Jonathan
Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde zählt zu den berühmtesten Ausformungen des Doppelgänger-Motivs innerhalb der Weltliteratur. Dass solche Thematiken zu den filmischen Evergreens zählen, versteht sich von selbst. Eine Darstellung, wie man sie bislang noch nicht gesehen hat, liefert der Langfilmdebütant Bill Oliver. Die beiden Hauptfiguren seines Sci-Fi-Dramas Jonathan teilen sich einen Körper, nicht aber den Geist. Der Clou der Sache: die beiden müssen miteinander vertuschen, dass sie eigentlich zu zweit sind. Genau das läuft natürlich schief und so nimmt die Geschichte ihren Lauf. Wie heißt es so schön? “Bruder vor Luder”, nicht aber in diesem Fall.
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Jonathan (Ansel Elgort, Die Bestimmung – Divergent) ist ein ordnungsliebender Routinemensch. Der junge Mann ist vollkommen auf seinen Job fokussiert. Das jedoch nur bis Nachteinbruch. Denn dann übernimmt Jon (ebenfalls Ansel Elgort) seinen Körper. Dieser ist das Gegenteil seines Bruders: emotional und das Risiko liebend. Um das Zusammenleben der ungleichen Brüder zu harmonisieren und das Geheimnis zu wahren, gibt es diverse Regeln. Hierzu zählt etwa absolutes Freundinnenverbot. Damit Jonathan mit Aufwachen am nächsten Morgen noch weiß, was sein Körper gemacht hat, hinterlässt Jon ihm zum Ende jeder Nacht eine Videobotschaft. Jonathan nimmt allmählich Notiz davon, dass Jon ihm etwas zu verschweigen scheint. Denn sein Körper fühlt sich immer häufiger ausgebrannt und mitgenommen an… Hängt dies mit der Bardame Elena (Suki Waterhouse, Future World) zusammen?
Unter dem Deckmantel der Science-Fiction
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Originaltitel | Jonathan |
Jahr | 2018 |
Land | USA |
Genre | Science-Fiction, Drama |
Regisseur | Bill Oliver |
Cast | Jon / Jonathan: Ansel Elgort Elena: Suki Waterhouse Dr. Mina Nariman: Patricia Clarkson Ross Craine: Matt Bomer |
Laufzeit | 95 Minuten |
Bill Olivers dystopische Vision wird in einem unterkühlten Look dargestellt, der neben der Digitalkommunikation der beiden Jungen das Einzige ist, was auf Science-Fiction schließen lässt. Davon einmal ab, verbirgt sich hinter Jonathan in erster Linie ein Drama, welches selbstverständlich durch ein weibliches Wesen entfacht wird. Insofern ist das Sci-Fi-Etikett hier ein wenig Mogelpackung, denn die Geschichte hätte streng genommen auch in der Gegenwart funktioniert. Der Zuschauer wird eine Weile damit beschäftigt sein, sich den vollständigen Zyklus der beiden Brüder zusammenzupuzzlen. Dabei zeichnet sich durch die regen Nachforschungen mit der Zeit ein genaueres Bild ab, welche Informationen Jonathan über Jon fehlen.
Schleichend inszenierte Zwickmühle
Was die Produktion völlig offen lässt, ist der Interpretationsspielraum. Am Ende darf wieder einmal jeder Zuschauer für sich entscheiden, wie er das Gesehene einordnet.
Fazit
Jonathan bringt spannende Ansätze mit, schläft aber mit der eigenen Inszenierung ein, sodass nur Zuschauer mit entsprechend hoher Geduld die Chance haben werden, Gefallen an dem Langfilmdebüt zu finden. Dies gelingt dem thematisch ähnlichen Anime-Blockbuster Your Name. – Gestern, heute und für immer wesentlich besser, obwohl der Film weniger auf die Entschlüsselung seiner Grundsituation setzt. Jonathan ist ein Film zum Eintauchen, wenngleich man hier nicht sonderlich tief kommt. Der Wille, sich auf die Thematik einzulassen, ist der Schlüssel um die Melancholie miterleben zu dürfen.
©Kinostar Filmverleih