No Exit
Sobald sich abzeichnet, dass ein Roman Erfolg abwerfen könnte, sind Studios schnell darin, sich alle Rechte an einer Verfilmung zu sichern. Kaum war 2017 Taylor Adams Debüt No Exit: Diese Nacht überlebst du nicht für den Buchhandel veröffentlicht, sicherte sich auch schon 20th Century Fox die Lizenz. Dann kam es zu zeitlichen Überschneidungen: Während der Film in einer frühen Produktionsphase steckte, schlug Disney zu und übernahm 20th Century Fox. Ähnlich wie bei Underwater – Es ist erwacht saß der Mäusekonzern nun also auf einer Genre-Produktion, bei der fraglich erschien, was aus ihr werden sollte. Eine internationale Kino-Veröffentlichung war nach Fertigstellung jedenfalls vom Tisch und so sollte der Film seine Heimat im Streaming finden. Ein Eingeständnis, dass Disney selbst keine großen Hoffnungen in die Regie-Arbeit des Australiers Damien Power (Killing Ground) setzt. In den USA erschien der Thriller im Februar 2022 als Hulu-Original, hierzulande ist die Veröffentlichung im Star-Segment auf Disney+ auf den 18. März 2022 datiert. Horror- und Thriller-Stoffe sind dort noch rar vertreten, aber ob No Exit eine wahre Bereicherung ist?
Die junge Studentin Darby Thorne (Havana Rose Liu, Mayday) ist aus der Entzugsklinik ausgebrochen, um ihrer kranken Mutter einen Besuch in ihrer Heimat abzustatten. Auf dem Weg gerät sie in einen Blizzard und wird gezwungen, Unterschlupf in einer abgeschiedenen Highway-Raststätte zu suchen. Die Nacht verbringt sie dort nicht alleine, denn außer ihr hängen vier weitere Personen dort ohne Handy-Empfang fest: Sandy (Dale Dickey, Bloodline), Ed (Dennis Haysbert, The Unit – Eine Frage der Ehre), Ash (Danny Ramirez, The Falcon and the Winter Soldier) und Lars (David Rysdahl, The Revival). Als sei die Situation nicht ärgerlich genug, macht Darby eine grausame Entdeckung: Im Transporter auf dem Parkplatz ist ein kleines Mädchen (Mila Harris) eingesperrt. Darby versucht herauszufinden, wer der vier Gestrandeten der Besitzer ist …
Originaltitel | No Exit |
Jahr | 2022 |
Land | USA |
Genre | Thriller |
Regie | Taylor Adams |
Cast | Darby Thorne: Havana Rose Liu Ash: Danny Ramirez Lars: David Rysdahl Sandi: Dale Dickey Jay: Mila Harris Ed: Dennis Haysbert |
Laufzeit | 95 Minuten |
FSK | unbekannt |
Veröffentlichung: 18. März 2022 auf Disney+ |
Thrill auf TV-Niveau
Der Filmtitel selbst ist in die Irre führend, denn während man von einem “No Exit” eher einen Verweis auf einen Exit Room bzw. ein Escape Game à la Escape Room ableiten könnte, gestaltet sich das zu Grunde liegende Szenario ähnlich, nur eben nicht in einem geschlossenen Raum. Die 95 Minuten spielen sich stattdessen auf einem überschaubaren Gebiet ab, das aus besagter Raststätte, Parkplatz und angrenzendem Wald besteht. Was sich anhört wie eine Produktion, die während der Corona-Pandemie abgedreht wurde, entstand tatsächlich bereits 2019 mit einem augenscheinlich geringen Budget. No Exit bringt nämlich keinerlei Schauwerte mit. Oftmals fällt das Bild vor allem bei den nächtlichen Außenaufnahmen sogar viel zu dunkel aus, sodass sich viele Fragen ergeben, wenn man sich einmal vor Augen hält, wie lange der Titel in der Postproduktionshölle schmoren musste. Tatsächlich sehen selbst deutsche Filmproduktionen hochwertiger aus als dieser Schnee-und-Dunkelheit-Mix.
Frühe Auflösung killt Spannung
No Exit stützt sich ganz auf sein Entführungsrätsel: Wer ist dafür verantwortlich, dass die kleine Jay gefesselt im Transporter liegt? Wem kann man trauen, wem nicht? Und wer überlebt die Nacht in der Raststätte? Darby ist nicht unbedingt die sympathischste Protagonistin. Warum ihre Drogenvergangenheit thematisiert wird, ist für den Verlauf der Handlung irrelevant und entlarvt sich selbst viel zu schnell als schwacher Versuch, die Junkie-Vergangenheit hinter sich zu lassen um zur Heldin aufzusteigen. Man baut zu ihr keine besondere Verbindung auf und alles, was sie macht, ist gleichermaßen mutig wie dumm. Viel zu früh wird aufgelöst, wer für die Entführung des Mädchens verantwortlich ist. Mit der Auflösung fällt auch die Spannungskurve ab, die nie wirklich ungeahnte Höhen einnimmt. Das Drehbuch hat immerhin noch ein paar Kniffe parat, um den einen oder anderen Haken zu schlagen. Das Problem ist nur, dass die eigentlich überraschenden Wendungen derart lasch inszeniert sind, dass sie nicht so mitreißen können, wie das im Roman der Fall sein mag. Wenn der Film nach 95 Minuten also endet, gab es eine Menge Twists zu sehen, die beiläufig und ohne Elan ausgepackt werden.
Cast-Status: anwesend
Ohne cleveres Detektivspiel und mit dem liegengebliebenen Potenzial des Szenarios, welches immerhin für ein intensives Kammerspiel gereicht hätte, gibt es auch an der darstellerischen Front nicht viel zu holen. Havana Rose Liu und Dany Ramirez können noch am ehesten ihr Können zeigen, während die anderen vier Cast-Mitglieder wenig zu tun haben und ihre austauschbaren Rollen kaum mit Leben füllen können. Besonders unangenehm fällt zudem auf, dass Havana Rose Liu selbst damit zu kämpfen hat, dass ihre Figur einem rasanten Wandel von der uneinsichtigen Göre zur Menschenversteherin durchläuft. Keinem der Beteiligten dient No Exit als wertvoller Filmografie-Eintrag.
Fazit
No Exit ist weit davon entfernt, ein ähnlich mitreißender Whodunit-Thriller zu sein wie das thematisch ganz ähnlich gelagerte Identität (2003). Zwischen den beiden Filmen liegen in Sachen erzählerischer wie inszenatorischer Qualität regelrecht Welten. No Exit gelingt es weder, eine mitreißende Geschichte zu erzählen, noch, für den nötigen Thrill zu sorgen. Somit plätschert die Handlung nach dem Aufdecken des Rätsels dem Ende entgegen. In Erinnerung bleibt eine besonders grafische Gewaltszene, welche ähnlich wie das Ende für ihre unerwartete Konsequenz überrascht. Das alleine ist aber zu wenig. Damit wird No Exit leider dem Stempel gerecht, 08/15-Streamingware zu sein, die auf der Leinwand weder Publikum noch Kritik für sich gewonnen hätte.
© Disney