Dead Space (2023)

Butter bei die Fische: So richtig nötig hätte Dead Space sein Remake nicht gehabt. Bis heute zählt der Klassiker zu den besten Horror-Survival-Games überhaupt und ist damit dieser eine Stern am (Sci-Fi-)Horror-Himmel, an dem sich die moderne Konkurrenz messen lassen muss. Und trotzdem ist es nun da, das Remake aus dem Hause Motive Studios, und eröffnete das Horrorjahr 2023 mit einem »PENG!« (kleiner Dead Space-Insider). Und das, obwohl EA die Marke nach dem verkorksten dritten Teil im Jahre 2013 eingestampft hat. Was aber schon bei den Remakes der alten Resident Evil-Teile so gut funktioniert hat, lässt sich sicher auch mit dem Dead Space-Franchise reproduzieren, schien sich EA gedacht zu haben. Und dieses Mal kann man dem Publisher nur bestätigend auf die Schulter klopfen. Denn das Remake ist kein oller Cash Grap, sondern macht tatsächlich alles besser, was eh schon top war.

   

Das Jahr 2508: Die Ressourcen der Erde sind aufgebraucht, sodass die Menschheit mithilfe riesiger Abbauschiffe systemferne Planeten cracken muss um zu überleben. Als der Kontakt zum Abbauschiff USG Ishimura abbricht, wird das Reparaturteam der USG Kellion losgeschickt, um nach dem Rechten zu sehen. Mit an Bord u.a. Technikerin Daniels, Sicherheitsoffizier Hammond und Systemmechaniker Isaac Clarke. Doch irgendetwas auf der Ishimura stimmt nicht. Sämtliche Maschinen sind offline und von der Besatzung fehlt jede Spur. Als dann auch noch groteske Monster, die »Nekromorphs«, auftauchen, die die halbe Kellion-Besatzung töten, wissen Daniels, Hammond und Clarke: Die Kacke ist am Dampfen. Neues Ziel: Überleben. Doch können sie einander trauen?

Warum nochmal war Dead Space gut?

Originaltitel Dead Space
Jahr 2023
Plattform Microsoft Windows, PlayStation 5, Xbox Series
Genre Survival-Horror
Entwickler Motive Studios
Publisher Electronic Arts
Spieler 1
USK
Veröffentlichung: 27. Januar 2023

Die Neugestaltung der Marke ‘Dead Space’ war nie ganz einfach. Im Laufe der beiden Fortsetzungen und diverser Spin-Offs hat sich einiges verändert und weiterentwickelt, so dass das Entwickler-Team bei seiner Rückkehr zur Ishimura sicherlich viel Arbeit hatte, um zu entscheiden, welche Elemente in das Remake übernommen und welche lieber durch die Luftschleuse ins All gepustet werden. Dead Space wurde zum Klassiker, weil es seinerzeit die bekannten Zutaten des Surival-Horros nahm, sie bis zum Gehtnichtmehr verfeinerte und mit eigenen innovativen Ideen anreicherte. So entschied man sich, keinen x-beliebigen Supersoldaten als Protagonisten ins Rennen zu schicken, sondern einen schwerfälligen Mechaniker in seinen späten 40ern, der in einem klobigen Anzug steckt und lieber ganz woanders wäre. Auch bei den Waffen griff man, anstatt zur typischen Future-MG, lieber zu Werkzeugen (passend zu Isaacs Berufsstand), deren Wirkungsweisen sich als sehr viel interessanter entpuppen. Dazu kommen fancy Spezialfähigkeiten wie Kinese und Stase, die den Combat aufpeppen, ganze Levelsegmente im Vakuum, das ikonische »Hack die Gliedmaßen ab!«, das diegetische HUD, die dichte Kampagne und eine extrem klaustrophobische Atmosphäre. Alles Elemente, die freilich auch im Remake vorhanden sind.

Der neue Isaac

Was ist also neu? Fangen wir bei unserem ü40-Mechaniker an. Angelehnt an seinen englischen Synchronsprecher Gunner Wright (aus Dead Space 2 und 3), erhielt Isaac ein komplettes Redesign. Er wirkt nicht mehr wie der »average male game protagonist«, sondern wie ein echtes Lebewesen, das man so auch an der Werkbank antreffen könnte. Noch nie hat man ein sympathischeres Gesicht so derbe fluchen hören – was uns gleich zu Punkt 2 bringt: Isaac ist kein stiller Protagonist mehr. Er nimmt vermehrt seinen Helm ab und verfügt über Sprechtexte, die ihn mit den Isaacs der Sequels auf Linie bringen. Klar kann man sagen »Das versaut mir die Immersion!« und das kann auch durchaus zutreffen. Auf der anderen Seite fühlt sich der neue Isaac (im Deutschen gesprochen von Tom Jacobs) viel mehr wie ein Teil der Szenerie an als im Original, wo er nur ein Hund war, der von A nach B geschickt wurde. Im Remake ist es tatsächlich Isaac selbst, der mit den Lösungen ankommt – so, als wäre er dieses Mal der Ingenieur. Verrückt, nech? Aber keine Sorge: Isaacs Stimme bedeutet nicht, dass er uns ständig mit Selbstgesprächen, offensichtlichen Beobachtungen und mittelständischen Witzen in den Ohren liegt. Isaac ist und bleibt eher der spartanische Typ. Das heißt, es ist noch da: Dieses besondere Band, das entsteht, wenn man mit Isaac alleine durch die Gänge streift und lediglich seinen blechernen Atem hört. Diesbezüglich sei übrigens erwähnt, dass sich der Atem den Umständen anpasst. Rennt Issac? Geht er? Ist er verletzt oder gestresst? Das alles wirkt sich auf seine Atmung und sogar auf seine Dialogzeilen aus – très chic!

