Revenge

Wenn eine Serie einen solch zugkräftigen Namen trägt wie es in Revenge der Fall ist, klingt das nach einem Versprechen, dem Taten folgen müssen. Der US-Sender ABC hatte ein solch großes Vertrauen in das Drehbuch, dass noch während der laufenden ersten Staffel weitere Episoden bestellt wurden. Was wie eine typische Gossip-Serie in der High Society beginnt, entwickelt sich von Folge zu Folge zu einem intensiven Rache-Plot, der mit seinen vielen Haken und Wendungen den Zuschauer auch über die Staffeln hinweg bei Laune zu halten weiß. Auch während seiner US-Ausstrahlung konnte Revenge lange Zeit überzeugen – bis schließlich die Hiobsbotschaft die Zuschauer ereilte, dass die Serie inmitten ihrer vierten Staffel ein Ende finden sollte. Das sorgte dafür, dass kurzfristig umgeplant werden musste, um die Serie zu einem schlüssigen Ende zu bringen, von dem sich deutsche Zuschauer dank zeitnaher Ausstrahlung auf VOX ein Bild machen konnten.

Amanda Clarke (Emily VanCamp, Captain America: The Winter Soldier) kehrt in den Ort ihrer Kindheit in den Hamptons zurück. Mit ihrer neuen Identität als Emily Thorne nistet sie sich in der High Society ein, um auf Rache zu sinnen. Denn einst machte das einflussreiche Ehepaar Victoria (Madeleine Stowe, Twelve Monkeys) und Conrad Grayson (Henry Czerny, Prayers for Bobby) Amandas Vater für ein Verbrechen verantwortlich, welches das Ehepaar selbst beging. Das hatte zur Folge, dass Amanda in ein Pflegeheim abgeschoben wurde, da ihr Vater ins Gefängnis kam. Nachdem dieser nun gestorben ist, will Amanda die Hintermänner des Komplotts aufspüren und vernichten – um jeden Preis. Als Emily ist sie nicht alleine: Im Hintergrund erhält sie Unterstützung durch den Technologieunternehmer Nolan Ross (Gabriel Mann, Die Bourne Identität), der eine alte Schuld begleicht, durch die Emily auf einen Schlag so reich wird, dass sie sich ein neues Leben in den Hamptons aufbauen kann. Mit einem ausgeklügelten Racheplan in der Tasche, macht sie sich auf, um individuelle Strafen zu verteilen: Ob öffentliche Bloßstellung, Verstoß aus der Gesellschaft oder der Tod selbst, sie kennt keine Gnade.

Die Gräfin von Monte Christo

Originaltitel Revenge
Jahr 2011 – 2015
Land USA
Episoden 89 (in 4 Staffeln)
Genre Thriller, Drama
Cast Emily Thorne (Amanda Clarke): Emily VanCamp
Victoria Grayson: Madeleine Stowe
Nolan Ross: Gabriel Mann
Conrad Grayson: Henry Czerny
Ashley Davenport: Ashley Madekwe
Jack Porter: Nick Wechsler
Daniel Grayson: Joshua Bowman
Charlotte Grayson: Christa B. Allen
Declan Porter: Connor Paolo
Aiden Mathis: Barry Sloane

Revenge folgt in seinen Grundzügen dem Roman Der Graf von Monte Christo von Alexandre Dumas, einem Literaturklassiker des 19. Jahrhunderts. Das literarische Werk beschreibt den tiefen Sturz eines Menschen, der aus seiner Glückseligkeit gerissen wird. In diesem Elend wird neue Kraft gewonnen, um schließlich Rache an den Verursachern des Übels zu nehmen. Unter dieser Prämisse startet auch Revenge, welches ein paar Episoden benötigt, um zu offenbaren, welch komplexer Plan hinter Emilys Vorhaben steckt. An der Stelle ist besonders die gelungene erste Staffel hervorzuheben, in welcher die Drehbuchautoren immer wieder beweisen, wie gut sie aufzustapeln wissen. Der dramatische Impact ist immer gegeben.

Deus ex Machina als Guilty Pleasure

Den Anspruch an eine logische Handlung muss man früher oder später wohl oder übel abgeben. Ähnlich wie in Pretty Little Liars kränkelt die Handlung an vielen Zufällen und glücklichen Wendungen, welche Emily immer wieder begünstigen. Hinzu kommt, dass ihre Figur nahezu alle Defizite ausgleichen kann: Ihr steht unbegrenzt Geld zur Verfügung, sie hat mit Nolan einen Profihacker hinter sich und auch körperlich ist sie niemandem unterlegen. Kurzum: Emily besitzt außer ihrer Emotionalität kaum Schwachstellen. Das wird im Laufe der Serie zwar aufgelockert, dafür wird das Storykonstrukt mit vielen anderen Kleinigkeiten belastet: Jede Figur hat immer eine Kamera zu Hand, wenn es gerade etwas aufzudecken gibt und ohnehin überwacht jeder jeden, sodass die wirklich interessante Frage stets ist, wer mehr weiß als der andere. Diese Regeln stellt die Serie schon in Staffel 1 auf und man tut sich am besten daran, fehlende Bodenständigkeit einfach zu akzeptieren.

