Dreamland
Neo-Noir, Vampire und der vielbeschäftigte Stephen McHattie (Watchmen) – klingt doch nach einer ebenso charmanten wie stylischen Mischung. Dreamland markiert den 21. Film mit Bruce McDonald (Pontypool) auf dem Regiestuhl und besitzt zumindest aufregende Zutaten. Das Ergebnis löst aber vor allem Verwirrung der Marken “Was soll das?” und “Was zum Teufel ist hier los?” aus. Dazu noch angesiedelt in einem Luxemburg, welches scheinbar einer Parallelwelt entspringt, verkommt der auf dem Fantasy Filmfest 2019 gezeigte Titel zu einem sonderbaren Mischmasch mit viel Style aber wenig Substanz.
Johnny (Stephen McHattie) ist ein Auftragskiller, der sein moralisches Empfinden abstellen kann. Doch als er den Auftrag eines Menschenhändlers erhält, dessen Ware aus minderjährigen Mädchen besteht, setzt auch seine Ignoranz aus und Widerwille regt sich. Dass eines der Mädchen zudem aus Johnnys Nachbarschaft stammt, macht seine Entscheidung nur noch einfacher. Allerdings ist sein Boss Hercules nicht der Kopf hinter diesem Handel. Die Strippen zieht ein Vampirgraf (Tómas Lemarquis), der das jungfräuliche Mädchen mit in seine Hochzeitsnacht nehmen möchte.
Stephen McHattie im Doppelpack
Originaltitel | Dreamland |
Jahr | 2019 |
Land | Kanada, Belgien, Luxemburg |
Genre | Fantasy, Komödie, Horror |
Regisseur | Bruce McDonald |
Cast | Johnny / Trompetenspieler: Stephen McHattie Hercules: Henry Rollins Comtessa: Juliette Lewis Vampirgraf: Tómas Lemarquis Lisa: Lisa Houle Sugar: Astrid Roos |
Laufzeit | 92 Minuten |
Dreamland setzt auf Merkwürdigkeiten. So spielt Stephen McHattie nicht nur den Protagonisten Johnny, sondern auch gleichzeitig einen Jazz-Trompeter, dem Johnny einen Finger abschneiden soll. Das ist nur eines der Fragezeichen, welches das Drehbuch von Tony Burgess und Patrick Whistler hinterlässt. Weshalb er in zwei Rollen zu sehen ist, wird nicht erklärt und besitzt auch keinerlei Bedeutung. Die gewollt schräge Geschichte bemüht sich redlich um Groteske, bleibt dabei aber immer verwirrender als gefällig. Denn so glanzvoll Jazzmusik im Neonlicht oder vier Tote innerhalb der ersten drei Minuten auch erscheinen mögen, will sich das große Ganze einfach nicht zusammenfügen. Mit gemächlichem Tempo plätschert die Geschichte vor sich hin, um in einen Mittelteil überzugehen, welcher öder nicht sein könnte. Erst im Finale erwacht die Geschichte aus ihrem Dämmerschlaf, um dann doch einmal auf das Gaspedal zu drücken und die Blutkonserven zu öffnen. Wenn dann die Erzählweise von schleppend auf stockend und schließlich auf rasant schaltet, fühlt es sich an, als würde man gerade kurz vorm Einschlafen aus einem Schleudersitz katapultiert. Da helfen auch politische Spitzen nicht mehr viel.
Eine Produktion voller Widersprüche
Richtig packend wird der Film selten, mögen Johnnys Träume auch noch so blutig werden, wirklich mutig sind sie so gut wie nie. Dreamland will stylisch, aber brav sein. Nicht zu gewagt, aber reichlich verwirrend. Johnny soll ein harter Hund sein, knickt dann aber doch ein, um von einem bösen zu einem guten Killer zu werden. Ändert nichts an der Tatsache, soll aber zumindest in der moralischen Wahrnehmung etwas bewegen. Weshalb die Geschichte in Luxemburg spielt, ist auch fraglich. Inhaltlich wie stilistisch wäre sie in einer Stadt wie Los Angeles deutlich besser aufgehoben, doch da die Produktion Fördergelder aus Belgien und Luxemburg erhielt, könnten die Gründe für die Ortswahl mehr äußerlicher als inhaltlicher Natur sein. Die abwechselnd mal grauen, mal farbenfrohen Bilder sorgen für keine besonderen Schauwerte, obwohl in der Atmosphäre durchaus etwas Traumhaftes mitschwingt, was wenigstens den Titel rechtfertigt. Als Highlight gilt zweifelsohne Juliette Lewis (From Dusk Till Dawn) als schrille Comtessa. Zumindest bleibt sie stärker in Erinnerung als Stephen McHattie in seiner fragwürdigen Doppelrolle.
Fazit
Bei Dreamland ist der Name so gut wie Programm und zwar nicht im Positiven. Ein überambitioniertes Projekt, welches den Eindruck erweckt, als seien hier Ideen für drei unterschiedliche Produktionen aus Budgetgründen zu einer großen Geschichte verschmolzen worden. Es fehlt an Orientierung und letztlich auch an Erklärung, weshalb einige Dinge so sind wie sie sind. So fühlt sich am Ende alles wie ein wirrer Traum an, an den man keinen weiteren Gedanken verschwenden möchte, weil er sich einer logischen Prüfung verwehrt. Selbst für Liebhaber vampirischer Streifen stellt Dreamland alles andere als ein Traumziel dar und kann problemlos ignoriert werden.
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