Erkunden Sie die Ishimura, es kostet Sie nur Ihr Leben

Obwohl nun insgesamt mehr geredet wird, tut das der Immersion keinen Abbruch. Das diegetische HUD tut hier wie üblich einen perfekten Job, indem es Texte, Icons etc. vom Bildschirm verbannt, und auch in den wenigen Zwischensequenzen bleiben wir immer nahe an Isaacs Schulter – alles ohne jeglichen Schnitt. Wie aus einem Guss fühlt sich auch die Ishimura an, denn diese ist nun frei begehbar. Die einzelnen Schiffssektionen können nicht länger nur per Monorail erreicht werden, sondern auch zu Fuß/per Schwebe. »Ladezeiten« existieren nicht, da diese geschickt durch die Monorail-Fahrten oder die Öffnungssequenz einer Tür kaschiert werden. Die Devs wollen, dass wir das Schiff erkunden und Backtracking betreiben. Kein Bereich ist nach einem Durchlauf abgehakt und eine Rückkehr bleibt immer spannend, da die Nekromorphs ungescripted aus jedem Lüftungsschacht platzen können. Passen wir nicht auf, dann hat uns ein »Divider« schneller enthauptet als wir »Danke, C.E.C., du Stück Scheiße!« rufen können.

Was ist noch neu?

15 Jahre an Zeit und die neue Frostbite-Engine ermögliche erhebliche visuelle Verbesserungen. Alles, von Charaktermodellen bis hin zum Schiff selbst, wurde geradezu dramatisch aufpoliert. Das Schiffsdesign strahlt wie nie zuvor Glaubhaftigkeit aus und das Lichtkonzept zeugt von einem neuen, ungekannten Kaliber, indem es mit volumetrischer Beleuchtung (klingt fancy, oder?) für großartige Atmosphäre sorgt. Was den Cast anbetrifft, so bleibt dieser zum Großteil unverändert, sehen wir mal von dem einem Crewmember ab, das ohnehin auf der Kellion zurückbleibt. Weiterhin wurden ganze Levelsegmente modifiziert. Die simple »Baller Asteroiden ab«-Einlage gibt es nicht mehr. Statt ihrer müssen wir nun über die Außenhülle des Schiffes schweben und die Kanonen manuell kalibrieren – was viel spannender und schöner ist. Darüber hinaus gibt es nun Nebenmissionen. Nicht viele an der Zahl, aber es lohnt sich, sie zu verfolgen, da sie neues Hintergrundwissen liefern. Auch die Situation um Isaac und seine Freundin Nicole bekommt mehr Fundament. Neben neuer Storyanteile gibt es zudem einen neuen Soundtrack aus der Feder von Trevor Gureckis (u.a. Old), der das Game vor allem mit seinem »Zero Gravity Theme« bereichert. Zu guter Letzt das Sahnehäubchen: Es gibt ein alternatives »Secret Ending«, welches über das New Game+ freischaltbar ist und eventuell auf ein Remake des zweiten Teils hinweisen könnte. Huiuiui.

Gibt’s auch was Schlechtes?

Nach dem ganzen versonnenen Getippse muss es aber doch auch etwas zum Meckern geben, oder? Nun ja, minimal. Auf technischer Ebene taten sich bei uns trotz empfohlener Hardware manchmal Probleme beim Laden der Safe Files auf. Dann nämlich blieb das Spiel beim Laden der Shader hängen oder aber es spuckte uns nicht bei Isaac aus, sondern irgendwo im Nirvana schwebend über dem Texturmodell der Ishimura (was auch sehr schön sein kann). Performance-Probleme gab es zeitweise auch beim Betreten neuer Bereiche, wenn das Spiel vor lauter Überraschtheit über unser Backtracking die Assets zu langsam lädt, oder aber die Nekromorphs, die aus den Wänden springen, für einige Sekunden unsichtbar bleiben und einen fiesen Vorteil haben. Die Konsolenspieler haben dagegen womöglich eher mit einem happigen Preis zu kämpfen.

Fazit

Das Remake von Dead Space fühlt sich genau so an wie die häufig (absurd) geschönte Erinnerung an ein altes, geliebtes Spiel – nur dass die Erinnerung dieses Mal für alle wirklich greifbar ist. Motive Studios hat die schwierige Gratwanderung zwischen Originaltreue und moderner Umsetzung perfekt gemeistert und lässt den Charakter des Originals quasi aus jedem graphisch aufgemotzten Lüftungsschacht tropfen. Zudem schenkt uns das Remake noch mehr Content als das Original, also eine Win-Win-Situation für den etablierten Fan und die perfekte Gelegenheit für Nichtkenner, Dead Space von seiner schönsten Seite kennen zu lernen. Motive Studios hat aus einem ohnehin schon hervoragenden Game ein kleines Meisterstück gemacht.

© Electronic Arts

Totman Gehend

Totman ist Musiker, zockt in der Freizeit bevorzugt Indie-Games, Taktik-Shooter oder ganz was anderes und sammelt schöne Bücher. Größtes Laster: Red Bull. Lieblingsplatz im Netz: der 24/7 Music-Stream von Cryo Chamber auf YouTube.

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