Love Hotel Princess

Manche Geheimnisse kehrt man gerne unter den Tisch. Doch ein Love Hotel, das aussieht wie ein Schloss und von der eigenen Mutter betrieben wird, lässt sich nicht so einfach verheimlichen. Ob und wie lange Hauptcharakter Leila Watanuki es hinbekommt, das Geheimnis zu bewahren, könnt ihr in Ema Toyamas (xx me!) Love Hotel Princess nachlesen. Jedoch warnen wir vor: Hier gibt es einige nackte Tatsachen, schweißtreibende Probleme und einen großen Spritzer Liebe oben drauf. Neugierig geworden?

    

Leila Watanuki ist eine Schönheit, Jahrgangsbeste und Schülersprecherin. Ihr blütenweißer Charakter hat jedoch einen ziemlich großen dunklen Fleck: Sie wohnt in einem Love Hotel. Seit sie klein ist, betreiben ihre Eltern eines, das aussieht wie ein Schloss. Während sie es früher richtig toll fand, schämt sie sich heute dafür. Daher verkleidet sie sich auf dem Nachhauseweg und hat ihren Freunden auf der Oberschule nichts davon erzählt. Unter keinen Umständen darf dieser Fakt öffentlich werden, denn das würde ihr an ihrer Schule alles verderben, wofür sie lange und hart gearbeitet hat. Leilas kompliziertes Leben wird von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt. Für den Posten des neuen Kassenwarts wird der gutaussehende Sunnyboy Owaru Sangatsu gewählt. Dieser bekommt noch am gleichen Tag heraus, wo die Schülersprecherin wohnt. Mit einem Erpresserfoto zwingt er Leila dazu, dass er ab sofort im Love Hotel wohnen darf. Da sie keine andere Wahl hat, bekommt er ein Zimmer. Während sie ihn bittet, das alles geheim zu halten, erfährt Sangatsu von einem weiteren Problem: Leila hat ein Trauma was die Zweisamkeit von Mann und Frau angeht, weswegen sie bei jeder noch so kleinen Berührung vom anderen Geschlecht heftige Schweißausbrüche erleidet. Eine weiter Peinlichkeit, für die sich Leila in Grund und Boden schämt und die Sangatsu ein weiteres Druckmittel in die Hand spielt.

Schauplatz mit Diskretion

Ein Love Hotel als Handlungsort auszusuchen, ist eine gewagte Wahl von Ema Toyama. Zwar sind diese Etablissements aus der japanischen Kultur nicht mehr wegzudenken, trotzdem gehören sie noch immer nicht zum öffentlichen Gesprächsthema. Mit Leila und ihrer Mutter bekommt der Leser hier einen liebenswerten lustigen Blick hinter die Kulissen. So zum Beispiel Sangatsus SM-Zimmer mit einem Bett mit angebrachter Rutsche, die der Gast dazu benutzt, um sich im Bodyattackmodus (!) auf den Partner zu stürzen. Da Leilas Vater nach einem Besorgungsgang wie vom Erdboden verschwunden ist, leitet ihre Mutter das Hotel alleine. Sie ist dabei heillos überfordert und am Rande eines Burn-Outs. Wer würde da nicht mit Hand anlegen? Leila tut dies und zeigt dabei, dass sie nicht Miss Perfect ist, denn sie schämt sich ungemein. Immerhin könnte jeder Fehler den Ruf des Hotels schädigen oder einen ihrer peinlichen Schweißausbrüche verursachen. Es überrascht nicht, dass dieser Figur schnell Mitgefühl entgegengebracht wird. Daher ist es ärgerlich, dass Sangatsu Leilas Lage so schamlos ausnutzt. Jedoch heißt es nicht umsonst: Gleich und Gleich gesellt sich gerne.

