X-Men Origins: Wolverine
Obwohl die X-Men ein Team sind, kristallisierte sich in den Filmen schnell heraus, dass Hugh Jackman (Pan) als Wolverine ein Publikumsliebling ist. Was liegt also näher als ihm ein Solo-Abenteuer zu spendieren? Tatsächlich plante Fox gar, das Franchise mit mehr sogenannten Origin-Stories in neue Bahnen zu lenken. Auch für Magneto hätte es ein solches Filmchen geben sollen. Doch X-Men Origins: Wolverine blieb ein einsames Experiment. Was hat Regisseur Gavin Hood (Ender’s Game) übersehen?
James Howlett ist ein kränklicher Junge, der im 19. Jahrhunderts miterleben muss, wie sein vermeintlicher Vater stirbt, woraufhin er den Mörder umbringt. Denn genau in diesem Moment wachsen ihm knochige Krallen aus den Händen. Und jede Krankheit, die er jemals hatte, ist bald vergessen, denn sein Körper entwickelt ungeahnte regenerative Kräfte. Wunden heilen in Sekunden und er scheint kaum zu altern. Daher vertreibt James sich die nächsten hundert Jahre damit, an jedem größeren Krieg auf der Welt teilzunehmen. Immer an seiner Seite sein Halbbruder Victor (Liev Schreiber, Scream), ebenfalls ein Mutant. Der genießt das Töten aber etwas zu sehr, weshalb die beiden in Vietnam vor einem Erschießungskommando landen. Dass die Kugeln ihre Wirkung verfehlen, ruft den wissenschaftlich interessierten Major William Stryker (Danny Huston, Game Night) auf den Plan. Er hat einen speziellen Verwendungszweck für derlei begabte Menschen. Doch die Arbeit in Team X ist auf Dauer nichts für James, der sich jetzt Logan nennt, und er will dieses Leben hinter sich lassen. Aber Stryker gibt die nächsten Jahre nicht auf, denn er hat einen ganz besonderen Verwendungszweck für diesen unkaputtbaren Mann.
Entmystifizierung einer Ikone
Originaltitel | X-Men Origins: Wolverine |
Jahr | 2009 |
Land | USA |
Genre | Action, Science-Fiction |
Regisseur | Gavin Hood |
Cast | Logan/Wolverine: Hugh Jackman Victor Creed/Sabretooth: Liev Schreiber William Stryker: Danny Huston Kayla Silverfox: Lynn Collins Remy LeBeau: Taylor Kitsch Wade Wilson: Ryan Reynolds |
Laufzeit | 106 Minuten |
FSK |
Ein besonderes Merkmal an Wolverine als Figur war immer seine höchst ominöse Vergangenheit. In den Comics konnte ihm alles Mögliche angedichtet werden, da Marvel sich auch in 30 Jahren nicht beflissen fühlte, die frühesten Lücken zu füllen. Als die Filme von FOX in die Kinos kamen, sah Marvel sich im Zugzwang. Wenn sie in den Comics keinen vollständigen Namen präsentierten oder seine tatsächliche Herkunft ansprechen würden, könnten die Filme sich sonstwas aus dem Hut zaubern. Daher erschein im Jahr 2003 eine sechsteilige Geschichte namens Origin. Darin wurde Wolverine offiziell zu James Howlett. Wie er aber dazu kam sich den Namen Logan anzueignen, wer ihn zuerst einen Wolverine nannte und wie sein Leben sonst so verlief – kein Vergleich zum Film. Das Drehbuch von X-Men Origins: Wolverine begnügte sich damit, die verhängnisvolle Familientragödie des ersten Heftes auf ein paar verwirrende Minuten zu kürzen und dann eigene Wege zu beschreiten. Die wichtigste Änderung dabei, dass im Film Victor Creed, besser bekannt als Sabretooth, Logans Halbbruder wird. Für den Film nicht mal die schlechteste Lösung, immerhin war Sabretooth bis dato nur ein haariger Muskelberg in X-Men (dargestellt von Wrestler Tyler Mane). Liev Schreiber darf etwas mehr aus der Rolle herausholen und hält sich wacker neben Jackman.
