Wolf Creek (Staffel 1)

Filmstoffe in einem Serienformat weiterzuerzählen, ist längst eine bewährte Methode, um Franchises auf- und auszubauen. Mit Wolf Creek gelang dem Australier Greg McLean 2005 ein Überraschungserfolg. Der australische Outback-Slasher war nicht nur sein Regie-Debüt, sondern bescherte ihm auch international Aufmerksamkeit, da sein Film binnen kurzer Zeit zum Kultklassiker avancierte. Nach einem zweiten Teil, der mit noch mehr Budget und noch mehr Brutalität aufwartete, ging der Stoff 2016 in Serie, die ihren Weg zwei Jahre später via Polyband nach Deutschland fand. Wieder in der Hauptrolle: John Jarratt als Mick Taylor. Die beiden Filme sind keine Voraussetzung, um die Serie anzusehen.

Die 19-jährige Eve (Lucy Fry) ist mit ihren Eltern und ihrem Bruder aus den USA nach Australien gereist, wo die Familie einen entspannten Urlaub mit dem Wohnmobil verbringen möchte. Als die Familie an einem Gewässer auf ein Krokodil trifft, hilft ihnen der Wildjäger John Taylor. Zum Dank lädt die Familie ihn zum abendlichen Beisammensein ein. Aus dem Nichts schlitzt Mick dem Familienvater die Kehle auf und tötet kurz darauf Eves Mutter und Bruder. Mit viel Glück überlebt Eve den Angriff und fällt in den Fluss. Als sie wieder zu sich kommt, befindet sie sich in der Obhut des Polizisten Sullivan Hill (Dustin Clare) und hat nur noch ein Ziel vor Augen: Rache.

Von der Gejagten zur Jägerin

Originaltitel Wolf Creek
Jahr 2016
Land Australien
Episoden 6
Genre Drama, Horror
Cast Eve Thorogood: Lucy Fry
Sullivan Hill: Dustin Clare
Bernadette O’Dell: Deborah Mailman
Ingrid Thorogood: Maya Strange
Inspector Darwin: Damian De Montemas
Fatima Johnson: Miranda Tapsell
Kevin Small: Matt Levett

Die sechsteilige Serie Wolf Creek wurde für den australischen Streaming-Anbieter STAN produziert und rückt drei Personen in den Fokus: Neben Slasher-Ikone Mick Taylor sind das Eve und Sullivan. Während Taylor erwartungsgemäß weiter mordet und dabei schräge Sprüche klopft, dient Eve dem Zuschauer als Identifikationsfigur. Im Laufe der kurzen Serie darf sie eine minimale Entwicklung erfahren, die zwar nicht sonderlich glaubhaft ist, aber stimmungsvoll ihren Weg vom Opfer zur Verfechterin der Selbstjustiz begleitet. Sullivan bleibt zunächst im Hintergrund, steigert seine Präsenz jedoch in den weiteren Folgen. Die Bewältigung von Eves Trauma ist der rote Faden, der sich durch die Episoden zieht. Die einzelnen Episoden tragen übrigens jeweils den Namen ihres Schauplatzes. Eve bleibt nicht an einem Fleck, sondern kommt herum. Dabei trifft sie auf die unterschiedlichsten Figuren, wie etwa eine Bikergang oder eine Truckerin, zu denen sie jeweils eine Bindung aufbaut. Während sie nach Informationen zu Mick sucht, betreibt dieser gleichzeitig dasselbe Spiel und befragt andere nach Eve. So entsteht ein Katz- und Mausspiel zwischen den beiden, welches in den späteren Episoden auf Augenhöhe stattfindet.

Charakterfokus anstelle von Gewalteskapaden

Obwohl die Serie bereits für eine kurze Spieldauer angelegt ist (wobei: 290 Minuten könnten auch als zwei Filme in Extended Version ausgelegt werden), eröffnet sie neben der Haupthandlung weitere Erzählstränge, wie etwa Sullivans Beziehung. Dadurch verliert sich die Spannung außerhalb der Hetzjagd und für ein Vorankommen der Handlung sind die Nebengeschichten selten von Relevanz. Eher geht es darum, die Welt um Wolf Creek herum zum Leben zu erwecken. Nach dem blutigen Auftakt stehen Horror- und Slashermomente jedoch erst einmal hinten an. Traumabedingt schifft die Serie längere Zeit im Drama-Genre herum, um dann langsam wieder Fahrt aufzunehmen. Eve wird nämlich auch von einem schlechten Gewissen geplagt und macht sich Selbstvorwürfe. In den USA war sie ein hoffnungsvolles Leichtathlethik-Talent, bis sie nach einer Verletzung medikamentensüchtig wurde. So kam der Australien-Trip der Familie überhaupt zustande, der Eve beim Regenerieren helfen sollte. Ihren Racheplänen stehen selbstverständlich die polizeilichen Ermittlungen im Wege, weshalb Eve es gleich doppelt so schwer hat und umso bedachter agieren muss. Erfreulicherweise ist sie nicht mit einem Übermaß an Intelligenz ausgestattet und agiert weitgehend glaubhaft.

Hotspot Australien

Das australische Hinterland wird einmal mehr als rauer Ort portraitiert, an dem seine eigenen Gesetze walten. Besonders als junge Frau hat Eve es umso schwerer, dort zu bestehen. Neben Wildtieren, Fallen und Hitze sind auch Männergangs eine Gefahr für sie – oftmals wird mit diesem menschlichen Abschaum auch mehr Screentime verbracht als mit Mick Taylor. Ganz zur Enttäuschung der Fans, die ihn stellvertretend für Wolf Creek sehen. Als Zuschauer kann Micks Abwesenheit aber auch willkommen sein, da sein knurrend-grunzend Gebaren mitsamt aufgesetzter Nettigkeit schnell zu viel wird. Eine Wiedergutmachung dürfte sein, dass es erstmals Einblicke in die Vergangenheit der Figur des Mick Taylor gibt. So erfährt der Zuschauer etwa, dass Mick und seine Schwester in ihrer Kindheit vom eigenen Vater geschlagen wurden und Mick schon früh mit Gewalt konfrontiert wurde. Ob jeder Killer ein Tatmotiv benötigt, sei an dieser Stelle einmal dahingestellt. Das bislang als Schauplatz von Horrorserien noch nicht ausgereizte Australien bietet eine prächtige Kulisse. Der Cinematographer Geoffrey Hall fängt die Pracht der gut gewählten Locations in schön anzusehende Bilder ein. Auch kommt die Serie erfreulicherweise ohne CGI-Einsatz aus (Stichwort “Schafe” in Wolf Creek 2).

Horror-Fans werden sich von Wolf Creek vor den Kopf gestoßen fühlen. Anders als die Filme schlägt die Serie eine ganz andere Richtung ein und präsentiert sich als Road Movie eines Mädchens, das in kurzer Zeit eine immense persönliche Entwicklung durchläuft. Das alles findet eben statt im Rahmen von Mick Taylors Menschenjagd, doch davon gibt es nach der ersten Episode kaum noch etwas zu sehen. Wer sich daran nicht stört, kann durchaus Freude daran empfinden, Eve dabei zuzusehen, wie sie über sich hinauswächst. Doch genau das ist das Problem: Eine als Wolf Creek gelabelte Serie schreckt bereits potenzielle Zuschauer ab, die wenig Liebe für Slasher aufbringen, während von den Filmen verwöhnte Fans hier nur ein Wolf Creek auf Sparflamme erleben dürfen. Nach Folge 3 ist auch erzählerisch die Luft ersteinmal raus und erst im Finale rafft sich die Serie wieder auf.

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Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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