Frankfurter Buchmesse 2021

Endlich wieder Buchmesse! Das dürfte vielen Leseratten, Bücherwürmern und Buchstabenverschlingenden durch den Kopf gegangen sein, als die Veranstaltenden der Frankfurter Buchmesse bekannt gaben, dass 2021 die Tore der Messehallen wieder vollgestopft mit Nachschub sein werden. Tja, nun waren zwei Redakteurinnen am 23. Oktober 2021 vor Ort, um zu schauen wie eine solch große Messe unter den Corona-Regeln funktionieren mag. Unter dem Motto der 73. Frankfurter Messe “Re:Connect” wollten auch wir uns schließlich wieder zu solch einem Event verbunden fühlen. Was sie zwischen Papierknappheit, Schutzmasken, Polizeiaufgebot und rechter Szene erlebten, könnt ihr hier lesen.

Nachdem die Frankfurter Buchmesse 2020 nur digital stattfand, durften Besuchende zur 73. Ausgabe endlich wieder Messeluft schnuppern, wenn auch eingeschränkt. Maximal 25.000 Tickets waren für einen Tag zu erwerben und dies nur online. So war ein Spontanbesuch der Buchmesse in diesem Jahr nicht möglich. Dennoch waren die Eintrittskarten nur am Samstag ausverkauft, weswegen es schade war, dass sich niemand eines noch schnell am Schalter vor Ort besorgen konnte. Durften 2021 während der gesamten Messe maximal 125.000 Menschen nach Frankfurt, waren es im Vergleich 2019 über 300.000. Auch die Anzahl der Ausstellenden begrenzte sich auf 1.700 (zum Vergleich: zwei Jahre zuvor waren es noch über 7.000). Diese Differenz war deutlich in den einzelnen Hallen zu sehen und minderte doch sehr das Erlebnis Buchmesse.

Die 3G-Regeln doch mal anders gemerkt

Wie nicht anders zu erwarten, galten überall die bekannten Abstands- und Hygieneregeln sowie die Maskenpflicht auf dem gesamten Gelände. Desinfektionsmittelspender an jeder Ecke sowie ein Testzentrum vor dem Messegelände durften auch nicht fehlen und erinnerten uns daran, dass das Virus sein Unwesen treibt. Doch auch wenn wir “3G” nicht mehr hören können, denken wir in Verbindung mit der Frankfurter Buchmesse einfach an: gekauft – gelesen – geliebt. Wobei trotz Ankündigung ersteres nicht immer möglich war, sehr zum Frust einiger Angereister.

Von breiten Gängen und leeren Fluren

Wer vorab sein Ticket kaufte, sich durch die Corona-Regeln las und bestätigte, und beim Check-in alle Dokumente griffbereit hatte, durfte sich darauf freuen, endlich richtig Platz auf dem Gelände zu haben. Richtig schöne breite Gänge, so dass ein Herankommen an die Bücher fast schon einfach war. Aber eben nur fast. Denn für einige Stände hieß es: ab in die Schlange. Die konnte auch schon einmal durch eine halbe Halle gehen, wenn es zum Beispiel darum ging, an die Bücher des LYX-Sortimentes von Bastei Lübbe zu kommen. Nicht immer fand das Auge den Eingang für ein solches abgeschottetes Standgebiet und dem einen oder anderen reichte dann auch der Blick aus der Ferne, um sich das Anstehen zu sparen. Wer sich samstags in die Halle der ausländischen Verlage verirrte, durfte die Tristheit leerer Halle bestaunen. Wie immer hatten viele Verlage hier schon ihre Zelte abgebrochen, da der Besuch nur für die Fachbesuchertage geplant war. Doch so leer wie diesmal war es noch nie. Vor allem der Stand des Landes Afghanistan brachte den Besuchern das politische Tagesgeschehen zurück in Erinnerung, denn auf einem Schild stand dort schlicht: “No books this year”. Ein trauriger Anblick.

Rechte Verlage und Absagen

Bereits vor dem eigentlichen Start der Messe gab es schon die erste Absage. Die Autorin und Aktivistin Jasmina Kuhnke, die ihr Werk Schwarzes Herz vorstellen wollte, lehnte ihren Besuch ab, da sie sich von rechten Verlagen bedroht fühlte. Ein Statement, das sich andere Autorinnen und Autoren ebenfalls zu Herzen nahmen und ihre Auftritte in Frankfurt boykottierten. Die Frage, weshalb Stände rechter Verlage überhaupt zugelassen wurden, sorgte für Kritik. Jürgen Boss, Direktor der Frankfurter Buchmesse, rechtfertigte sich mit der Meinungs- und Publikationsfreiheit: „Verlage, die sich im Rahmen der Rechtsordnung bewegen, können auf der Buchmesse Stände führen, auch wenn die entsprechenden Ansichten nicht geteilt werden.“ Um jedoch keine Erfahrung wie 2019 auf der Leipziger Messe zu machen, schlug ein großes Polizeiaufgebot auf dem Messegelände auf. Und nein: Das waren keine Verkleideten aus irgendeinem angesagten geekischen Medium.

