Westworld (Folge 2×10)

Die letzte Folge von Westworld – The Door beschließt die Staffel mit einem epischen Meet and Greet im Großen Tal und ebnet den Weg für ein Westworld, das niemals mehr so sein wird wie bisher. Die Hosts entscheiden sich für ihren individuellen Weg in die Zukunft – zwischen Leben, Tod, Realität und Fiktion.

Folge 10 „Der Passagier“ bringt alle Zeitlinien zusammen. Maeve gelingt die Flucht und eilt zusammen mit ihrer Squad ins Große Tal, um die Hosts bei ihrer Pilgerreise zu unterstützen. Delos Inc. versucht genau das zu verhindern, indem sie Clementine als „apokalyptischen Reiter“ losschicken, der den Großteil der Hosts in den Wahnsinn treibt. Unterdessen tauchen Bernard und Dolores in die Schmiede ein und treffen dort auf das personifizierte System dahinter: Logan Delos. Uneinig darüber, ob die Schmiede zerstört werden soll, erschießt Bernard letztendlich Dolores – was in diesem Falle aber nicht ihr Ende bedeutet. Weiterhin wird das Geheimnis um Bernard und seine unzuverlässigen Erinnerungen gelüftet, sowie die wahre Natur von Charlotte Hale und Stubbs und … – eine Fortsetzung der Inhaltswiedergabe würde den Rahmen sprengen.

Eden für die Hosts

Das Große Tal, das Ford seinen Hosts versprochen hat, entpuppt sich als eine virtuelle Ebene der Realität. Hier gelten dieselben filmischen Bildverhältnisse wie in der Cradle oder in der Schmiede (schwarze Balken oben und unten). Das Tal wird als Eden beschrieben, unberührt von der Welt der Menschen. Der Eintritt in diese Welt verlangt den Sprung über die Klippe und die Opferung des Körpers. Selbst in einer Welt, in der der Tod für die Hosts in den seltensten Fällen endgültig ist, hat es nahezu grausame Qualität, wenn von dem pastoralen Ausblick auf das Paradies hinüber gewechselt wird zu dem Berg von Leichen, der sich am Fuß der Klippe türmt.

„Maschinen erschaffen Maschinen, das ist ja pervers.“ – C-3PO, Star Wars

Der faszinierende und verwirrende Kreis, den Arnold/Bernard und Dolores beschreiben, stellt nun die intimste Beziehung der Serie dar: Arnold erschafft Dolores, Dolores erschießt Arnold, Dolores erschafft Bernard, Bernard erschießt Dolores, Bernard erschafft Dolores im Körper von Hale, Hale-Dolores erschießt Bernard, Hale-Dolores erschafft neuen Bernard…. holy shit, was für ein Karussell. Westworld bedient sich hier des Konzeptes der technischen Singularität, einer Theorie, die aussagt, dass mit dem Zeitpunkt, an dem sich Maschinen selbst verbessern und reproduzieren können, die Menschheit das Ende der Fahnenstange erreicht hat. Auch wird die Theorie der bikameralen Psyche (bekannt aus Staffel 1) erneut angeschnitten, wenn Bernard erkennt, dass es nicht Ford war, der im Kopf zu ihm sprach, sondern er selbst.

Was passiert mit William?

Nach den End Credits sehen wir William, der via Aufzug in die Räumlichkeiten der Schmiede gelangt. Dort wartet eine Version von Emily auf ihn, die ihn darauf hinweist, dass dies keine Simulation sei (kurz das filmische Bildverhältnis checken – stimmt). Ohne Zweifel aber muss sich diese Szene in einer neuen Zeitlinie befinden, da es sich bei der Schmiede mittlerweile um eine mit Sand befallene Ruine handelt. Es stellt sich heraus, dass William schon seit sehr langer Zeit getestet wird. William erklärt, dass „kein System mir sagen kann, wer ich bin – dass ich eine verdammte Wahl habe.” Emily aber macht klar, dass er darin versagt habe, und sie beginnt die nächste Testrunde, auf der Suche nach „Genauigkeit“. Was das Ganze bedeutet? Man weiß es nicht genau.

Die zweite Staffel von Westworld ist ein wilder Mix. Manchmal brillant und fesselnd und existenziell durchdacht, manchmal irgendwie lahm. Es gibt absolute Höhen (die James Delos-Storyline, die Akecheta-Folge) und auch Tiefen (Maeve liegt drei Episoden lang auf dem Seziertisch rum). In Folge 10 hatte ich kurz das Gefühl, dass die Macher hier nun den epischen Grad überziehen – wie sich das Tor zum Großen Tal geöffnet hat, kam mir dieses Element völlig deplatziert vor und ich sehnte mich nach der „Einfachheit“ der ersten Staffel, die weniger breit gefächert aufgestellt ist und daher stringenter und aussagekräftiger wirkt. Westworld – The Door hat sich so manche Längen heraus genommen, sich dafür aber Woche für Woche den faszinierenden und mutigen Entscheidungen verschrieben, um das Vorhersehbare möglichst zu vermeiden. Nach Folge 10 gibt es viele Enthüllungen zu verarbeiten – bis zur dritten Staffel werden wir also ausreichend beschäftigt sein.

Totman Gehend

Totman ist Musiker, zockt in der Freizeit bevorzugt Indie-Games, Taktik-Shooter oder ganz was anderes und sammelt schöne Bücher. Größtes Laster: Red Bull. Lieblingsplatz im Netz: der 24/7 Music-Stream von Cryo Chamber auf YouTube.

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