Intrigen und Manipulationen: Willkommen auf dem Schachbrett

Worin Revenge neben seinem kontinuierlichen Spannungsaufbau glänzt, ist der Cast. Neben ihrem inhaltlichen Katz-und-Maus-Spiel sind Emily VanCamp und Madeleine Stowe zwei Schauspielerinnen, die sich auf Augenhöhe begegnen. Während VanCamp das perfekte Pokerface besitzt, um davon abzulenken, wie gerissen und hinterhältig ihre Figur eigentlich ist, strahlt Stowe alles aus, was jede intrigante Serienfigur haben muss: Einfluss, Macht und immer ein überlegenes Lächeln auf den Lippen. Victoria ist eine regelrecht hassenswerte Person, die es einem vereinfacht, mit Emily mitzufiebern. Die beiden liefern sich ein fesselndes Psycho-Duell, das von Staffel zu Staffel drastischere Formen annimmt. Dabei sind die Opfer meist andere Personen. Die Serie wirft dem Zuschauer so manchen emotionalen Figurentod entgegen, karrt gleichzeitig aber mit jeder Staffel neue Figuren heran. Das Beziehungsnetz lebt und wie auf einem Schachbrett wechseln die Figuren ihre Positionen regelmäßig, um ihre Gegner zu schlagen. Jeder Tod verändert die Gesamtsituation und erfahrungsgemäß lässt sich auch kein Schachspiel gewinnen, indem dem Gegner das Brett unter den Füßen weggezogen wird.

89 Episoden voller Rache, funktioniert das?

Bei einer Gesamtlaufzeit von vier Jahren schleichen sich wie bei so vielen Serien Inkonsistenzen hinsichtlich der Stringenz ein, die kaum zu umgehen sind. Leider macht sich insbesondere in Staffel 4 auch der eine oder andere Stilbruch bemerkbar. Beispielsweise werden in den ersten Staffeln regelmäßig zu Beginn und Ende Lebensweisen in Form eines Voice Over von Emily eingesprochen, welche immer in Zusammenhang mit der Handlung stehen. Diese gehen ebenso verloren wie der zeitliche Kontext, den Revenge vor allem in Staffel 1 häufig nutzt, um den Zuschauer mit Flashbacks bestimmte Situationen zu erklären. Das macht sich nur dann bemerkbar, wenn die Serie im Gesamtkontext betrachtet wird. Dann fällt allerdings auch auf, dass vor allem das Verhältnis zwischen Emily und Victoria zahlreichen Schwankungen unterworfen ist, deren Analyse sicherlich ein unstimmiges Ergebnis hervorbringen würde. Hat man sich allerdings auf die Spielregeln der Serie eingelassen, sind diese Punkte zu verschmerzen. Denn Revenge besitzt auch den Mut, seine eigenen Grenzen auszuloten und Figuren ganz unerwartet zu entsorgen. Sicher ist hier niemand vor dem Tod und so bleibt es unter Garantie durchgehend spannend.

Fazit

Revenge macht es dem Zuschauer in gewisser Weise leicht: Während der ersten Episoden wird man bereits merken, ob einem das Beziehungskuddelmuddel und Intrigengeflecht zusagt oder nicht. Denn das ändert sich auch in 89 Folgen nicht grundlegend – obwohl die Produktion in allen Bereichen immer extremer wird und so einige “das haben sie jetzt nicht getan!”-Momente entstehen. Die Serie besitzt ein außergewöhnlich starkes Protagonisten-Antagonisten-Gespann, wie man es sonst vergeblich sucht. Dem Sog, der durch den hohen Psychologie-Anteil im Krieg beider Frauen entsteht, kann man sich nur schwer entziehen. Ich habe die Serie extrem durchgesuchtet, was vor allem an der Hauptfigur Emily liegt. Sie besitzt ein enormes Maß an Empathie und verbindet das mit viel Kalkül, um ihren Interessen zu folgen. Den Rest erledigen die inszenatorischen Raffinessen, die mit dramatischen Momenten und Symbolik arbeiten. Wer auch nur annähernd die Puste mitbringt, sich auf ein umfangreiches Intrigennetz mit komplexen Charakteren und einer vier Staffeln starken Geschichte einzulassen, findet in Revenge einen Goldtopf.

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Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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