Auf Spurensuche mit Sherlock Holmes
Dank den Sherlock Holmes-Verfilmungen von Guy Ritchie mit Robert Downey jr. als Meisterdetektiv und Jude Law als fähigem Assistenten waren Sir Arthur Conan Doyles Geschichten 2009 wieder in aller Munde. Ganz vergessen war der private Ermittler jedoch nie. So entstand schon 1990 ein Sherlock Holmes-Museum in der Baker Street in London, um allen Besuchern einen Einblick in die damalige Zeit zu geben. Wir haben uns 2012 einen Überblick verschafft und können berichten, ob sich der Abstecher lohnt. Daher Hüte und Regenmäntel ablegen — es wird Zeit Tee zu trinken; mit Violine und Fallakten.
Im Jahre 1887 erfand Sir Arthur Conan Doyle sein erstes Abenteuer mit dem Meisterdetektiv Sherlock Holmes und Doktor John Watson. In den darauf folgenden Jahren wuchs die Sammlung auf insgesamt vier Romane und 56 Kurzgeschichten an. Der ehemalige Arzt konnte nicht glauben, dass sein eigenwilliger Detektiv weltweit Anklang finden und nie in Vergessenheit geraten würde. Kein Wunder also, dass selbst all die Jahre später am 27. März 1990 in der Baker Street 221B ein Museum für eine fiktive Person eröffnet wurde. Jean Conan Doyle, Nachfahrin des Autors, war zu Anfang nicht begeistert von der Idee, fand sich später aber damit ab. Somit können Sherlockians nach London oder in die Schweiz pilgern, um mehr über ihren Lieblingsdetektiv zu erfahren.
Meine Liebe zu Sherlock Holmes entbrannte 2009 durch den ersten Guy Ritchie Film. Ich verschlang daraufhin alle Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle und musste natürlich bei einem Städtetrip nach London einen Abstecher ins Museum unternehmen. 2012 fuhr ich zusammen mit einer guten Freundin mit der U-Bahn zur Haltestelle Baker Street. Kaum unter freiem grauen Himmel angekommen, standen wir schon vor der Sherlock Holmes-Statue, die jedem klar machte, wer hier in der Nähe sein Quartier bezog. Da es noch früh am Tag war, wollten wir jedoch zuerst ins Madame Tussauds, was auch nur ein paar Gehminuten in der entgegengesetzten Richtung lag. Ein paar Stunden später grüßten wir wieder den Meister mit seiner Hakennase — diesmal mit dem Ziel Sherlock Holmes-Museum. Schon beim Betreten der Baker Street kommt ein gewisses Gefühl in einem auf. Die viktorianischen Häuser sind gepflegt und erwecken den Eindruck einer früheren Epoche. Wenn der Betrachter von den modernen Autos und Lampen einmal absieht. Eines dieser schicken weißen Häuser ist das Museum, waschecht mit einem Bobby als Türsteher.
Das Glück war auf unserer Seite, denn an diesem normalen Wochentag erwartete uns keine Schlange. Auch bei einem Detektiv seiner Größe kann es einen ruhigen Morgen geben! Wir kauften unsere Tickets im Souvenirshop nebenan und gingen höflich am Bobby vorbei, rein in die gute Stube. Nach nur wenigen Stufen befanden wir uns auch schon im Wohnzimmer, welches im Nachhinein betrachtet auch mein persönliches Highlight ist. Dieser Raum erweckt den Eindruck, als könnten jeden Augenblick Sherlock Holmes und sein Freund Watson die Treppe heraufkommen, um sich am Kamin eine Tasse Tee zu gönnen. Viele kleine Gegenstände laden die Augen auf Erkundung ein und vor allem Fans werden hier vieles entdecken, was in der einen oder anderen Geschichte vorkommt. Natürlich ist die wunderschöne Violine das Herzstück des Zimmers. Wünschenswert wäre eine fleißige Miss Hudson, um alles von seiner Staubschicht zu befreien.
Gleich neben dem Wohnzimmer befindet sich Sherlocks Schlafraum. Leider ohne einen ans Bett gefesselten nackten Detektiv, der auf Rettung wartet. Dafür entdeckten meine Adleraugen den ersten Deerstalker-Hut! Ja, ich weiß, in den alten Verfilmungen gehört er auf den Kopf des Meisterdetektivs wie die Krone zur Königin. Doch mich lässt dieses Kleidungsstück nur die Augen rollen, da es in den Geschichten von Doyle nie auftaucht und damit nicht wirklich zu Sherlock Holmes gehört! Nun gut, davon abgesehen sind die Schminkutensilien passend und eine große Lupe darf nicht fehlen.