Gastland Kanada – Wo sind die Bücher?

Unter dem Motto „Singular Plurality“ präsentierte sich das Gastland Kanada auf dem Messegelände. Bei der Eröffnung konnten die Besuchenden durch die Generalgouverneurin Mary May Simon tiefe Einblicke in die Geschichte und Traditionen des Landes erhalten. Darunter auch die Schattenseiten. Gastland Kanada erhielt einen eigenen Pavillon, der beim Betreten nichts mit dem Thema Buchmesse zu tun haben schien. Verschiedene Farben und Buchstaben glitten auf wellenförmigen Digitalbändern durch die Halle. Sie symbolisierten die Elemente des Landes. Autorinnen und Autoren bewegten sich dreidimensional auf einer Leinwand. Doch Kanada präsentierte sich hier nur multimedial, denn im ganzen Raum war kein einziges Buch zu sehen. Eine kleine Auswahl an Titeln kanadischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller war immerhin vor den Türen der Halle zu sehen und zu erwerben. Es könnte allerdings auch ein Zeichen gewesen sein, denn Kanada äußerte sich hierzu mit der aktuellen Situation der Papierknappheit. Ein Thema, das sich komplett bei allen Verlagen bemerkbar machte, wenn sie darauf hinwiesen, dass sie keine weiteren Auflagen mehr vor Weihnachten drucken können. Da hieß es: Jetzt zuschlagen oder nie, wenn das eine oder andere Buch noch unter den Weihnachtsbaum soll!

Wen es trotz allem auf die Messe verschlug

Trotz der strengen Regelungen ließen es sich einige Schrifstellerinnen und Schriftsteller nicht nehmen, ihren Fans auf der Frankfurter Buchmesse zu begegnen. Rund 200 von ihnen waren vom 21. bis 24. Oktober da. Darunter Alyna Bronsky (Barbara stirbt nicht), Jenny Erpenbeck (Kairos), Elke Heidenreich (Hier geht’s lang! Mit Büchern von Frau durchs Leben), Theodor Wolff (Die Schwimerin), Ronald Reng (Der große Traum. Drei Jungs wollen in die Bundesliga) und Markus Thielemann (Zwischen den Kiefern). Auch den einen oder anderen Prominenten verschlug es nach Frankfurt, wie etwa die Sänger Roland Kaiser und Alvaro Soler oder Komiker Bülent Ceylan und Komikerin Carolin Kebekus, welche ihre Biografien und Werke vorstellten. Um ein Autogramm zu ergattern, hieß es in diesem Jahr nicht nur warten, sondern auch frieren, denn Signierstunden durften nicht an den Verlagsständen stattfinden. Dafür gab es offene Signierboxen im Innenhof der Messe. Wer also eine lange Schlange im Hof sah, musste aufpassen, dass er sich nicht in die falsche stellte und anstatt des begehrten Autogramms plötzlich eine Portion Pommes in der Hand hatte.

Die begehrten Preise

Als emotionaler Teil der Buchmesse gestaltet sich jährlich die Verleihung des Deutschen Buchpreises. Dieser ging in diesem Jahr an Antje Ravik Strubel, die in ihrem Roman Blaue Frau die Flucht vor Erinnerungen an eine Vergewaltigung beschreibt. Den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhielt die Autorin, Filmemacherin und Menschenrechtsaktivistin Tsitsi Dangarembga aus Simbabwe. In Überleben zeigt sie den Weg einer Frau durch starke Depressionen. Verliehen wurde dieser Preis von Auma Obama, der Halbschwester von Barak Obama. In gleich fünf Sparten wurde der deutsche Jugendliteraturpreis verliehen. Darunter in der Kategorie Bilderbuch an Sydney Smith, der sich zum ersten Mal als Autor uns Illustrator versucht und mit Unsichtbar in der großen Stadt gleich erfolgreich ist, wie wir sehen! Mit Irgendwo ist immer Süden ging der Preis für das beste Kinderbuch, an die Norwegerin Marianne Kaurin. Wiederum gewannen Jurga Vile und Lina Itagaki mit ihrem Jugendbuch Sibiro Haiku, welches den Aspekt der Verschleppung durch die sowjetischen Truppen behandelt. Im besten Sachbuch 2021, 100 Kinder, dürfen Christoph Drösser und Nora Coenenberg zeigen, was es heißt, heute Kind zu sein. Der Jugendjurypreisträger ist Will Hill mit dem Titel After the Fire. Der Sonderpreis für das Gesamtwerk geht an keine Geringere als die Comic-Übersetzerin Gudrun Penndorf für ihre Arbeit unter anderem an den Asterix-Bänden, die wohl jeder von uns kennt. Die Jury lobte sie für ihre „phänomenale sprachschöpferische Leistung.“ Ihr verdanken wir zum Beispiel den geliebten Spruch „Die spinnen, die Römer!“

