Doom Eternal: The Ancient Gods Part 1

‘Niemals aufgeben!’ ist ein großartiges Motto. Bis die dämonischen Horden es ebenfalls auf ihre vermutlich fleischig-tentakeligen Motivationsposter packen. Anstatt sich auf den flammenhäutigen Rücken zu drehen und brav die Niederlage gegen den Protagonisten von Doom Eternal, den Doomtagonisten, einzugestehen, verlangen sie lautstark nach einer Verlängerung. Pflichtbewusst griffen die Kultisten … äh Entwickler von id Software unter Anleitung von Zeremonienmeister Publisher Bethesda wieder zu Rabenblut und Beschwörerkreide, um den teuflischen Truppen im ersten Stand-Alone-Kampagnen-DLC Doom Eternal: The Ancient Gods Part 1 eine zweite Chance zu geben. Und gleichzeitig dem Spieler aka dem akkurat betitelten ‘Doomslayer’ die Möglichkeit zu geben, seine überlegene Feuerkraft, Geschick und Kettensägenschnitttechnik unter Beweis zu stellen. Im Oktober 2020 wurden die Dämonen von der Kette gelassen und, wer hätte es gedacht, es war (mal wieder) ein Höllentrip.

Doom Eternal: The Ancient Gods Part 1 schließt bezüglich der Handlung direkt an das Hauptspiel an, wer also vollkommen unbefleckt in das Dämonengemetzel des Hauptspiels noch Einzug halten möchte, sollte den Abschnitt mit geschlossenen Augen weiterlesen. Der ein oder andere mag sarkastisch schnaubend in Zusammenhang mit der Doom-Reihe eine Spoiler-Warnung zu sehen, aber faktisch lehnt sich Doom Eternal stärker als seine ‘Dämonen da! Doof! Töte!’-Vorgänger in den Aufbau einer gewissen Mythologie oder zumindest wird es versucht. Letztlich werden auch im DLC einiges an mal mehr, mal weniger bedrohlichen Lore-Begriffen durch die Gegend geworfen, während man sich durch eine ganze Armada an Fleischklopsen mit Kanonenarmen sowie fliegenden Augenmäulern (don’t question it) prügelt. Entsprechend ist man oftmals nur zu einem ‘Aha’-Nicken instande. Wie dem auch sei: Nachdem der Doomtagonist im Vorgänger die Khan Maykr (Quasi-Anführerin von durchtriebenen roboter-gesichtigen Kampfengeln) mit seinen überlegenen Diplomatie-Fähigkeiten zur Aufgabe gebracht und dabei das Ikon der Sünde sowohl befreit als auch entbeint hat, stehen die Türen des Himmels offener als ein Supermarkt am Black Friday. Das ist wiederum recht passend, denn die Dämonen tummeln sich nun dort in ähnlich ungezwungener Art wie eine Meute Shopaholics mit zu dicken Portmonees, mit dem Unterschied, dass letztere nicht in der Lage sind, nun etliche andere Dimensionen zu bedrohen. Mit seinem überlegenen Charisma, Großmut und Willen zum Kompromiss versucht der Doomtagonist nun, die Lage in den Griff zu kriegen.

 

Wer rastet, der wird zu blutigen Stückchen zerfetzt

Originaltitel Doom Eternal: The Ancient Gods Part 1
Jahr 2020
Plattform PC, PlayStation 4, Xbox One, Google Stadia
Genre Ego-Shooter
Entwickler id Software
Publisher Bethesda
Spieler 1+
USK
Veröffentlichung: 20. Oktober 2020

Und dabei dauert es keine Sekunde, bis man in das erste riesige Gefecht gegen die mäßig gastfreundlichen Invasoren geschickt wird. Eingewöhnungsphase oder Schonfrist stehen bei den Dämonen auf derselben Seite wie ‘Verhandlungsbereitschaft’ und ‘veganer Lebenswandel’. Von Anfang bis Ende fahren sie ihr gesamtes, teilweise sogar aufgestocktes Arsenal des Hauptspiels auf – im einzelnen dazu gleich mehr – und lassen dem Doomslayer keine einzige arbeitslose Sekunde. Der schwer gerüstete Supersoldat sieht allerdings ebenfalls nicht ein, auf ein Stückchen Klimbim zu verzichten und stürmt direkt mit voller Bewaffnung in die höllische Bratpfanne. Rüstungsgenerierender Flammenwerfer, Munitionspinata-öffnende Kettensäge, definitiv nicht akkurat betitelte Mini-Gun, Schrotflinte Junior und Senior, alles ist an Ort und Stelle. Die Ausrüstung wird vollständig übernommen und will auch in ihrem vollen Umfang genutzt werden. Wer aufgrund kurzer Pause über Sinn und Zweck eines Knopfes sinnieren muss, dürfte sogleich seinen Kopf flatternd durch die Lüfte segeln sehen. Doom Eternal: The Ancient Gods Part 1 knüpft hier auch in Blick auf Gameplay direkt an, die stetig ansteigende Challenge-Kurve des Hauptspiels wirft die Arme in die Luft, brüllt ‘Was soll’s’ und drückt für die drei Großmissionen umfassende Kampagne auf den ‘Crazy-Turbo-Booster’.