Im zweiten Stock erwarteten uns die nächsten Objekte. John Watsons Zimmer ist im Gegensatz zum Wohnzimmer eine Mischung aus Stillleben und Museumsraum. Was nicht fehlen darf, ist die Arzttasche des Doktors, die die richtige Stimmung verbreitet. Ebenso sind andere Instrumente hier und da verteilt, sodass der Besucher sich wie ein Patient fühlt. Neben diesen Sachen stehen noch weitere Gegenstände im Raum, die auf Fälle von Sherlock Holmes anspielen sollen. Mir persönlich wäre ein Vorgehen wie im Wohnzimmer lieber gewesen, denn so verliert sich einfach das Gefühl, in ein bewohntes Zuhause reinzuschnuppern.
Leider ist dies auch der Fall im Zimmer von Miss Hudson, welches sich gleich daneben befindet. Hier wird noch weniger vom damaligen Leben gezeigt, da der Raum mit anderen Ansichtsstücken gefüllt ist. Es scheint die gute Dame hatte nur Sherlock Holmes im und auf dem Kopf: schon wieder ein Deerstalker-Hut!
Also weiter die Treppe hinauf ins Puppentheater. Richtig gelesen, denn im dritten Stockwerk erwarten einen die teilweise wirklich hässlichen Wachsfiguren. Ich finde es an sich schön, dass versucht wird, Szenen aus den Büchern nachzustellen, jedoch passt das Ganze nicht zu den vorangegangen Räumen. Noch dazu erwecken die Figuren bei mir den Eindruck, als hätte jemand bei Madame Tussauds die ausrangierten Fehlexemplare eingesammelt. Immerhin, der Hund von Baskerville hat einen gewissen traurigen Charme. Und ja, das Bad darf natürlich nicht fehlen. Passendes Klo mit Blümchenmuster, das mich an die alte Waschschüssel meiner Oma erinnert. Vor lauter in Erinnerungen schwelgen vergaß ich sogar ein Foto zu machen. No shit, Sherlock — hier ist wahrlich keine Schönheit zu finden!
Insgesamt betrachtet, würde ich das Sherlock Holmes-Museum nicht ganz als Zeitverschwendung einstufen, aber man muss auch nicht unbedingt dorthin! Der Preis von 15 Pfund ist definitiv zu hoch bei den wenigen Räumen, die es zu besichtigen gibt. Es fehlen außerdem leider Beschilderungen, damit nachgelesen werden kann, was in den Zimmern zu finden ist. Daher ist ein Besuch auch nur etwas für wirkliche Hardcorefans, die mit allen Geschichten vertraut sind. Die nicht gelungenen Wachsfiguren sorgen ebenfalls noch einmal für Punktabzug bei der Bewertung und vom Bad reden wir lieber erst gar nicht. Diese Leiche gehört wortlos in den Keller.
Im Souvenirshop konnte ich mir immerhin ein paar schöne Sachen kaufen. Unter anderem ein Lederlesezeichen mit passendem Zitat, einen Anhänger und ein tolles Buch.
Aus museumspädagogischer Sicht hat man bei dem Museum so einiges falsch gemacht. Beschilderungen und ein paar Texte, auf denen man nachlesen kann, aus welcher Geschichte welches Utensil stammt oder ein paar Zitate aus den Geschichten, sollten das Mindeste sein. Man hätte noch weitaus mehr machen können. Auch Interaktives z.B. Ein Museum, in dem nur Gegenstände ausgestellt werden, die man nur als Hardcore-Fan versteht, ist sinnlos. Ich empfand das Museum deswegen als recht lieblos. So als würde es reichen, dass man ein berühmtes Haus hat. Die Leute kommen sowieso und bezahlen. Es ist definitiv viel zu teuer. Man kann in London so viel unfassbar bessere Museen besuchen, für die man gar nichts bezahlen muss, bei denen ich aber bereit war 10 Pfund zu spenden, weil man merkt, dass viel Arbeit in dem Museum steckt und es viel Aufwand ist, es so zu erhalten. Aber das Sherlock-Holmes-Museum lohnt sich gar nicht zu sehen. Als zeitverschwendender empfand ich nur Madame Tussauds.
Ich würde an der Stelle eher eine der Sherlock-Holmes-Stadtführungen empfehlen. Die gab es für 15€ und unser Guide hat uns quer durch die Stadt an Drehorte aus BBC-Serie, Filmen und Büchern geführt und jedes Mal richtig viel dazu erzählt. Da hatten wir definitiv mehr davon.
Was ist eigentlich Museumspädagogik? Gibt es das als offiziellen Begriff? Scheint mir eher neu geprägt zu sein, aber das Sherlock Museum ist ja von 1990. Wahrscheinlich hat es aufgrund seiner geringen Größe auch einfach irgendwann kein Update mehr erhalten,,,