Ran the Peerless Beauty
Die japanische Redensart „takane no hana“ bedeutet sprichwörtlich „die Blume auf der Spitze eines sehr hohen Berges.“ Der Originaltitel von Ran the Peerless Beauty spielt auf dieses Sprichwort an, was etwas Unerreichbares beschreibt. Denn Ran, die titelgebende Figur, gilt als unnahbar und trifft auf den aufgeschlossenen Akira. Zwischen den Protagonisten entsteht langsam eine klassische Schulromanze, die es schafft, durch Natürlichkeit und ruhige Erzählweise zu überzeugen. Was für eine Bedeutung strahlende Sonnenblumenfelder und sanft blühende Rosen für eine langsam wachsende Beziehung haben, wird in diesem Manga erzählt. Seit 2021 wurde die zehnbändige Reihe von Tokyopop in Deutschland veröffentlicht und fand im Februar 2023 ihren Abschluss. Für die Mangaka Ammitsu ist es die erste Reihe auf dem deutschen Markt. Sind alle Bände vereint, ergibt sich ein wunderschönes Buchrücken-Motiv.
Ran Takamine gilt an der Schule als perfektes Mädchen. Hübsch, sportlich, intelligent und einziges Mitglied der Garten-AG. Dadurch hat sie den Ruf, eine unerreichbare Blume zu sein und kaum ein Junge traut sich, sie anzusprechen. Beim Bewässern der Pflanzen auf dem Schulgelände trifft sie auf Akira Saeki, einen offenen und freundlichen Mitschüler. Als Ran am Nachmittag Blumen kaufen möchte, begegnet sie dem Jungen erneut, denn er arbeitet im Blumengeschäft seiner Eltern. Aus Angst, von seinen Mitschülern ausgelacht zu werden, hält Akira das Ganze jedoch geheim und bittet auch Ran, niemandem zu erzählen, was sie ihm verspricht. Es beginnt eine Freundschaft zwischen den beiden, denn die Liebe zu Pflanzen verbindet sie.
Verschieden, aber doch gleich
Originaltitel | Takane no Ran-san |
Jahr | 2017–2021 |
Bände | 10 |
Genre | Romance, Slice of Life |
Mangaka | Ammitsu |
Verlag | Tokyopop (2021– 2023) |
Seit Februar 2023 vollständig |
Gegensätze ziehen sich an, das gilt auch in Ran the peerless Beauty. Ran wirkt auf ihre Schulkameraden wie die unnahbare, perfekte und kluge Schönheit. Dadurch wird sie leider ungewollt ein Opfer von Vorurteilen und niemand will ihr näher kommen. Akira hingegen ist der perfekte Freund, auf den viele Mädchen stehen. Sympathisch, freundlich und immer gut drauf. Beide haben jedoch Seiten an sich, die zunächst nur die Lesenden erfahren. Ran zeigt eine Art, die ganz und gar nicht perfekt ist, beispielsweise verschwitzt auf dem Laufband oder sich den Kopf über Gefühle zerbrechend. Auch Akiras Geheimnis um die Liebe zu Pflanzen möchte er niemandem anvertrauen. Außer Ran. Bei ihr kann er einfach nur er selbst sein und über seine Leidenschaft sprechen. Sie genießt es, jemanden getroffen zu haben, der ihr Interesse für Pflanzen und Blumen teilt, was die beiden näher zusammenbringt.
Nicht mehr alleine
Ein verschwiegenes Hobby muss nicht schlecht sein oder für Geschwätz sorgen. Nach und nach lernt Akira mit Rans Hilfe dazu zu stehen und sich an der Schule nicht mehr zu verstecken. Ewig wäre dies sowieso nicht möglich gewesen, denn als Sohn eines Floristen ist es sein Traum, einmal selbst diesen Beruf auszuüben. Auch Ran macht bereits am Anfang eine Entwicklung durch, wobei Akiras Offenheit hilft. Sie fühlt sich bei ihm geborgen. Er schafft es, dem schüchternen Mädchen die Bedeutung von Blumen näher zu bringen. So wird Ran klar, dass sie mehr über Pflanzen lernen und gleichzeitig Akira besser kennenlernen kann. Schnell wird deutlich, dass die beiden sich gegenseitig schätzen und in kleinen Schritten entwickelt sich eine angenehme Beziehung. Unstimmigkeiten gehören zum Leben und das Thema macht auch vor Ran und Akira nicht halt. Sie schaffen es aber, sich auszusprechen und die Probleme zu lösen. Kein Streit endet im Drama, was daran liegt, das Ammitsu viel Wert auf die Kommunikation untereinander legt.
