Westworld (Folge 3×04)

Bergfest! Mit der vierten Folge „Mutter der Exilanten“ haben wir also die Hälfte von Westworlds dritter Staffel hinter uns gebracht. Die Showrunner Nolan und Joy feiern diesen Moment mit der  Rückkehr eines verloren geglaubten Charakters: William aka die Geißel von Westworld betritt erneut die Bühne. So richtig alle Tassen im Schrank hat er aber nicht mehr. 

William, der Mann in Schwarz, kehrt endlich zurück auf die Mattscheibe. Allerdings in ziemlich mieser Verfassung. Er hockt den lieben langen Tag in seiner herunter gekommenen Villa, schießt wie ein wild gewordener Oppa um sich, stellt die Realitäten in Frage und wird von seiner toten Tochter Emily heimgesucht. Es ist schließlich Hale, die ihn da (augenscheinlich) heraus holt und William dazu überredet, zum Vorstand zurückzukehren – damit sie gemeinsam Seracs Aufkauf-Ambitionen im Keim ersticken können. Caleb und Dolores gehen unterdessen ihren unlauteren Finanzgeschäften nach und überweisen sich von Liam Dempseys Konto mal eben dessen gesamtes Vermögen. Dass er nun also arm und mittellos ist, bemerkt Liam erst auf einer abendlichen Sex ‘n’ Alcohol-Party. Und wenn das nicht schon schlimm genug wäre für so einen fancy Schnösel-Boy, gerät er dort auch noch zwischen die Fronten. Während Caleb und Dolores versuchen Liam zu entführen, um ihn durch einen Host zu ersetzen, versuchen Bernard und Stubbs genau das zu verhindern. Und Maeve? Die macht im Auftrag von Serac einen Ego-Trip ins Yakuza-Viertel – und trifft dort auf unerwartete Bekannte.

Der Mann in Schwarz

William ist also wieder da. Dieser fleischgewordene Terror, der sich in den letzten Staffeln mit Gewalt und Chaos eine Schneise durch Westworld gemetzelt hat auf der Suche nach dem Zentrum des Labyrinths. Und nun sitzt er in seiner abgewrackten Villa und ist Gefangener seines eigenen mentalen Labyrinths. Gramgebeugt, schuldzerfressen, unfähig, die Realität zu erkennen. Und seine hinzu halluzinierte Tochter Emily setzt noch das Sahnehäubchen oben drauf mit der Frage: “Bist du nun frei und böse? Oder bist du schuldlos und hilflos versklavt?” Das ist Williams relevantes Dilemma, seit jeher. Seit er in Staffel 1 seinen Busenfreund Logan Delos aus der Firma gekickt hat, versucht William, dass Delos Inc. an Bedeutung und Wertigkeit gewinnt. Gleichzeitig ist er unfähig sich einzugestehen, dass derselbe Wille auch für den Tod seiner eigenen Frau samt Tochter verantwortlich ist. Erinnert ein bisschen an Shutter Islands denkwürdiges Schlusszitat: “Was wäre schlimmer? Zu leben wie ein Monster, oder als guter Mann zu sterben?”

Serac und Maeve

In seinem Dinner-Gespräch mit Maeve erfahren wir auch ein bisschen mehr über Serac, den reichsten Mann der Welt. Seit er als Kind miterleben musste, wie seine Heimatstadt Paris aufgrund menschlicher Unvernunft dem Erdboden gleich gemacht wurde, setzt er alles daran, damit so etwas nicht noch einmal passiert. Seracs Spiel scheint also so auszusehen, dass er mithilfe von Rehoboam (falls er nicht selber besagte KI ist) jedes einzelne Menschenleben derart vorherbestimmt, damit es nie wieder zu nuklearmäßigen Vollsprengungen von Städten kommen kann. Serac schreibt also quasi Storylines für den Frieden (sowas hätt’s in Westworld nie gegeben). Und um diesen Frieden erzeugen zu können, benötigt er der Bauplan des menschlichen Geistes – jenen Bauplan, der in Westworld kreiert wurde. Doch der Bauplan ist verschwunden und nur Dolores weiß über dessen Verbleib Bescheid. Deswegen muss Maeve ran und Dolores finden. Maeves Weg – auf dem sie wieder ihre Jedi-Mastermind-Fähigkeiten demonstriert –  führt sie ins Yakuza-Viertel und dort trifft sie auf… Musashi, das japanische Äquivalent zu ihrem Hector (bekannt aus Folge 2×05). Musashi produziert mit seinen Yakuza fleißig jene milchige Flüssigkeit, die für die Host-Herstellung benötigt wird (Dolores‘ Klonarmee?). Und die große Überraschung: Musashi ist gar nicht Musashi, sondern – Dolores. Boooom.

