The Girl Who Leapt Through Time

Im Westen denkt man bei Das Mädchen das durch die Zeit Sprang vor allem an den gleichnamigen Anime-Film. Doch lange vor Mamoru Hosodas Interpretation gab es dessen lose Vorlage, die gleichnamige Science-Fiction Erzählung aus dem Jahre 1967, das 2011 zusammen mit der Erzählung The Stuff that Nightmares Are Made of als The Girl Who Leapt Through Time erstmals auf Englisch erschien. Aus der Feder von Yasutaka Tsutsui, der auch schon die Vorlage des Satoshi Kon Anime-Films Paprika schuf, enthält The Girl Who Leapt Through Time die erste Inkarnation des Franchises, das neben des Hosada-Films etliche japanische Live Action TV Serien und Filme hervorbrachte.

  

The Girl Who Leapt Through Time erzählt von der Mittelschülerin Kazuko Yoshimiya. Gut befreundet mit Kazuo Fukamachi und Goro Asakura, putzt sie mit den beiden nach der Schule das Schullabor. Doch als Kazuko für einen Augenblick alleine im Labor bleibt, ein Geräusch hört und einen Geruch einatmet, verliert sie kurz das Bewusstsein. Auffälliges passiert erst, nachdem sie fast überfahren wird – und plötzlich in ihrem Zimmer aufwacht. Doch nach einer Weile muss sie feststellen, dass das alles wohl kein Traum war, denn der gleiche Tag wiederholt sich nun… In The Stuff that Nightmares Are Made of dreht sich die Handlung um Ängste und ihre Ursprünge. Masako hat eine Angst vor Höhen und Prajna-Masken, deren Ursprung sie sich hingegen nicht erklären kann. Zeitgleich hat ihr kleiner Bruder Probleme, nachts alleine auf die Toilette zu gehen, denn dort lauere eine Frau mit Scheren auf ihn…

The Girl Who Leapt Through Time

Originaltitel Toki wo Kakeru Shoujo
Ursprungsland Japan
Jahr 1967
Typ Roman
Bände 1
Genre Science-Fiction
Autor Yasutaka Tsutsui
Verlag J: Kadokawa Shoten, UK: Alma Books

Hauptfigur der Erzählung ist Kazuko Yoshimiya. Direkt ins Wasser geworfen, ist sie von ihrer neuen Fähigkeit nicht besonders begeistert. Anstatt sie auszunutzen und die Möglichkeiten auszuloten, hat sie vor allem Angst davor, der einzige Sonderling mit dieser Fähigkeit zu sein. Als sie Kazuo und Goro davon erzählt, hält Goro sie auch sofort für verrückt und will eine Nervenheilanstalt anrufen. Mit tiefgehender Charakterisierung hält sich The Girl Who Leapt Through Time sicher nicht auf. Die Erzählung ist sehr kurz gehalten und konzentriert sich vor allem auf die Mechaniken des Science-Fiction-Aspekts. So wird ziemlich detailliert ein Blick in die Gesellschaft der Zukunft des 27. Jahrhunderts geworfen, aus der die Zeitreisetechnologie stammt. Auch die Technologie wird nicht nur als reines Zeitreisen erklärt, sondern als Kreuzung zwischen Zeitreisen mit Teleportation, deren Effekte Kazuko durch einige Umstände vorher auslotet, indem sie sich bei einem Sprung einmal mitten in der Nacht aus ihrem Zimmer und Haus aussperrt. Die Geschichte webt auch einen romantischen Aspekt mit ein, doch lässt sich die Geschichte kaum als Liebensgeschichte betiteln, da die Erzählung statt tatsächlicher romantischer Szenen eher nur einen romantischen Ausblick enthält. Der lädt aber den Leser zu einer Fortsetzung in der eigenen Vorstellung ein. Oder er kann einen Blick in die Verfilmungen werfen. Kazuko hat im Anime-Film Das Mädchen das durch die Zeit sprang als Tante der Protagonistin Makoto diverse Auftritte. 2010 erschien mit Time Traveller: The Girl Who Leapt Through Time eine Fortsetzung der 1983er Verfilmung der Originalgeschichte, das weitläufig als The Little Girl Who Conquered Time bekannt ist.