Der Trouble-Maker

Leila mit ihren Geheimnissen zu erpressen, ist keine feine Art. Doch schon beim Anblick des eigenen Zimmers im Love Hotel wird dem Leser klar, dass auch Sangatsu so seine Probleme hat. Wieso sonst sollte sich ein normaler Junge aus gutem Hause in einem Love Hotel einnisten? Im Laufe der Reihe wird immer klarer, welche familiären Probleme diese Figur hat. Jedoch rechtfertigt das nicht unbedingt das fiese Verhalten am Anfang. Sangatsu fängt an der Schule an, Leila an die Wäsche zu gehen, um ihre Schwachstelle anzukurbeln oder bringt andere Dinge aus dem Gleichgewicht, womit nun auch dieser Ort der Ruhe und Entspannung zum Stressherd mutiert. Trotz allem ist Sangatsu ein Charakter, den der Leser nicht hassen kann, da er sein Fehlverhalten schnell einsieht und sich bessert. Wie so oft nähern sich die beiden Protagonisten an und können so ihre Probleme nach und nach aus dem Weg schaffen.

Love is in the Air

Schon nach wenigen Seiten sollte klar sein, dass die Liebe dabei eine große Rolle spielt. Denn es knistert ordentlich zwischen den beiden Hauptakteuren. Zum Glück dauert es auch nicht bis zum letzten Band, bis den beiden Figuren klar ist, was sie am anderen haben. Die magischen Worte „Ich liebe dich“ folgen zum Beispiel schon im vorletzten Band, nachdem sogar ein Heiratsantrag vorangegangen ist.  Intime Szenen zwischen den beiden hat die Autorin hier mit viel Geschick eingeflochten. Unter anderem auch das Thema Sex und das damit verbundene erste Mal. Die Gefühlswechsel sind hier verständlich und passend zu Papier gebracht. Immerhin müssen bis zum Happy End schwere Traumata überwunden werden. Dabei ist nicht nur Leila gemeint, denn auch Sangatsu hat etwas erlebt, was ihn daran hindert, enge Bindungen einzugehen.

Wer da alles stört

Originaltitel Watanuki-san ni wa boku ga tarinai
Jahr 2014
Bände 6
Genre Egmont Manga (2016 – 2018)
Autor Ema Toyama
Verlag Romantik, Comedy

Dass die beiden nicht früher zueinander finden, liegt auch daran, dass ihnen die obligatorischen Stolpersteine in den Weg gelegt werden; so erscheinen die Nebenbuhler schneller als gewünscht. Dabei ist Sangatsus Verlobte Orihime hart an der Grenze des Erträglichen. Im Schlepptau bringt sie ihren Bruder Hoshihiko mit, der Leilas schweißiges Problem schneller herausbekommt als es allen lieb ist. Auch der Vizeschulsprecher Rikka hat mehrere Wörtchen mitzureden, schließlich kennt er die Schülersprecherin von allen am längsten. Während der Leser gerade bei ihm von den Standardaktionen ausgeht, überrascht Love Hotel Princess im Finale: Dort platzt nämlich die Bombe, denn es stellt sich heraus, dass Rikka schwul ist. Das erklärt wiederum, warum Leila bei seinen Berührungen keine Probleme hat.

Auf den letzten Metern…

Während die Geschichte bis zum letzten Band ein angenehmes Tempo an den Tag legt, wird einem auf den letzten paar Metern eine Wendung nach der anderen an den Kopf gehauen. Leider kann nicht alles davon überzeugen. Wie nicht anders zu erwarten, gibt es eine Auflösung um Leilas Vater, die lustig sein soll, aber eher absurd wirkt, denn der gute Mann erlitt einen Unfall und leidet seitdem unter Amnesie. Nur der Geschmack der Carbonara seiner Frau weckt seine Erinnerungen. Klingt komisch, ist aber leider so.  Schafft es wenigstens Leila, ihren Wohnort vor den anderen geheim zu halten? Natürlich nicht, doch wie nicht anders zu erwarten, halten ihre Freunde zu ihr. Damit steht dem kompletten Happy End nicht mehr viel im Weg. So endet die Reihe mit dem, was Fans sich schlicht wünschen: Leila und Sangatsu verbringen ihre erste gemeinsame Nacht und am nächsten Morgen folgt der Verlobungsring an ihrer Hand. Ein schöneres Ende konnte es bei der Reihe einfach nicht geben!