Alte und neue Feinde

Zu dieser gesteigerten Herausforderung tragen unter anderem sowohl neue Gegnertypen als auch teilweise die Level selbst bei. Speziell den zweiten Abschnitt, der den Doomtagonisten mit einem Tritt in den Sumpf befördert, ist dem Schreiber dieser Zeilen besonders ans Herz gewachsen. Explodierende Giftpflanzen an jeder Ecke, als hätte eine verrückter Wissenschaftler eine Umschulung zum Landschaftsgärtner gemacht, bräunliche-graue Nebelsuppen, in der man die Hand und auch nicht den klauenbewehrten Dämonententakel vor Augen sieht sowie das generelle Gefühl, als ob wirklich jedes Flecken Erde einen an die Kehle springen möchte. Ein wahrhafter Test für die Bissfestigkeit von Controllern. Wie erwähnt bleibt es aber nicht dabei, denn die Dämonen haben auch ihre letzten Reserven aktiviert. Neben Augenlasertürmen und Big-Mama-Tentakeln, die zur wirklich groß angelegten Ohrfeige ausholen für all das Schindluder, was man mit ihren Sprößlingen getrieben hat, gibt es noch die sogenannten ‘Spirits’. Das blau-wabernde Gespenst hat keinerlei nennenswerte Bewaffnung, wer aber schon mit dem Finger zeigt und zu lachen beginnt, sollte besser die Luft anhalten. Der spindeldürre Spuk nistet sich nämlich in seinen Dämonenkumpanen an und macht sie, mit Verlaub, ‘batshitinsane’ (Fachbegriff für: hochaggressiv und widerstandsfähig). Sollte man die geisterhafte Steroidenladung dann nach chirurgisch präziser Entfernung des Wirts nicht schnell genug zu Tode lasern, springt er sogleich in den nächstbesten Gegner, von denen es beileibe niemals mangelt. Spätestens wenn ein Tyrannendämon mit blauleuchtenden Spiritgefunkel in den Augen seine Hörner reckt, ist der Moment gekommen, an dem man das eigene unerweiterte Arsenal bitterlich beweint.

Fazit

Doom Eternal: The Ancient Gods Part 1 ist eine ca. sechsstündige (je nach eigener Performance) Brachial-Action-Portion ganz im Stile des Hauptspiels. Es ist schlicht ‘mehr’ Doom Eternal. Inszenierung, Score, Leveldesign: alle haben dieselbe Qualität, tatsächlich ist vielleicht letzteres noch einmal ein Stück eindrucksvoller, da sich die drei Missionen so maßgeblich voneinander unterscheiden. Wobei es da sicherlich darauf ankommt, welche Erfahrungen man mit Sumpf-Leveln und dergleichen verbindet. Mir persönlich hat es Alpträume bereitet und ich habe mir vorgenommen, keinen Urlaub mehr in Landschaften mit eitrig-gelb glänzenden Explosionspflanzen zu machen. Es sei auch noch einmal erwähnt, dass der DLC eine wirkliche Herausforderung darstellt. Das Hauptspiel ist bereits (treffenderweise) nicht besonders gnädig, aber die Schwierigkeit des DLC hat noch einmal eine Hantelstufe obendrauf gepackt. Bereits auf dem zweiten der multiplen Herausforderungsgrade wurde ich regelmäßig bis zur Frustration zermalmt. Fairerweise ist mein Shooter-Können allerdings auch eher auf ‘Er versucht’s zumindest’-Niveau anzusiedeln. Die neuen Gegnertypen bringen auf jeden Fall noch einmal mehr Adrenalin in den Ablauf und der Spirit hat es geschafft, den Marauder als meinen persönlichen Hassgegner #1 vom Spieler-Schädelthron zu stoßen. Es ist schon eine ganz eigene Erfahrung, wenn ein meterhoher Tyrannendämon, der ohnehin schon ein Kugelfang ist, mit seinen Spuksteroiden ganze Wagenladungen von Raketen, Blei und Plasmaunfug schluckt als wäre es eine Portion besonders crunchigen Müslis. Letztlich kann ich nur bemängeln, dass es ‘nur’ mehr vom selben ist ohne wirkliche Neuerungen auf Spielerseite und die Geschichte gewohnt Begriffe brabbelnd über einen hinwegspült. 20 Euro sind zudem unter dem Stand-Alone-Aspekt zwar sinnig, aber mit Blick auf die reine Spielzeit etwas happig. Wer nicht genug vom Hauptspiel haben kann, bekommt einen neuen Schub. Wer aber schon an Dämonenblut gesättigt ist, kann die Diät vermutlich bis zum Release von Part 2 ausdehnen.

© id Software

Mort

Mort hat 'Wie? Nicht auf Lehramt!?' studiert und wühlt sich mit trüffelschweiniger Begeisterung durch alle Arten von Geschichten. Animes, Mangas, Bücher, Filme, Serien, nichts wird verschmäht und zu allem Überfluss schreibt er auch noch gerne selbst. Meist zuviel. Er findet es außerdem seltsam von sich in der dritten Person zu reden und hat die Neigung, vollkommen überflüssige Informationen in sein Profil zu schreiben. Mag keine Oliven.

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