Star Trek: Picard (Folge 3×01)

Zum dritten Mal schon und – so hört man allerorten – zum letzten Mal bricht der greise Jean-Luc Picard (Patrick Stewart, X-Men) aus dem wohlverdienten Ruhestand aus, um Weltraumabenteuer zu bestehen wie einst zu Zeiten von Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert. Da die Prämisse schon zweimal durchgespielt wurde, geht es diesmal nicht mehr um eine Abrechnung mit den Schattenseiten der Sternenflotte oder um seelische Abgründe. Der alte Herr wünscht sich einfach ein neues Abenteuer. Und da Star Trek-Fans treue Seelen sind, die sich über vertraute Gesichter freuen, purzelt ihm prompt ein klassisches Szenario vor die Füße: Ein altes Crew-Mitglied ist in Not und nur Picard kann helfen. 

Inhaltsangabe

Ein rötliches Raumschiff dockt an ein bläuliches an und eine weißhaarige Frau (Gates McFadden, Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert) muss sich gegen maskierte Gestalten, die ihr Raumschiff entern, zur Wehr setzen. Es gelingt ihr, die Angreifer niederzuschießen, doch sie wird bei der Schießerei verletzt und weitere Raumschiffe machen Jagd auf sie. In letzter Minute kann sie entkommen und einen verschlüsselten Notruf an Admiral Picard absenden.

Auf Chateau Picard haben Jean-Luc Picard und seine romulanische Beschützerin/Haushälterin Laris offenbar zueinander gefunden. Eigentlich haben sie eine gemeinsame Reise vor, als Picards altes Kommunikations-Abzeichen Geräusche von sich gibt. Mit Unterstützung von William Riker (Jonathan Frakes, X-Faktor: Das Unfassbare), seinem einstigen ersten Offizier auf der Enterprise kann Picard entschlüsseln, worum es geht: Absenderin ist Beverly Crusher, einst Schiffsärztin auf der Enterprise und sie ist vor ihren Verfolgern ins Ryton-System geflohen. Dort braucht sie dringend Hilfe, doch die Sternenflotte darf davon nichts erfahren. Die beiden alten Haudegen möchten ja gern helfen, aber woher ein Schiff nehmen? Nun, man könnte ja behaupten, man hätte den Auftrag, die USS Titan, Rikers altes Schiff, zu überprüfen? Und dabei einen Abstecher zu Beverly Crusher unternehmen? Da Picards alte Bekannte Seven of Nine (Jeri Ryan, Star Trek: Raumschiff Voyager) mittlerweile als erster Offizier auf der Titan dient, sollte das auch klappen. Auch, wenn der Kapitän der Titan so gar nicht kooperativ ist. Doch als Picard und Riker bei Beverly Crusher ankommen, stellen sie zweierlei fest: Offenbar haben sie mit ihrer Rettungsmission die Verfolger geradewegs zu ihrer Beute geführt. Und Beverly ist nicht allein. Da ist noch ein junger Mann, der behauptet, ihr Sohn zu sein.

Andernorts streift Raffi Musiker einsam, zugedröhnt und verzweifelt durch einen futuristischen Slum, auf der Suche nach Drogen und Informationen. Aus dem Daystrom-Institut ist gefährliche Technologie gestohlen worden. Das hat etwas mit einer Red Lady zu tun. Aber Raffi ist gar nicht wieder in die Sucht abgestürzt. Das ganze ist ein Undercover-Einsatz, doch ihre Hinweise kommen zu spät, ein großes Gebäude explodiert, bevor ihre Warnungen Gehör finden.

Zurück zur nächsten Generation

“Die nächste Generation” lautet kokett-selbstreferenziell der Episodentitel für die Auftakt-Folge der dritten Staffel von Star Trek: Picard. Denn was einst als Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert über deutsche Bildschirme flimmerte, heißt im englischen Original bekanntermaßen Star Trek: The Next Generation, kurz TNG. Also ein Bezug zu den Ursprüngen, das, was sich Fans von einer Serie um Ex-Admiral Jean-Luc Picard wohl schon immer erhofft haben und in den ersten beiden Staffeln bisweilen schmerzlich vermissten. Denn um ein Aufleben der guten alten TNG-Zeiten sollte es ja eigentlich gerade nicht gehen. Am Anfang von Staffel 1 war Picard ein einsamer, frustrierter alter Mann, der sich erst wieder eine neue Crew aufbauen musste. In Staffel 2 löste sich der sympathisch-buntgemischte Haufen leider wieder auf, jede Figur bekam ein Plätzchen und ein Happy End zugewiesen. Staffel 3 lockt nun mit altvertrauten Gesichtern. Beverly Crusher etwa, die seit ihrer Zeit als Schiffsärztin auf der Enterprise einiges an Kampfskills und eine prächtige weiße Lockenfrisur erworben hat. Und einen rätselhaften Sohn, denn TNG-Fans und Zuschauer der zweiten Staffel wissen: Ihr kanonisch verbriefter Sohn Wesley kann das nicht sein. Noch weiter vorn, William Riker, einst Picards erster Offizier, nun aus dem Ruhestand zurückgekehrt. Jetzt hat Picard seine Nummer Eins wieder und braucht nicht mehr seinen Hund so zu nennen. Picard und Riker bilden ein Team, das die Prämisse “Alter Mann tut sich schwer mit den neuen Zeiten” nun als Duo durchspielen und sich dabei mühelos die Bälle zuspielen kann. Das macht Spaß, wenn auch ihr erster Gegner nur ein arroganter Sternenflotten-Kapitän ist. Dafür ist leider Nummer Eins, der Hund raus aus der Geschichte. Schade eigentlich, der war knuffig.

