The Endless
Das Regisseurduo Justin Benson und Aaron Moorhead erschuf mit Resolution und Spring bereits zwei außergewöhnliche Filme, deren Erstaufführungen auf dem Fantasy Filmfest bleibende Eindrücke hinterlassen konnten. Für ihr drittes Werk The Endless haben sich die beiden direkt selbst mitsamt Echtnamen in den Hauptrollen besetzt und liefern einen geheimnisvollen Mystery-Thriller ab, dessen Schwermütigkeit einen Nebelschleier über die Handlung legt. Lange Zeit ist kaum zu erkennen, welchen Weg der Film einschlagen will. Doch eines wird früh klar: Seltsame Dinge geschehen hier im Minutentakt.
Die Brüder Justin und Aaron lebten in den Fängen einer Sekte auf. Zehn Jahre sind vergangen, seitdem sie aus den Klauen des Kults entkamen. Doch eines Tages taucht ein Videotape auf, welches die Vergangenheit in die Gegenwart holt und die beiden dazu veranlasst, sich in die Abgeschiedenheit einer geheimnisvollen Gemeinde zu begeben. Dort werden sie zwar herzlich und mit offenen Armen empfangen, doch bereits auf dem Weg geschehen die ersten Merkwürdigkeiten: Vögel fliegen in auffälligen Formationen, immer wieder stoßen die beiden auf eigenartige Steingötzen und mit Anbruch der Dunkelheit verhält sich die recht junge Gemeinde seltsam. Etwas scheint mit dem Wald nicht zu stimmen und die Ursache hierfür soll die kühnsten Erwartungen der Brüder übertreffen…
Zwei Multitalente mit funktionierender Chemie
Originaltitel | The Endless |
Jahr | 2017 |
Land | USA |
Genre | Mystery, Science-Fiction |
Regisseur | Justin Benson, Aaron Moorhead |
Cast | Aaron Smith: Aaron Moorhead Justin Smith: Justin Benson Michael Danube: Peter Cilella Hal: Tate Ellington Anna: Callie Hernandez Tim: Lew Temple |
Laufzeit | 111 Minuten |
Wie in ihrem zweiten Film Spring fiel die Setting-Wahl des Kreativduos (Hauptdarsteller, Regie, Buch, Schnitt und Produktion) erneut auf einen idyllischen Ort: ein abgelegenes Wäldchen in den Bergen, in dem ein kleines Dorf mitsamt harmonisch lebender Gemeinde platziert wurde. Die Idylle erscheint perfekt und die Atmosphäre gleicht einem Sommercamp. Dass der Schein hier nur trügen kann, liegt auf der Hand. Gott sei Dank sind Aaron und Justin authentisch und geben ein sympathisches Gespann ab, in das sich der Zuschauer schnell hineinfühlen kann. Das ist auch sehr wichtig, denn im Laufe der Handlung driften immer mehr Vorkommnisse ins Unerklärliche ab, sodass eine bodenständige Konstante von hoher Bedeutung ist. Die beiden Figuren sind für die kurze Laufzeit weit entwickelt und weisen auch einen unterschiedlichen Reifegrad auf, wovon spätere Konflikte profitieren. Die schauspielerische Leistung der beiden bildet gleichzeitig das Herzstück der Geschichte, denn ohne eine funktionierende Chemie hätte der Schuss schnell nach hinten losgehen können.
Die überfrachtete Wundertüte
Weniger greifbar wird es, wenn es um die Einordnung des Films geht: Ein bisschen Charakterdrama, ein bisschen Mystery-Thriller, so mancher Science-Fiction-Einschlag und irgendwo auch ein Roadmovie. The Endless bietet alles, ohne dabei gezielt Schwerpunkte zu setzen. Das macht es dem Zuschauer nicht leicht, der Handlung immer zu folgen, denn die überfrachtete Geschichte weist zusätzliche Längen im letzten Drittel auf. Obwohl sich die Dramatik kontinuierlich zuspitzt, machen sich in Sachen Spannungsaufbau Höhen und Tiefen bemerkbar. Dadurch funktioniert nicht jede Szene wie gewollt und vor allem dann, wenn Situationskomik auftritt, wirkt diese wie ein Fremdkörper in der sonst so ernsten Handlung. Ob die Dramaturgie als solche funktioniert, hängt auch stark davon ab, welche Erwartung der Zuschauer besitzt und welchen Weg er die Geschichte einschlagen sieht.
Twin Peaks meets Resolution
Benson und Moorhead haben aus ihrem geringen Budget wieder einmal eine Menge herausgeholt. Insbesondere die Effekte steigern sich mit zunehmender Laufzeit, um in einem – etwas übertriebenen – Finale in die Vollen zu gehen. Bis es zu den Actionszenen kommt, dominiert vor allem die dichte Atmosphäre, die Erinnrungen an Twin Peaks aufkommen lässt. Die Nebenfiguren scheinen ein eigenständiges Leben zu führen und obwohl man als Zuschauer ahnt, dass es unter der Oberfläche brodelt, kann vieles lange Zeit noch als eigen abgetan werden. Fans von Resolution dürfen sich auf einige Verweise in Form eines wiederkehrenden Casts auf das Regiedebüt freuen. Insofern ist es ein kleiner Mehrwert, Resolution zuvor gesehen zu haben, doch auch ohne tun sich keine Verständnisprobleme auf.
Die beiden Multitalente Moorhead und Benson liefern mit ihrer Lovecraft’schen Wundertüte einen ordentlichen Mystery-Hit ab. Zwar lässt das Ergebnis immer wieder Stringenz vermissen und manchmal greift eben doch das Prinzip “Weniger ist mehr”, doch die Ausarbeitung der Figuren in Kombination mit der undurchsichtigen Geschichte überzeugt. Es hängt also ganz vom Zuschauer ab, ob dieser auf Antworten aus ist oder damit leben kann, dass auf jede Antwort zwei weitere Fragen folgen. Nur am Verhältnis der Brüder gibt es einfach nichts zu rütteln, geradezu vorbildlich dargestellt.
Klingt sehr interessant und werde mir den Filmtitel mal merken. Danke für die Review
Wir Zeit, dass du dir eine Watchlist auf Letterboxd zulegst 😀
Die Hütte im Wald fand sich in Resolution, Spring spielte in Italien und da gab es einen Olivenhain und ein Küstenstädtchen 🙂
Ansonsten habe ich eine Weile gebraucht, bevor ich dem Film was abgewinnen konnte. 20 Minuten weniger hätten es auch getan.
20 Minuten weniger im ersten oder zweiten Teil? 🙂
Wie jetzt, ist die kurze Vorgeschichte der erste Teil? :))
Natürlich zum Schluss hin. Mir waren zu viele Wiederholungen drin, wahrscheinlich damit auch wirklich jeder kapiert, worum es geht. Das hätte man raffen können. Jetzt frage aber bitte nicht welche Szenen 🙂
Keine Sorge 🙂
Ich kann mir schon denken, was du meinst. Naja, “Wiederholungen” sind ja schon storytechnisch vorprogrammiert *hust* Aber eine gewisse Hütte und ein gewisses Zelt fressen definitiv zuviel Zeit.