Dolores…. Dolores everywhere

Das in Folge 3 entwickelte Mysterium um das Bewusstsein in Hales Körper – und auch alle anderer „Bewusstseins“, die Dolores aus Westworld gerettet hat –  ist also damit gelöst. Bei all diesen geretteten Mitstreitern handelt es sich um Dolores selbst. Boooom².  Selbst ist die Frau, huh? In Anbetracht von Dolores’ Biographie nicht ganz abwegig. Es ist eine nette Abwechslung, dass die Macher ein Mysterium mal nicht ganz so platt treten. Es fühlt sich so an, als würden in Staffel 3 viele kleine Mysterien am Wegesrand aufgebrochen, anstatt, wie in Staffel 2, alles in einer fetten Präsentation am Ende zu verballern. Wir haben jetzt also eine Dolores-Überdosis. Was könnte das für den weiteren Storyverlauf bedeuten? Ist es nicht so, dass jeder Klon andere Personen trifft, andere Erfahrungen macht und andere Herausforderungen meistern muss? Dass er sich also trotz derselben Prämisse anders entwickelt? Es könnte also darauf hinaus laufen, dass eine Dolores sich gegen die anderen stellt. Vielleicht wurde deswegen die  Beziehung von Nathan und Hale betont – weil Hale diejenige welche sein wird. Huiui, das Finale wird also vielleicht nicht auf “Dolores vs. Rehoboam” hinauslaufen, sondern auf “Dolores vs. Dolores”. Eine Frage ist aber noch offen (pff, “eine”…): Wie viele Dolores haben wir denn hier? Dolores, Hale, den Security-Guy, Musashi. Es gibt aber doch fünf gerettete Mitstreiter? Eine Dolores fehlt also noch …

Fazit

Trotz der Action und Enthüllungen, kommt mir die Folge wie ‘ne ziemlich lahme Kiste vor. Es fühlt sich nach Filler an. Ein Filler ist per se nichts schlimmes – Himmel, die beste Folge in Staffel 2 ist ein reiner Filler – trotzdem: Irgendwie treten wir auf der Stelle. Drei Episoden wabert William im Hintergrund herum, und nun, da er endlich wieder live vor einem steht und die ganze Bude abfackeln könnte, wird er von Hale in die Psychiatrie abgeschoben und erst einmal wieder auf Eis gelegt. Egal. Bestes Gimmick in dieser Episode: Dolores wir nun auch von Hiroyuki Sanada gespielt. Das ist quasi Hiroyuki Sanada, wie er Evan Rachel Wood spielt, die Dolores spielt, die wiederum Musashi spielt (diese Mindfuck-Überlegung gilt natürlich auch für Thessa Thompson). Interessant auch die Beobachtung eines Reddit-Users: Musashis Host-Milch-Brennerei trägt den Namen “Itaidoushin Brennerei”. Itaidoushin (異体同心) meint “harmony of mind between people”, oder auch “Konzentrizität” – Kreise, die dasselbe Zentrum teilen. Auf unseren Fall übertragen: Verschiedene Körper, gleicher Geist. Herrlich, all diese Details.

Totman Gehend

Totman ist Musiker, zockt in der Freizeit bevorzugt Indie-Games, Taktik-Shooter oder ganz was anderes und sammelt schöne Bücher. Größtes Laster: Red Bull. Lieblingsplatz im Netz: der 24/7 Music-Stream von Cryo Chamber auf YouTube.

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