Verheizte Nebenfiguren
Die Nebenfiguren müssen neu aufgefüllt werden und hier schöpft X-Men Origins: Wolverine auf dem Papier aus den Vollen. Zum ersten Mal bekommt Gambit (Taylor Kitsch, Friday Night Lights) einen Realfilmauftritt. Er kann Gegenstände mit kinetischer Energie aufladen und diese zum explodieren bringen, was er besonders gern mit Spielkarten macht. Außerdem gibt es Ryan Reynolds (Life) als Wade Wilson zu bestaunen, der besser bekannt ist als Deadpool. Zwei grandiose Neuzugänge! Nur leider weiß der Film nichts mit ihnen anzufangen. Sie haben durchaus mehr zu tun als all die komplett verschwendeten Bauernopfer in X-Men: Der letzte Widerstand, aber sie fühlen sich an wie purer Fanservice, der den Film als solchen nicht weiter bringt. Vor allem da Deadpool am Ende nichts zu sagen hat. (Aber das Licht am Ende des Tunnels ist, dass Reynolds an der Figur festhielt und sieben Jahre später endlich in den roten Anzug kam.) Der Rest der von Stryker geführten Einheit namens Team X ist nette Durchschnittsware. Es sticht im Grunde niemand negativ oder positiv hervor, die sind halt da, um die Welt ein bisschen auszubauen.
Wenig neue Einblicke
Es verbleibt die Frage, ob dieser Film überhaupt nötig war. X-Men 2 gab genug Hinweise darauf, wie Wolverine an sein Adamantium-Skelett kam und dass er einst benutzt wurde. Stryker als Bösewicht wurde schon unmenschlich genug umrissen. Mehr Informationen sind immer eine nette Sache, wenn ein neuer Film aber nur etwa alle drei Jahre kommt, ist das wirklich die Story, die Fans brauchten? Zumal Wolverines beschwingtes Leben ihn in alle möglichen Teile der Welt führen kann. Prequels haben per Definition die Angewohnheit, dass das Ende bereits bekannt ist. Mehr denn je muss das Publikum einem spannenden Weg folgen. Und da bleibt X-Men Origins: Wolverine leider sehr schwach auf der Brust. Logan bekommt ein kitschiges Liebesleben mit schmalzigen Dialogen, die nicht so recht zur Brutalität passen wollen und nie mehr sind als altbekannte Klischees. Logan müsste hier als Charakter viel mehr zu tun bekommen, denn immerhin haben Zuschauer durch drei vorherige Filme schon ein Bild von ihm. Aber bei seiner Reise ohne Gedächtnis, wird er durch die Vielzahl seiner Entscheidungen zu einer mehrschichtigeren Person als hier in seiner eigenen Hintergrundgeschichte.
Fazit
Das Prädikat „schlechter Film“ möchte ich nicht aussprechen. Ich habe ich schon mehrmals ganz freiwillig geschaut und finde ihn teils wunderbar kurzweilig unterhaltsam. Ein paar Lacher, ein paar schicke Kämpfe, sehr verwirrende Cameos bekannter Figuren und dann ist es auch alles vorbei. Aber es bleibt nichts hängen, es gibt nichts zum immer-wieder-unbedingt-ansehen und die oft billig anmutenden Green Screen Momente helfen nicht weiter. Ich kann mich nicht mal aufraffen große Worte über die weibliche Hauptfigur zu verlieren, weil sie so furchtbar banal und austauschbar ist. Aber Logans Lederjacke, die ist verdammt cool.
Zweite Meinung:
Es ist wohl wirklich eine Frage der Perspektive, ob man X-Men Origins: Wolverine als Gewinn für die Reihe betrachtet oder besser ignoriert. Als der Film damals in die Kinos kam, war ich hellauf begeistert, insbesondere nach dem Desaster, welches der dritte Teil der Hauptreihe darstellt. Hätte doch nur jeder Charakter eine Origin-Story und man könnte bestehende Persönlichkeitsdefizite dadurch ein wenig ausbügeln. Betrachtet man nur die Figuren Wolverine und Stryker, zieht das Konzept voll, denn beide werden zu Persönlichkeiten aufgezogen, die sich durch ihre eigene Geschichte kloppen dürfen. Doch nimmt man einmal die Vogelperspektive und ein wenig Abstand ein, ergibt vieles schon wieder keinen Sinn und weiterhin werden Figuren entweder halbgar verheizt oder dienen als Fanservice. Mal immerhin namentlich (Gambit), mal kann man nur mutmaßen, wer sie sind und ob sie mit ihren Comic-Personas wirklich etwas zu tun haben (Emma). Auch in Hinblick auf die folgenden Filme der Reihe bereitet X-Men Origins: Wolverine eher Bauchschmerzen, da Widersprüche und Ungereimtheiten auftreten, die Fans der Reihe lieber wünschen lassen, dass dieser Film besser in keiner offiziellen Zeitlinie auftaucht.