The Stuff that Nightmares Are Made of

Die zweiten Geschichte des Bandes hat keinen inhaltlichen Zusammenhang mit der ersten. Die einzige Gemeinsamkeit besteht darin, dass sie Schülerinnen als Protagonisten beinhalten. Auch genretechnisch unterscheiden sie sich stark. Während The Girl Who Leapt Through Time sich als Soft-Science-Fiction-Geschichte präsentiert, geht es in der zweiten Geschichte psychologisch zu. Masako und Yoshio müssen sich beide ihren Ängsten stellen und die Geschichte verfolgt die Suche nach den Ursachen und den Auswirkungen, die die Angst mit sich bringt. Während Masakos Ängste ihren Alltag nicht zu sehr beeinträchtigen, hat es für den kleinen Yoshio deutliche Beeinträchtigungen: In seinem Alter ist er immer noch Bettnässer. Die Jungs in seiner Umgebung meidet er und spielt lieber mit den Mädchen, wofür er noch mehr gehänselt wird. Er hat den Charakter eines Hasenfußes, und das ziemt sich keinesfalls für einen Jungen und verärgert seine Eltern. Selbst Masako kann sich abwertende Gedanken nicht verkneifen. Die Quellen von Yoshios Angst finden sich aber nach und nach und entpuppen sich recht banalen Ursprungs: Die Mutter, die droht, sein bestes Stück abzuschneiden oder ein betrunkener Vater, der spät nachts nach Hause kommt. Beide Ursachen finden sich bei den Eltern, die sich nicht in Klaren darüber waren, welch große Wirkung ihr Verhalten auf ein kleines Kind hat. Bei Masako ist die Ursache nicht so schnell gefunden, bis sie ihr quasi in die Arme läuft. War Yoshios Angst noch in Kleinigkeiten begründet, ist es bei Masako deutlich krasser. Die alte Freundin Etsuko hatte sie, als sie von ihr mit einer Pranja-Maske erschreckt wurde, versehentlich von der Brücke gestoßen und sich unbewusst als Mörderin gewähnt, sodass sie die Erinnerung daran verbannt hat.

Wer diese Geschichten ließt, weil er den Animefilm gesehen hat, wird vermutlich enttäuscht sein. Die Geschichten sind ganz anderer Natur. Der englischen Buchversion merkt man auch schnell an, dass sie durch große Schrift und breite Ränder das Volumen aufbläht. Jugendlichen würde ich sie aber jederzeit als Lektüre empfehlen. Der Sprachstil hat nicht viel außerordentliches Vokabular während die Themen, die die Geschichten ansprechen dazu einladen, weiter darüber nachzudenken. The Girl Who Leapt Through Time beflügelt dabei die Fantasie sicher mehr als The Stuff that Nightmares Are Made of, aber persönlich gefiel sie mir beim ersten Lesen fast besser, da es einen gewissen pädagogischen Wert enthält, wie man mit Kindern und ihren Ängsten (nicht) umgeht. Der psychologische Aspekt zu Yoshio ist toll, aber je länger ich über die Auflösung zu der von Masako nachdenke, desto übertriebener erscheint sie mir. Als Kurzgeschichten machen sowohl The Girl Who Leapt Through Time und The Stuff that Nightmares Are Made of beide aber nicht viel falsch.

 

Luna

Luna residiert auf dem Mond mit ihren beiden Kaninchen. Als solche hat sie eine Faible für flauschige Langohren und ist auch nicht um die ein ums andere Mal etwas entrückte Sicht auf die Weltordnung verlegen. Im Bestreben, sich verständigt zu bekommen, vertreibt sie gerne die Zeit mit dem Lernen und Erproben verschiedener Sprachen und derer Ausdrucksformen.

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