Bakemono

Bakemono (zu deutsch “Monster”; nicht zu verwechseln mit dem Anime-Franchise Bakemonogatari) von Doug Roos ist ein nihilistischer Creature-Feature-Horrorstreifen, der gleich ein Dutzend Figuren im pulsierenden Tokio in ihr Schicksal laufen lässt. Dies alles findet auf maximal überschaubarem Boden statt: zwischen den vier Wänden eines Airbnbs. Wie so häufig zieht J(apan)-Horror seine Qualitäten aus engen Kamerawinkeln und aus Angst in alltäglichen städtischen Umgebungen. Der düstere Film war hierzulande auf dem Obscura Filmfest 2024 zu sehen, eine deutsche Veröffentlichung erfolgt Anfang 2025 bei Midori Impuls.

 

Eine einsame Frau geht mit einem großen Koffer eine schwach beleuchtete Straße entlang. Als sie jedoch in der scheinbaren Sicherheit einer billigen Mietwohnung verschwindet, wartet in dessen Schränken bereits ein groteskes mörderisches Monster.

Damit ist sie nicht die einzige: Mitsuo (Takashi Irie), der Vermieter einer Airbnb-Wohnung hält eine ganz besondere Überraschung für seine Gäste bereit …

Übernatürlicher Terror in Tokios bedrohlicher Zersiedelung

Originaltitel Bakemono
Jahr 2023
Land Japan
Genre Horror
Regie Doug Roos
Cast
Mitsuo: Takashi Irie
Tomoko: Yukina Takase
Reina: Yurika Natsume
Risa: Miki Nomura
Nozomi: Laila Chiba
Lily: Setsuka Akiyama
Laufzeit 102 Minuten
FSK Keine Angabe
Titel im Programm des Obscura Filmfest 2024

Doug Roos war bislang vor allem als Produzent tätig und setzte mit 22 Jahren seinen ersten Feature-Film The Sky Has Fallen um. Das war 2009. 15 Jahre später steht mit Bakemono sein zweiter Film an, den er nicht nur inszeniert, sondern auch geschrieben hat. Nicht zufällig spielt der Film in Tokio; Roos lebt nämlich selbst dort und kann somit eigene Eindrücke verarbeiten. Erzählt werden die Geschichten mehrerer Gäste, welcher einer übernatürlichen Kreatur zum Opfer fallen. Jene Kreatur tötet ihre Opfer nicht nur auf brutale Weise, sondern verwandelt sie in die schlimmsten Versionen ihrer selbst. Um nicht mehr, aber auch nicht weniger geht es in Bakemono. Für dieses Vorhaben bedarf es auch keiner besonderen Erzählform, sodass sich die Struktur als willkürliche Abfolge an Ereignissen erweist. Ein verwirrender Ansatz, der gleichzeitig auch dem Spannungsaufbau dient, da wir oft gar nicht direkt erfahren, ob eine Figur ihrem Untergang entkommen kann oder nicht. Anders als viele J-Horror-Titel wie Ju-On, Ringu, Cure, Pulse (und wie sie alle heißen) verzichtet Bakemono auf einen tiefen geschichtlichen Unterbau.

Hamsterrad Stadt

“Diese Stadt zermürbt dich mit der Zeit. Sie zerfrisst dich, spielt dich gegeneinander aus, isoliert dich und begräbt dich unter Stress” gibt eine Figur in der Mitte des Films zum Besten. Damit ist auch schon das Wichtigste gesagt: Bakemono hat zum Thema, wie sich Menschen in Großstädten in Monster verwandeln. Davon gibt es bei einer Laufzeit von 1 Stunde und 42 Minuten nicht wenig zu sehen. Blutige Tode stehen nämlich an der Tagesordnung und wer nihilistische Gewalt nicht zu schätzen weiß, kann Bakemono direkt abschreiben, denn das ist der Kern des Films. Der große Cast arbeitet sowohl für als auch gegen die Handlung. So wirklich kennen lernen wir niemanden der Gäste. Trotzdem kratzt das Drehbuch an mehreren Themen herum: Geschlechterrollen, die Rolle des Mannes in Japan, der Umgang mit Vergewaltigungen, mentale Gesundheit, Selbstmord. Da die Figuren aus allen Gesellschaftsschichten stammen, gibt es im Grunde viel zu erzählen. Aber wann immer der Wunsch entsteht, mehr zu erfahren, geht es schon wieder mit anderem weiter.

Horror in vier Wänden

Der eigentliche Star sind die Hauptantagonisten, nämlich das Monster (hierfinden sich Anleihen an Clive Barker, H.P. Lovecraft und John Carpenter) und Mitsuo, der Besitzer des BnB. Schade ist, dass es von Tokio selbst vergleichsweise wenig zu sehen gibt. Bis auf ein paar Szenen in Nebenstraßen fängt Bakemono gar nicht viel von dem Treiben ein. Das wird mit Sicherheit auch auf entsprechend fehlende Drehgenehmigungen zurückzuführen sein und trotzdem ist es so, als würde etwas Wichtiges fehlen. Aber eigentlich geht es auch gar nicht um die Geschichten, sondern die Tode, die hier wie am Fließband stattfinden. Roos setzt auf viel Blut in seinen Gewaltszenen und verwendet dafür ausschließlich praktische Effekte anstatt Erzeugnisse aus dem Computer.  Bakemono wird zu einem Härtetest mit Messerstechereien, Schnitten und Körperteilen, die auf die eine oder andere Weise von ihren Besitzern getrennt werden. Generell ist das Bild etwas dunkel geraten, da überwiegend auf künstliches Licht innerhalb des Appartements gesetzt wird. Das passt hingegen aber zu dem ohnehin düsteren und schmuddeligen Look der Kreatur, sodass das Bild oftmals mit seiner Sättigung an Schwarz wie aus einem Guss wirkt.

Fazit

Je nachdem, wie wichtig es ist, eine Verbindung zu den Protagonist:innen herzustellen oder nicht, gewinnt oder verliert Bakemono schon im Vorfeld. Viel zu viele Charaktere und viel zu viele Geschichten werden dem Film zum Verhängnis.  Für so viele Themen wie hier angerissen werden, bleibt zum Erzählen gar kein Platz. Bakemono ist ein klassicher Fall eines Stoffs, der sich in serieller Form viel besser hätte entfalten können. In dieser Form sind die 102 Minuten exorbitant zu lang geraten und die Handlung trotz vieler Figuren wenig abwechslungsreich, da sich die Abläufe wiederholen. Die tollen praktischen Effekte können die erzählerischen Mängel nicht aufwiegen. Ein obskures Projekt, bei dem man entweder tierisch gelangweilt sein kann oder gar gespannt auf den nächsten Tod. Und den übernächsten und den danach … Gorehounds und Zuschauer, die sich zu exzessivem Chaos hingezogen fühlen, sollten trotzdem einen Blick wagen, denn für die könnte es sich um einen Leckerbissen handeln.

© Lost Forever Productions

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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