seinen gealterten und im Sterben befindlichen Sohn wiedertrifft. Sehr viel Konfliktpotential, dass der Serie bei allem Wahnsinn auch ein ernsthaftes Gegengewicht gibt und mit Erzählsträngen rund um Eugene, dem in der Hölle gefangenen Heiligen der Killer, den das Wesen jagenden Engeln oder Herrn Starr, dem Anführer des militanten Kirchenzweigs, abwechslungsreiche und zunächst irritierend wirkende Nebenerzählstränge bietet, die letztlich sinnvoll zusammenfinden.

Preacher ist wahrscheinlich extreme Geschmackssache und etwas für Freundinnen und Freunde des enthemmt verrückten Humors. Wenn man seine Freude an Filmen wie Dogma, Crank und From Dusk Till Dawn hat oder Nicolas Cage-Filme wie Ghost Rider: Spirit of Vengeance und Drive Angry schätzen kann, ist Preacher genau das Richtige. Und wenn nicht, wird man seinen Irrtum sehr schnell feststellen können und sich wohl entspannenderen und geordneteren Titeln wie Westworld zuwenden. Preacher ist eine meiner favorisierten Serien, die aktuell laufen, eben weil ich immer wieder entsetzt mit einem „What the Fu– !?“ die Hände vor’s Gesicht schlagen oder kopfschüttelnd vor mich irre dahinkichern kann. Dabei schaffen es die Figuren trotzdem noch sehr viele Sympathien zu wecken, sodass man sie genug von den Verrücktheiten trennen kann, um bei ihren Erlebnissen mitzuleiden. Die ersten beiden Staffeln sind hierzulande über Amazon Prime konsumierbar, wo seit Ende Juni auch die dritte Staffel im wöchentlichen Rhythmus zu sehen ist.

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Lyxa

Lyxa studiert aktuell das Fach Und-was-macht-man-damit in Mainz, liest viel, schreibt gerne und schaut sich viel und gerne allerlei Serien und Filme an, am liebsten Science-Fiction. Lyxa ist dabei besonders der Dunklen Seite der Macht verfallen, weil es dort die cooleren Outfits gibt.

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