Sehr vermisst: Die Comic- und Mangaszene

Buchmesse – dass bedeutet seit einigen Jahren auch das bunte Treiben um die Manga-und Cosplay-Szene. Natürlich waren auch 2021 einige verkleidete Besuchende dabei, die ihre oft selbstgenähten Outfits zur Show trugen. Doch was diesmal schlicht fehlte, war die passende Szenerie dafür. Von den Manga- so wie Comic-Verlagen war fast weit und breit keine Spur. Gerade einmal der Carlsen Verlag bot einige seiner Mangas und sein neues Label Hayabusa zum Anschauen, aber nicht zum Kaufen, an. Wirklich schade, denn der aufgeblasene, auf dem Innenhof positionierte Asterix wirkte damit sehr alleine und verloren. Genauso wie die wenigen bunten Outfits, die den grauen Herbsttag etwas verschönerten.

Egal ob mit Maske, Hauptsache wieder Buchmesse-Luft einatmen. Doch schon nach wenigen Minuten auf dem Messegelände stellt sich etwas Ernüchterung ein: So bunt wie immer war es leider nicht. Breite Gänge und weniger Verlage sorgten zwar für viel Platz, aber auch dafür, dass es weniger zum Anschauen und vor allem Anfassen gab. Das Anstellen in die Schlagen war ein Grund für mich, dann doch nur von Weitem zu schauen. Wobei es schon ärgerlich war, denn die Bücher waren gerne einmal nur eine Armlänge von einem entfernt. Ja, es fehlte das bunte Treiben, das aufgeweckte Leben, um mich so richtig in Stimmung zu bringen. Trotzdem gab es auch kleine Highlights: Die kreative Installation im Pavillon des Gastlandes Kanadas lud zum Staunen und mich vor allem zum Fotografieren ein. Mit der Verlegerin des Verlages Edition Bracklo unterhielt ich mich fast eine Viertelstunde über Papierknappheit, die Verlagsszene in Zeiten von Corona und der aktuellen Situation allgemein. Ernste Themen, die die Verlagsszenen beschäftigen, doch ein schönes Gespräch, das ich nicht vergessen werde. Trotzdem bleibt meine Hoffnung, dass die nächste Buchmesse – hoffentlich Leipzig 2022 – wieder bunter, fröhlicher und weniger bedrückend sein kann … und wird.

Endlich wieder Buchmesse. Obwohl im Vorfeld bekannt war, dass strenge Regeln, Hygiene-Konzept, Kontrollen und Maskenpflicht gelten, war die Freude auf einen schönen Messetag nach so langer Zeit riesig. Doch das richtige Messe-Feeling fehlte irgendwie. Die breiten Gänge sorgten dafür, das die Hallen etwas übersichtlicher waren, allerdings musste man auch ganz schön von rechts nach links schauen, um alles mitnehmen zu können. Teilweise war ich auf der Suche nach Verlagen, die leider keinen Stand hatten. Bei vielen langen Schlangen dachte ich zuerst, es stünde eine Autogrammstunde an und war gespannt, ob jemand Bekanntes signieren würde. Doch dann kam der Eingang zum Verlagsstand. Die Regeln sind in der aktuellen Zeit wichtig, aber es ist einfach schade, dass die Möglichkeit in Büchern zu blättern durch das Anstehen etwas verloren ging. Trotz allem waren ansprechende Auslagen, angenehme Gespräche an Ständen, Beratungen und schöne Aufmachungen wie beim “Was-ist-Was”-Stand. Auch wenn man trotz Ankündigung nicht bei allen Verlagen etwas kaufen konnte, war ich erfolgreich und komme mit neuer Literatur von der Buchmesse zurück. Ich blicke auch voller Hoffnung aufs nächste Jahr und die Buchmesseluft.

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