Jede Menge Raumschiffe

Nicht nur Fans der TNG-Besatzung kommen auf ihre Kosten, auch die Sorte Fans, die sich für Weltraum und Technik begeistern und von Raumschiffen gar nicht genug bekommen können. Denen war noch nie damit gedient, dass etwa Chateau Picard ein so charmanter Schauplatz ist. Die wollen Weltraumschlachten, Spiralnebel und jede Menge Raumschiffmodelle. Das kriegen sie auch, gleich mit dem Auftakt, wenn sich feindliche Schiffe an Crushers Schiff Eleos heranmachen. Später dann dieses elegante Schurken-Gefährt, das so sehr nach Krallen, Klauen und Beißzangen aussieht, aber trotzdem durchs All fliegt. Und natürlich die Raumschiffe der Föderation in verschiedensten Ausführungen, denn nur der ahnungsloseste Laie könnte auf die Idee kommen, es habe über Staffeln und Jahrzehnte hinweg stets nur ein einziges Raumschiff Enterprise gegeben. Die bewegen sich mal durch’s All, mal hängen sie in Öl gemalt an der Wand oder stehen als Plastikmodelle auf Regalen, ironisch kommentiert. “Was, die klobigen Modelle will keiner?” empören sich Picard und Riker, die das persönlich trifft. Eins davon plumpst bedeutungsschwanger in ein Wasserglas. Eine schöne Spielwiese für das Ausstattungsteam und die Ostereier-Jäger.

Ja, aber was ist mit...?

Vielversprechend war sie schon, die Crew der La Sirena, die einem in den ersten beiden Staffeln ans Herz wachsen konnte. Zurückkommen wird sie in der alten Besetzung wohl nicht. Aber immerhin, es gibt einen zweiten Handlungsstrang, der zumindest Raffi eine zentrale Rolle bietet. Die hatte eigentlich am Schluss von Staffel 2 die Liebe gefunden und sich mit der Sternenflotte versöhnt. Das gönnt man ihr gern, aber eine glückliche Raffi ist längst nicht so spannend, wie eine suchtgefährdete, getriebene Raffi, die Verschwörungen aufdecken will und ihren Forschungsdrang bis zur Paranoia treibt. All das triggert ihr Einstieg in die Folge wieder an, um dann doch zurückzurudern. Nein, ganz so tief ist sie nicht abgerutscht. Ihr Ausflug ins Schmuddelviertel einer futuristischen Stadt, das, man kennt das seit Blade Runner, aussieht wie das nächtliche Osaka zur Monsunzeit, ist ein Undercover-Einsatz. Ob ihre Liebste sie wirklich verlassen hat? Man weiß es nicht. Drogenvernebelt und vom Alkohol gezeichnet wirkt sie jedenfalls nicht. Aber die Geheimnisse sind verwirrend, eine Verschwörung dräut, ihre Vorgesetzten sind unkooperativ und sie ist zunehmend frustriert. Also ein Szenario, das für die Figur schon einmal gut funktioniert hat. Gerne nochmal!

Fazit

Star Trek: Picard Staffel 3 lockt mit altbekannten Figuren und augenzwinkernden Verweisen auf den Schatz an Material, das sich über Jahrzehnte aufgehäuft hat. Wohin die Reise geht und wie die Suche nach Beverly Crusher mit Raffis Ermittlungen rund um gestohlene Technologien und terroristische Anschläge zusammenhängen, lässt sich noch nicht sagen. Das Team Picard-Riker macht jedenfalls Lust auf noch mehr Interaktion der beiden alten Herren angesichts respektloser Nachwuchs-Offiziere und weiterentwickelter Technik. TNG-Fans können spekulieren, wer wohl sonst noch auftauchen wird, oder wessen Nachkommen nun eine Chance bekommen, sich ihres Erbes würdig zu erweisen. Die Key Visuals, die allenthalben zu sehen sind, deuten jedenfalls noch so einige Begegnungen mit alten Crew-Mitgliedern an.

© Paramount

wasabi

wasabi wohnt in einer Tube im Kühlschrank und kommt selten heraus.

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