Doroman’s Drama

Dämonen und Yakuza, jede Menge Sex und Gewalt, eine alte Legende als zuckersüße Animationssequenz, ein Underdog als Superheld. Ach ja, und ein ausgerissener Fingernagel. Eine ganz schön wilde Mischung, die die Regisseure Tarou Yamanaka und Yuudai Kaminishi da mit ihrem Film Doroman’s Drama präsentieren. Auf dem Japan-Filmfest 2020 konnte man austesten, ob dieser Stilmix überzeugen kann.

 

Niemand mag Hiroshi. Er ist ein Stalker, der sich vor der Wohnungstür der Angebeteten einen runterholt und Damenunterhöschen klaut, um daran zu schnuppern. Schon seine Eltern steckten ihn ins Heim, weil sie nicht mit ihm klarkamen, seiner Schwester ist er ein Klotz am Bein und am Arbeitsplatz finden ihn alle gruselig. Die Frau, die er verfolgt, findet ihn begreiflicherweise ekelhaft. Doch er liebt sie aus tiefstem Herzen. Zu allem Überfluss ist er auch noch ins Fadenkreuz einer Yakuza-Gruppe geraten, die erst seiner vermeintlichen Freundin mit Vergewaltigung droht und dann Hiroshi umbringt und irgendwo im Schlamm verbuddelt. Doch dort haust eine Dämonin, der Geist einer Tänzerin, die sich in den Bräutigam der Dorfvorsteherstochter verliebte. Die empörten Dörfler bewarfen das Mädchen mit Schlamm und begruben sie lebendig, just an der Stelle, wo auch Hiroshi verscharrt wird. Sie gewährt Hiroshi eine zweite Existenz als Superheld Doroman, also “Schlamm-Man”, der sich nun an allen rächen wird, die ihm Unrecht taten oder sich mal wieder an der Liebe seines Lebens vergreifen wollen.

Ein Superheld der besonderern Art

Originaltitel Doroman no Dorama
Jahr 2019
Land Japan
Genre Komödie
Regie Tarou Yamanaka, Yuudai Kaminishi
Laufzeit 75 Minuten

Ein Superheld also. Allerdings sehr gegen den Strich gebürstet. Was diese Figur mit dem Kopftuch und der glotzäugigen Halbmaske wohl darstellen soll? Einen alten Bauern? Oder fehlt dem westlichen Publikum da ein entscheidendes Puzzlestückchen des kulturellen Hintergrunds? Jedenfalls ist Doroman der Held der unerwiderten Liebe und seine Attacke ist Schlammwerfen. Was sich angesichts seiner Gegner, die munter erpressen, foltern und vergewaltigen, erstmal sehr harmlos ausnimmt. Drum ist auch bald ein Power-Up notwendig und da sich seine Superkraft aus seinen unanständigen Begierden speist, muss er nur am Intimbereich der Angebeteten schnuppern, um das nächste Superheldenlevel zu erreichen. Mit Kostümwechsel in die Billigversion einer Samurai-Rüstung. Da muss man erstmal drauf kommen!

Low Budget als Stilmittel

Zumeist sind Superheldenfilme teuer. Ausstattung, Special Effects und so. Doroman’s Drama hatte augenscheinlich wenig Budget zur Verfügung, denn alles, was mit dem Superhelden-Thema zu tun hat, ist optisch auf dem Niveau eines Studentenfilms. Oder sehr alten Exemplaren des Genres. Oder es erinnert an Angriff der Killertomaten. Da reicht manchmal schon der Kamera-Blick auf brodelnden Matsch, um anzudeuten, dass jetzt etwas Dramatisches geschieht. Da sind plötzlich die Hände des Schurken ab und keiner weiß, wie das passiert ist. Egal, das war Doroman. Teuer wirkt nur das quasi-japanische Fantasy-Kostüm der Dämonin, die darin wie eine Cosplayerin posiert und ein wenig tanzt und auch mal ein dämonisches Lachen zum besten gibt. Also alles nicht ernst gemeint.

Fazit

Grotesk. Und abstrus. Und sehr seltsam. Und stellenweise einfach nur albern. Mit viel zu viel Spaß an Sadismus und gewalttätigem Sex als ein europäisches Feingefühl normalerweise im Kino hinzunehmen gewohnt ist. Aber das sehen andere Kino-Kulturen ja zuweilen anders. Auf jeden Fall ein sehr merkwürdiges Kino-Erlebnis. Abgesehen davon ist Doroman’s Drama weder lustig genug, noch spannend genug, noch schockierend genug, um einen dauerhaften Eindruck zu hinterlassen.

© Tokyo Kanda Fantastic Filmfest

wasabi

wasabi wohnt in einer Tube im Kühlschrank und kommt selten heraus.

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