The Night – Es gibt keinen Ausweg
Von Spukhäusern und Spukhotels haben wir schon vieles gesehen. Um nicht zu sagen: sehr vieles. Was nicht heißen soll, dass man dieses Subgenre am besten für immer ruhen lassen sollte, doch neue Impulse zu nutzen ist in jeder Hinsicht eine kluge Entscheidung. The Night – Es gibt keinen Ausweg des iranischen Regisseurs Kourosh Ahari erzählt die Geschichte einer iranischen Familie in den USA und den Albtraum, den das junge Paar in einem verlassenen Hotel während einer Nacht erlebt. Es handelt sich um den ersten in den USA produzierten Film, der seit 1979 auch in iranischen Kinos gezeigt werden durfte. Hierzulande konnten sich Zuschauer*innen auf den Fantasy Filmfest Nights 2021 einen Eindruck der US-iranischen-Koproduktion machen, bevor der Film am 26. August 2021 regulär in den Handel kommt.
Das junge Paar Babak (Shahab Hosseini, Nader und Simin) und Neda (Niousha Noor, Here & Now) befindet sich auf dem nächtlichen Nachhauseweg von einem Besuch bei Babaks Bruder. Der Abend verlief nicht ganz wie geplant, das Baby schreit ununterbrochen und Babak versucht, seine Zahnschmerzen mit Alkohol zu betäuben. Die Situation ist angespannt. Als das GPS verrückt spielt und Babak fast einen Unfall baut, checkt die kleine Familie in einem nahegelegenen Hotel ein. Eine fatale Entscheidung, denn zu Schlaf wird in dieser Nacht niemand kommen. Es beginnt ein Fiebertraum, der Babak und Neda an die Grenzen des Wahnsinns treiben wird …
The Shining lässt grüßen
Originaltitel | The Night |
Jahr | 2021 |
Land | USA, Iran |
Genre | Horror |
Regie | Kourosh Ahari |
Cast | Babak Naderi: Shahab Hosseini Neda Naderi: Niousha Noor Sara: Gia Mora Elahe: Kathreen Khavari Rezeptionist: George Maguire |
Laufzeit | 105 Minuten |
FSK | |
Veröffentlichung: 26. August 2021 |
Auch im Iran muss es Stanley Kubrick-Fans geben. Die Parallelen zwischen The Night und The Shining lassen sich kaum von der Hand weisen. The Night hat es allerdings schwer, viele eigene Akzente zu setzen. Was man dem Film anrechnen darf: Er befasst sich mit menschlichen Ängsten jenseits irgendwelcher Monster und Dämonen. Im Zentrum steht der Mensch mit der Tragweite seiner Entscheidungen. Mit Blick auf die Psyche der Hauptfiguren klebt die Kamera permanent an Babak und Neda, um auch wirklich jeden Riss in der Beziehung des Paares offen zu legen. Keine Zweifel: Frei von Sünde ist hier niemand. Aus westlichem Blickwinkel mögen die Vergehen der Figuren nur nicht ganz so drastisch erscheinen wie aus einer muslimischen Perspektive. Bedingungen, auf die man sich einfach einlassen muss bei einem Film, der muslimische Werte vertritt. Der Fokus der Erzählung liegt weniger auf der Handlung, sondern viel stärker auf dem, was die Terrornacht aus dem Nervenkostüm der Protagonisten herauskitzelt. Das führt zu einem beinahe gleichen Verhältnis zwischen Spannung und Leerlaufmomenten.
Persischstunden ohne Licht
Kourosh Ahari besitzt ein feines Gespür für sich langsam aufbauenden Grusel, schleichend inszeniert mit einem Gefühl für giftige Verunsicherung. Ganz ohne die klassischen Gruselklischees und die dazugehörige gängige Soundmaschinerie (klopfen, knarzen, poltern) kommt die Produktion erwartungsgemäß nicht aus, überreizt den Einsatz der Stilimittel aber auch nicht. Fesselnder als das, was passiert, ist nur die Ausweglosigkeit aus dem Hotel. Und wenn die Dinge dann einmal zu Gunsten des Paares zu stehen scheinen, sieht es im nächsten Moment wieder ganz anders aus. Nach einer fiesen Mindfuck-Szene verrennt sich die Handlung dann allerdings in einem repetitiven Verlauf, der von der Dummheit der Figuren leider nur noch befeuert wird. Sympathisch sind Babak und Neda nicht unbedingt, aber ihre Entscheidungen bleiben auch nicht immer nachvollziehbar. Was besagt Horror-Regel Nummer 1? Flüchte niemals nach oben, halte dich im Licht auf. Babak und Neda haben entweder nicht genügend Horrorfilme gesehen oder aber ignorieren gekonnt Logik, um den Film vielleicht ein wenig spannender, nicht unbedingt aber nachvollziehbarer zu machen. Kleinigkeiten, die ärgerlich sind, wenn manche Szene dann doch etwas zu sehr gewollt ist.
Fazit
The Night verspricht psychologischen Horror über menschliche Abgründe. Man muss Filme mögen, die auf das Unbekannte und Schauerhafte setzen, ohne allzu konkret zu werden. Wer zwingend Auflösungen benötigt oder bis ins Detail alles erklärt haben möchte, ist hier an der falschen Adresse. Die subtile Erzählung und die reduzierte, aber effektive Darstellung machen The Night in Verbindung mit den muslimischen Einflüssen zu einem besonderen Vertreter, der ohne diese Punkte allerdings auch wieder in der Durchschnittlichkeit verloren gehen würde. Dieser Film stellt keine Bereicherung in Sachen Spukhotel-Einträgen dar.
© Koch Films
Veröffentlichung: 26. August 2021