Sanfte Linien
Gefühle sind wichtig, nicht nur im Erzählstil, sondern auch in der Optik. Ammitsu verleiht den Figuren mit ihren sanften Zeichnungen eine sanfte Ausstrahlung. Die Mimik und Gestik von Ran und Akira stehen im Vordergrund und die Gesichtsausdrücke spiegeln die Gefühle der beiden wider. Akira hat von Anfang an ein strahlendes Gesicht, Ran dagegen eher eine zurückhaltende Mimik, die sich mit der Zeit öffnet. Ammitsus Zeichenstil unterscheidet sich nicht unbedingt von anderen Mangaka im Romanzen-Genre, schafft es aber durch sanfte und weiche Linien die ruhige und gefühlvolle Geschichte passend zu übermitteln. Oft sparsam beziehungsweise nicht vollständig ausgearbeitet sind teilweise die Hintergründe, jedoch gibt es Panels, die durch detailreiche Blumenzeichnungen überzeugen. Diese spielen in allen zehn Bänden eine große Rolle und werden bewusst durch die komplette Reihe gezogen. Es ist spürbar, wie viel Wert die Zeichnerin auf die Blumen und ihre Bedeutung legt und diese dementsprechend neben Ran und Akira in den Vordergrund rückt.
Ich schenk dir eine Blume
Der Philosoph Ralph Waldo Emerson sagte einmal „Blumen sind das Lächeln der Erde.“ Um den Lesenden die Sprache der Blumen zu vermitteln, besuchte Ammitsu regelmäßig einen Blumenladen und recherchierte umfangreich, sodass ein Gefühl entsteht, direkt in die Pflanzenwelt einzutreten. Das Besondere an Ran the Peerless Beauty ist definitiv die Blumenthematik. So wie Ran wird auch den Lesenden die Möglichkeit geboten, etwas über die Bedeutung von Blumen zu lernen. Neben Akiras Erklärungen gibt es am Ende jedes Kapitels eine Beschreibung. So stehen rote Rosen für Liebe, Tulpen für Zuneigung und Unschuld, Gerbera symbolisieren Freundschaft und die Sonnenblume die Freude, um nur einige Beispiele zu nennen. Blüten und Pflanzen sind auch auf den Covern zu sehen, die Kapitel sind entsprechend benannt und die jeweilige Bedeutung fließt in die Handlung mit ein. Für Kenner der japanischen Sprache sind weitere Anspielungen auf die Flora zu finden. “Ran” bedeutet beispielsweise Orchidee und der Name Yuri, den ihre Schwester trägt, steht für die Lilie.
Fazit
Ran the Peerless Beauty bietet eine süße Geschichte rund um Ran und Akira, die einen beim Lesen in ihren Bann zieht. Hinzu kommt die Blumenkunde, die teilweise sogar tiefgründig, beinahe schon als philosophisch bezeichnet werden kann. Die Handlung beinhaltet viele Szenen, die Liebhabern von Liebesgeschichten bekannt sein dürfte, dennoch bekommt der Manga durch das eingebundene Floristik-Thema einen erfrischenden Geschmack. Die Beziehung der beiden Hauptcharaktere entwickelt sich eher langsam, aber in einem angenehmen Tempo. Akira und Ran treffen zufällig aufeinander, das Szenario ist realistisch gehalten und wirkt nicht abwegig. Genau wie die zweite Begegnung der beiden vor dem Blumenladen. Wer auf der Suche nach einer realistischen Geschichte voller Gefühle ist und gleichzeitig noch was über Pflanzenkunde und Floristik lernen möchte, findet hier definitiv Freude.
© Tokyopop