Darkest Dungeon 2

Der Dungeon Crawler Darkest Dungeon aus dem Hause Red Hook Studios ist berüchtigt für seinen unbarmherzigen Schwierigkeitsgrad, für seine vermaledeite Stressmechanik und für seinen stimmgewaltigen Erzähler Wayne June – alles eingebettet in einem uniquen Dark Fantasy-Design, das von Lovecraft selbst stammen könnte. Der Nachfolger Darkest Dungeon 2, der am 26. Oktober 2021 auf Epic Game Store im Early Access gestartet ist, übernimmt viele dieser vertrauten Grundlagen, ist aber ansonsten ein völlig neues Erlebnis, das auf neuen Mechaniken aufbaut und unsere Helden und Heldinnen das erste Mal voll animiert in 3D präsentiert. Noch nie war der Tod durch Stress schöner anzusehen.

Die Welt stirbt. Ranken aus Dunkelheit kriechen über das Land hinweg und verschlingen alles. Mit vier Antihelden unserer Wahl machen wir uns in einer klapperigen Kutsche auf den Weg zum Gipfel eines ominösen Berges, denn nur dort kann der Apokalypse Einhalt geboten werden. Der Aufstieg ist beschwerlich und konfrontiert unseren Trupp mit allerlei Scheusalen, doch Aufgeben ist keine Option. Denn unser Trupp ist der Träger der Fackel – dieses letzten Bisschens Licht, das die einzige Chance auf Erlösung birgt.

Darkest Dungeon wird zum Roadtrip der Hoffnung

Originaltitel Darkest Dungeon 2
Jahr 2021
Plattform Microsoft Windows 
Genre RPG, Rogue-like
Entwickler Red Hook Studios
Publisher Red Hook Studios
Spieler 1
USK unbekannt
Veröffentlichung: 26. Oktober 2021 per Early Access Exclusive auf Epic Game Store

Darkest Dungeon-Veteranen werden sich erinnern: Der erste Teil der Serie ist eine extrem nihilistische Abhandlung darüber, wie eine verdammte Truppe in die Tiefen eines heimgesuchten Anwesens geschickt wird, um dort traumatisiert und/oder ermordet zu werden. Jedes Level führt tiefer in die Dunkelheit. Darkest Dungeon 2 ist anders. Auch wenn hier die nahende Apokalypse quasi aus jedem Knopfloch tropft, so soll die Geschichte diesmal tatsächlich von Hoffnung handeln – ausgedrückt durch die Flamme, die wir durch die Gegend kutschieren. DD2 versucht also der Dunkelheit zu entkommen. Anders als im Vorgänger gibt es nun kein Städtchen namens Hamlet und damit auch kein HUB mehr – also keinen Knotenpunkt, an dem wir uns ausruhen und für den nächsten Dungeon koordinieren können. Stattdessen sitzen wir von Anfang an in unserer klapprigen Holzkutsche, rekrutieren an der ersten Wegkreuzung unsere vier Wunschkameraden und brettern mit ihnen über die Map. DD2 stellt im Early Access insgesamt neun Charakterklassen bereit; acht davon sind wohlvertraut aus dem ersten Teil. Gänzlich neu ist indes die burschikose »Ausreißerin« mit ihrem Brandeisen. Ebenfalls neu: Es gibt keine Level mehr, sondern nur noch einen »Run«, also den Versuch, von ganz unten aus dem Tal nach ganz oben auf den Gipfel zu kommen bzw. den Ring einmal quer durch Mittelerde nach Mordor zu tragen.

Der Weg: reine Glückssache

Der Weg zum Gipfel ist zufallsgeneriert, führt durch Sümpfe, brennende Höllen oder fleischgewordene Ländereien und bietet unzählige Wegkreuzungen, an denen wir uns entscheiden müssen. Das Prinzip ist ein ähnliches wie bei Hades von Supergiant Games. Es ist nicht vorgesehen, in den ersten Spielstunden direkt bis zum Gipfel durchmarschieren zu können. Dafür ist man schlicht zu schlecht ausgerüstet. Es braucht diverse Anläufe, um neue Ticks, Trinkets und Charaktere freizuspielen, die ein Bestehen im Finale erst möglich machen. Dass einem unterwegs nicht langweilig wird, wird durch das Rogue-Like’sche Leveldesign erreicht. Areale, Gegner und diverse Happenings am Wegesrand treten willkürlich auf. Beim »Horter« können wir Trinkets kaufen, während wir am »Schrein der Besinnung« in jeweils fünf Kapiteln die Lore der Figuren ergründen und neue Fertigkeiten freischalten. Hat man die Karte gescouted, ist es relativ leicht, die Kämpfe zu umfahren. Allerdings sind diese essentiell für die »Meisterpunkte«, mit deren Hilfe man die Skills hochlevelt. Wer also pazifistisch durchs Ackerland brettert, wird am Ende kaum etwas gegen den Finalgegner in der Hand haben.

