OSS 117 – Liebesgrüße aus Afrika

Perfektes Timing: Pünktlich zu Daniel Craigs letztem Auftritt in Keine Zeit zu sterben schlägt ein neuer Teil der französischen 007-Parodie OSS 117 auf. Zum dritten Mal rettet Jean Dujardin als Hubert Bonisseur in Liebesgrüße aus Afrika die Welt. Alles ist erlaubt: Rassismus, Sexismus, Political Incorrectness. Warum? Weil OSS 117 Hommage und Parodie gleichzeitig an das weiße-Männer-Kino der 1950er ist und den einstigen Zeitgeist in ziemlich überspitzter Form spiegelt. Nach einer Premiere auf dem Fantasy Filmfest 2021 ging es für den dritten Teil der Reihe (Teil 1 erschien bereits 2006, Teil 2 2009) zügig zur Home Cinema-Veröffentlichung am 9. Dezember 2021 weiter. Koch Films schob dafür erneut Oliver Kalkofe vors Mikrofon.

1981: Hubert Bonisseur de La Bath aka Agent OSS 117 (Jean Dujardin, The Artist) wird von seinem Vorgesetzten nach einer Afghanistan-Mission hinter den Schreibtisch verbannt. Dort wurde frisch eine Informatik-Abteilung gegründet. Doch schon kurz darauf wird die gealterte Spionage-Legende reaktiviert, denn bei einem Auftrag in Afrika ist der junge OSS 1001 (Pierre Niney, Yves Saint Laurent) spurlos verschwunden. Kaum angekommen, muss sich OSS 117 mit Mordanschlägen, aber auch Potenzproblemen herumärgern …

Agentenpersiflage mit Verspätung

Originaltitel OSS 117: Alerte rouge en Afrique noire
Jahr 2021
Land Frankreich
Genre Agentenkomödie
Regie Nicolas Bedos
Cast
Hubert / OSS 117: Jean Dujardin
Serge / OSS 1001: Pierre Niney
Jessica: Melodie Casta
Armand Lesignac: Wladimir Yordanoff
Micheline Pierson: Natacha Lindinger
Laufzeit 117 Minuten
FSK
Veröffentlichung: 9. Dezember 2021

Zwischen 1956 und 1971 entstanden insgesamt acht Filme der OSS 117-Reihe, welche die Original-Reihe ausmachen und als ernstgemeinte 007-Konkurrenz ein kleines filmisches Universum aufbauen konnten. Mit dem 2006 erschienenen Der Spion, der sich liebte und Er ist sich selbst genug (2009) schlug die Reihe einen parodischen Weg ein und wurde erfolgreich mit Jean Dujardin als Hauptfigur besetzt. Bei einer Wartezeit von stattlichen zwölf Jahren grenzt es fast an ein Wunder, dass mit Liebesgrüße aus Afrika überhaupt ein dritter Teil erschien. Schließlich arbeitet die heutige Franchise-Maschine unglaublich schnell und es werden Fortsetzungen beschlossen, bevor Filme überhaupt erst angelaufen sind. Stoff gibt es nämlich genug: Der französische Schriftsteller Jean Bruce schrieb zwischen 1949 bis zu seinem Tod im Jahr 1963 insgesamt 88 Romane, die danach von seiner Frau Josette um 24 Geschichten ergänzt wurden. Zahlreicher Stoff also, der auf eine Parodie-Adaption wartet. Denn die beiden Vorgänger-Filme zählen zu den Sternstunden moderner französischer Komödien. Ob für Jean Dujardin nach diesem Teil nun Schluss ist (jede Film-Reihe, die etwas auf sich hält, ist eine Trilogie), bleibt ungewiss. Mit Nicolas Bedos wurde ein Regisseur besetzt, der schon in Die schönste Zeit unseres Lebens unter Beweis stellte, dass er einen Blick für die kleinen Dinge hat. Eine wichtige Fähigkeit, denn Parodien leben vom intelligenten Blick auf Kleinigkeiten.

Jean Dujardin als perfekte Agentenbesetzung

Liebesgrüße aus Afrika hält sich streng an die Mechanismen und Klischees der Agentenklassiker und überdreht diese derart, dass es kaum eine Minute gibt, in der man den Film ernst nehmen kann (oder: möchte). Das ist wie bei den Vorgängerfilmen schon äußerst sehenswert, denn Look & Feel imitieren perfekt den Stil der 60, sodass man sich als Zuschauer:in direkt um 45 Jahre in der Zeit zurück versetzt fühlt. Jean Dujardin ist dabei so lässig und smart, dass man ihn kaum von den Originalen unterscheiden könnte. Perfekt hat er Mimik, Gestik und Manierismen von Sean Connery, Frank Stafford und Tony Kendall einstudiert. Jede Bewegung und jede Haarsträhne sitzen exakt so, wie man es erwartet.

Hahnenkampf im Fettnäpfchen-Ring

Der Ausflug nach Afrika bringt das mit, was man in einer solchen Parodie auch erwarten würde: Diktatoren von Bananenrepubliken, fragwürdige Rebellen, “Schwarze sehen alle gleich aus”. Dazwischen bewegt sich der metrosexuelle OSS 1001 – der neue Idealtyp eines Agenten im 21. Jahrhundert, der auch noch in Konkurrenz zu OSS 117 steht. Denn der junge Kollege ist gewiefter, smarter, besser aussehender und vor allem potenter. Aus dem Wettstreit zwischen dem Original-Agenten und seiner neuen jungen Konkurrenz gehen vielerlei Gags hervor, was den Film gleichzeitig auch davor bewahrt, allzu stark die Afrika- und Rassismus-Keule zu schwingen, die in einer “Black Lives Matter”-Ära ohnehin schwieriges Terrain sind, auch für eine Parodie. So oder so funktioniert noch immer am besten, dass OSS 117 mit viel Selbstbewusstsein und antiquitierter Macho-Attitüde an den Start geht, dabei aber selbst übersieht, dass er im Grunde nur mit Universal-Inkompetenz (und viel Glück!) glänzen kann. Das sorgt auch in diesem dritten Teil für Fremdscham und Lacher, denn OSS 117 ist auch eine flache Figur, deren einziger Bewertungsmaßstab Frankreich darstellt. Die Handlung folgt selbstverständlich bewährten Mustern, kann aber zumindest zum Finale hin noch ein paar schöne Wendungen aus dem Hut zaubern. Die Schlusspointe ist ebenso clever wie bitter, so dass Liebesgrüße aus Afrika ein stimmiges Abenteuer bietet.

Fazit

Der antiquitierte Macho wirkt heute aus der Zeit gefallen, überzeugt aber genau dann am besten, wenn die typischen Klischees auf intelligente Weise parodiert werden: Beim Opening, dem Karikatur-Bösewicht und natürlich, wenn die Idealbesetzung Jean Dujardin an der eigenen Selbstüberschätzung scheitert und kein Fettnäpfchen auslässt. Der Film hasst seine eigene Hauptfigur, das Publikum muss sie für soviel Verblendung einfach lieben. Auch wenn der derbe und aneckende Humor insbesondere heute nicht mehr allen gefallen wird. Liebesgrüße aus Afrika ist nicht mehr ganz so rund wie die beiden Vorgänger, aber noch immer ein runder Abschluss der Trilogie – sofern es denn auch wirklich eine solche darstellt. Unsere Haltung zu einer Fortsetzung? Sag niemals nie!

© Koch Films


Veröffentlichung: 9. Dezember 2021

Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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