Schneemann
Harry Hole heißt die populärste Romanfigur des norwegischen Erfolgsautors Jo Nesbø. Es war nur eine Frage der Zeit bis der Kriminalpolizist sein Leinwanddebüt geben sollte. Mit Michael Fassbender (Steve Jobs) wurde immerhin eine populäre Besetzung gefunden. Dennoch erweist sich die Idee, den siebten Teil einer Buchreihe zu verfilmen, als arge Fehlentscheidung, denn Schneemann ist ebenso belanglos wie seine Hauptfigur.
Zwar handelt es sich bei Harry Hole um einen brillanten Ermittler, doch sein persönliches Laster wiegt zu schwer auf: der Alkohol. Nach einem durchzechten Wochenende erscheint er einige Tage lang nicht auf der Arbeit und auch privat sieht es finster aus. Seine Ehefrau Rakel Fauske (Charlotte Gainsbourg) hat ihn für einen Schönheitschirurgen (Jonas Karlsson) verlassen. Die Flucht in die gemeinsame Arbeit mit der neuen Kollegin Katrine Bratt (Rebecca Ferguson) bringt neue Erkenntnisse über einen Mord Alle Spuren führen zu einem Täter, der einen Schneemann am Schauplatz hinterlässt…
Unsichtbarer Hauptcharakter vor verschneiter Kulisse
Originaltitel | The Snowman |
Jahr | 2017 |
Land | Großbritannien |
Genre | Thriller |
Regisseur | Tomas Alfredson |
Cast | Katrine Bratt: Rebecca Ferguson Harry Hole: Michael Fassbender Edda: Jamie Clayton Arve Støp: J.K. Simmons Rakel: Charlotte Gainsbourg Gert Rafto: Val Kilmer |
Laufzeit | 125 Minuten |
FSK |
Die passenden Schauplätze für einen atmosphärischen Kriminalfall liefert das verschneite Oslo ohne Frage. Tomas Alfredson bewies bereits in So finster die Nacht sein inszenatorisches Händchen. Die im Schnee untergehenden Städte Oslo und Bergen sind irgendwo zwischen zugeschneitem Idyll und dramatischer Eishölle angesiedelt, was zunächst nach einer herausragenden Kulisse aussieht. Allerdings werden die handlungstragenden Orte zunehmend ins Innere verlagert und viel bleibt von der reizvollen Oberfläche nicht. Ganz ähnlich verhält sich das mit den verdächtigten Personen: David Dencik (Verblendung) als sich die Fußnägel lackierender Frauenarzt ist ein Beispiel für eine von mehren Figuren, die als besonders auffällig eingeführt wird, aus denen im Endeffekt jedoch nichts herausgeholt wird. Besonders tragisch ist das im Fall der Hauptfigur, die über Charaktereigenschaften verfügen sollte, doch einfach als gegeben hingenommen werden muss. Das Drehbuch gibt sich hierbei keine Mühe, Harry in irgendeiner Form zu charakterisieren wie es dem Auftakt einer Geschichte gerecht werden würde. Stattdessen werden alle Eckdaten im ersten Drittel abgesteckt und für mehr bleibt kein Raum. Dementsprechend wird Michael Fassbender auch völlig unterfordert. Er geistert den Film über ausdruckslos von einem Schauplatz zum nächsten und allzu viel Leistung verlangt das Drehbuch einfach nicht ab. Für die Rolle eines verlotterten Säufers befindet er sich darüber hinaus in einer sehr guten Verfassung.
Thriller mit Fehlzündung
Gäbe es da wenigstens ein übergeordnetes Handlungsmotiv
In Schneemann kennt das Drehbuch nicht mehr Tiefe als die Figuren, sodass der Zuschauer einen sterilen bis unterkühlten Thriller vorgesetzt bekommt, der einfach nicht an Fahrt gewinnen will. Das ist deswegen besonders schmerzhaft, da die Komponenten geradezu nach Kalkül aussehen: Es ist alles vorhanden, um einen spannenden Film zu erzählen, doch weder (Krimi-)Atmosphäre noch Tempo können angesichts der Minusgrade hinter dem Ofen hervorgelockt werden. Man mag denken, dass die Schneemassen für den nötigen Nebel sorgen, eine dichte Erzählung zu stricken, doch das Handlungsgerüst ist so schnell geschmolzen wie der titelgebende Schneemann bei den ersten Sonnenstrahlen.
Ich bin gerade sehr froh, dass ich es doch nicht ins Kino schaffe. Es ist schon ärgerlich, dass wieder einmal bei einer Buchumsetzung so wenig vom Buch noch drin ist. Dabei ist gerade der 7. Band der Reihe sehr beliebt. Das Michael Fassbender unterfordert ist, finde ich richtig schade. Ihn konnte ich mir im Vorfeld so gut als Harry Hole vorstellen, wenn man ihn so wie ihm Buch gelassen hätte. Irgendwann schau ich mir den Film noch an, aber das Geld für die Kinokarte spare ich mir.
Ich war ja echt neugierig nach dem Artikel zum Roman. Aber ich muss hier klar sagen: Verpasst du nichts. Der Film ist eine einzige Geduldprobe. Ich schätze, dass Harry Hole kein weiteres Mal filmischen Fuß fassen wird…