Die neue Crux mit den Beziehungen

»Stress« ist und bleibt der Erbfeind in Darkest Dungeon 2. Für das Spiel wurde die Stressmechanik leicht bis mittelmäßig verändert, was sie aber nicht minder gefährlich macht. In DD2 ist es so, dass bereits ab einem milden Stress-Level von 4 die negativen »Barks« (Zwischenrufe der Figuren) einsetzen und das soziale Klima verschlechtern. Je mehr Stress, desto mehr negative Barks, desto schlechter die Beziehungen. Creative Director Boursassa ließ in Interviews anklingen, dass DD2 im Vergleich zum nihilistischen Vorgänger ein Hoffnungsschimmer sein soll. Und der augenscheinlichste Sonnenstrahl ist in dieser Hinsicht (neben der Fackel) die Wichtigkeit von Beziehungen. Schlechte Beziehungen können einen Run komplett versauen. Gute Beziehungen dagegen können eine ramponierte Truppe sogar bis zum Ende tragen. Denn wenn sich alle leiden können, dann häufen sich die positiven Barks in einem Maße, dass sich die Figuren in ihrem Optimismus gegenseitig hochschaukeln. Dann kann es sein, dass die Barbarin für ihren Best Buddy, den Wegelagerer, in die Bresche springt oder die Pestdoktorin in Sachen Heilung eine Extrarunde schmeißt. All das ist abhängig davon, welche Art von Beziehung man unterhält. Hier kommt wieder RNG ins Spiel: Das Glück entscheidet, ob sich die Beziehungen amourös, respektvoll, unterstützend oder sonstwie gestalten. Genauso entscheidet das Glück darüber, welche Art von Negativ-Beziehung man sich einfängt (wie Argwohn, Neid, Hass etc.)

Neues Battle-Feeling in 3D

In Sachen Combat bleibt Darkest Dungeon 2 als rundenbasiertes RPG seinen Wurzeln treu. Das Schlachtfeld als solches wirkt vertraut: Die Helden und Gegner stehen sich wie gewohnt in einer Reihe gegenüber, während im unteren Bildfeld die möglichen Attacken aufgelistet sind. Was dem Ganzen optisch aber schon mal einen komplett neuen Anstrich verleiht, ist die neue 3D-Ausgabe unserer Held*innen. Die Charaktere sind nicht mehr länger cartoonesk mit übergroßen Köpfen gezeichnet, sondern realistisch proportioniert und wundervoll animiert. Spielmechanisch hat Red Hook Studios so manche Veränderung unternommen. So verfügen die Figuren über keine angeborenen Stats bzw. Kampftattribute mehr, wie etwa »Präzision« oder »Ausweichfähigkeit«. Stattdessen werden diese Elemente in »Tokens« umgewandelt, die nun – ausgelöst durch Ticks oder Skills – unter den Helden oder Monstern erscheinen können. Ein Stärke-Token garantiert 50% mehr Schaden beim nächsten Angriff, ein Blind-Token eine 50%ige Chance, den nächsten Angriff zu verhunzen etc. Tokens sind sichtbare Verbrauchsgegenstände und machen den Kampf somit berechenbarer. Die Herausforderung besteht nun darin, den besten Angriff auszuwählen unter Berücksichtigung der gegnerischen Eigenschaften (Tokens) und anderer aktiven Bedingungen.

Early Access – wie geht’s jetzt weiter?

In seiner finalen Version wird Darkest Dungeon 2 über insgesamt fünf Akte verfügen, so Bourassa. Jeder Akt wird durch verschiedene Areale führen und auf dem Berggipfel einen neuen Bossgegner bereithalten. Mit dem Early Access steht uns der erste Akt zur Verfügung, den Red Hook Studios vor allem dafür nutzen wird, um das Feedback der Gamer umzusetzen – so wie seinerzeit beim Early Access von DD1. Tatsächlich ist es so, dass sich das fertige DD1-Produkt in erheblichem Maße von seiner Early Access-Version unterscheidet: Es bietet mehr Heldenklassen, mehr Areale, mehr Bossgegner, ein überarbeitetes Stresssystem inkl. Herzinfarkte, Stadt-Events und die Einführung der Leichenmechanik. Auch DD2 wird wachsen. Fleißig wie sie sind, haben die Entwickler*innen bereits das erste Feedback der Gamer umgesetzt und die hohe Frequenz der Barks herunter geregelt, da ansonsten der Kampf-Flow zu häufig unterbrochen wird. Darkest Dungeon befand sich seinerzeit 11 ½ Monate im Early Access. Das sei ein Zeitraum, der laut Design Director Tyler Sigman auch bei Darkest Dungeon 2 als realistisches Arbeitsziel angesehen werden kann. Ist das Endprodukt einmal da, wird es auch auf anderen Plattformen wie etwa Steam erhältlich sein.

Erster Eindruck

Darkest Dungeon 2 fühlt sich vertraut an – aber auch komplett anders. Und ich bin froh, dass es anders ist, da es ansonsten vielleicht keinen Grund mehr gegeben hätte, jemals wieder zum Vorgänger zurückzukehren. DD2 bietet ein neues, spaßiges Kampfsystem und einen bestrickenden 3D-Grafikstil, der trotz Realismus das markenspezifische »Cartooneske« aus dem Vorgänger beibehält. Weiterhin baut das Spiel verstärkt auf seine Charaktere auf, indem wir ihre Geschichte kapitelweise auf unseren Runs aufdecken. Darkest Dungeon-Fans der ersten Stunde werden vermutlich komplett steil gehen, wenn sie Figuren wie ihren geliebten Narren oder Leprakranken das erste Mal ohne Maske erblicken. Was sag ich; wir werden schon steil gehen, sobald wir sie alle in Vollanimationen sehen. Freilich gibt es hier und da noch Probleme, etwa in Sachen Balancing oder was die Sinnhaftigkeit mancher Barks betrifft, aber im Early Access ist das nur natürlich. Ich freue mich jedenfalls wie sonstwas auf die noch kommenden Akte, Charaktere und den ganzen anderen heißen Jazz, der mich kribbelig macht.

© Red Hook Studios

Totman Gehend

Totman ist Musiker, zockt in der Freizeit bevorzugt Indie-Games, Taktik-Shooter oder ganz was anderes und sammelt schöne Bücher. Größtes Laster: Red Bull. Lieblingsplatz im Netz: der 24/7 Music-Stream von Cryo Chamber auf YouTube.

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