Gewohnte Zeichenkunst

Wie schon in Ema Toyamas anderen Werken präsentiert sich Love Hotel Princess in gewohnter Shoujo-Manier: gutaussehende Figuren, niedliche Dinge und große Panels, wenn die Gefühle besonders am Überlaufen sind. Jedoch wissen diese zu gefallen, da alles miteinander harmoniert. Außerdem gibt es ausgearbeitete Hintergründe, eine gut bedachte Seitenaufteilung und einen ansehnlichen Einsatz von Rasterfolie. Alles Dinge, die bei Genrevertretern nicht immer der Fall sind. Zu gefallen wissen auch die Farbseiten, die mit passenden Motiven daherkommen. Leider gibt es ein paar kleine Dinge zu bemängeln: So hat sich die Augenfarbe von Sangatsu von gold, über türkis zu blau verändert. Auch Leilas Design verändert sich leicht, was dazu führt, dass sie von der Heldin aus xx me! weniger zu unterscheiden ist. Der ersten Auflage des ersten Bandes lagen süße „Match Me“-Karten bei. Auch sonst spendierte Egmont Manga der Reihe schicke Farbseiten und auch eine Postkarte in Band 4.

Band 1 hat sich eine Freundin gekauft und mir dann in die Hand gedrückt mit dem Satz “Der Band ist abstrus!”. Nach dem Konsum konnte ich ihr da nur beipflichten. Doch ich fand das Ganze sehr unterhaltsam und wollte wissen, wie es weitergeht. Ich sollte nicht bereuen, dass ich der Freundin den ersten Band abgekauft habe. Leila ist ein sehr sympathisches Mädchen, dem ich von Anfang an die Daumen gedrückt habe, dass sie ihre Probleme in den Griff bekommt. Gleiches Spiel bei unserem Sunnyboy Sangatsu. Dieser lernt recht schnell zu seinen wahren Gefühlen zu stehen und dabei sein Pokerface abzulegen. Was ihn gleich viel liebenswerter macht! Die Beziehung der beiden verläuft wirklich sehr angenehm und ich hab mich oft gefreut, dass es dabei gleichermaßen um Gefühle und körperliche Bedürfnisse ging. Gerade letzteres wird sehr oft in den braven, romantischen Geschichten unter den Tisch gekehrt. Daher ist Love Hotel Princess einfach erfrischend. Alleine das Setting mit dem Love Hotel hatte ich so noch in keiner anderen Geschichte. Zu lachen gibt es eine Unmenge, wobei einiges wirklich sehr absurd ist. Alleine Leilas Schweißausbrüche, die den Niagarafällen Konkurrenz machen, sind seltsam. Die Pfütze auf dem ersten Cover zum Beispiel: Wer hat da nicht erst einmal an etwas anderes gedacht? Einzig das Finale bekommt Punktabzüge, da mir einige Wendungen hier zu schnell gehen. Bei all dem Trubel der gerade herrscht, ist es für mich zu viel des Guten, dass der Vater plötzlich auftaucht. Dafür finde ich es genial, dass Rikka schwul ist. Damit habe ich wirklich nicht gerechnet und sehe nun auch einige Szenen in einem anderen Licht. Die Zeichnungen von Ema Toyama gefallen mir gut und mit diesem Titel steht nun auch eine Reihe von ihr in meinem Regal.

Aki

Aki verdient ihre Brötchen als Concierge in einem großen Wissenstempel. Nie verlässt sie das Haus ohne Mütze, Kamera oder Lesestoff. Bei ihren Streifzügen durch die komplette Medienlandschaft ziehen sie besonders historische Geschichten an. Den Titel Sherlock Holmes verdiente sie sich in ihrem Freundeskreis, da keine Storywendung vor ihr sicher ist. Dem Zyklus des Dunklen Turms ist sie verfallen. So sehr, dass sie nicht nur seit Jahren jeden winzig kleinen Fetzen zusammensammelt. Nein, sie hat auch das Ziel, alles von Stephen King zu lesen.

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