Däumeline
“Es war einmal eine Frau, die wollte so gern ein ganz kleines Kind haben, aber sie wusste gar nicht, wo sie es herbekommen sollte …” Mit diesen Worten beginnt das Märchen Däumelinchen des weltberühmten dänischen Schriftstellers Hans Christian Andersen. Die Regisseure Don Bluth (Feivel, der Mauswanderer) und Gary Goldman (Charlie – Alle Hunde kommen in den Himmel) nahmen sich der Idee des 1835 veröffentlichten Märchens an und erschufen den Zeichentrickfilm Däumeline. Warner Bros. veröffentlichte die musikalische Zeichentrick-Adaption um die kleine Däumeline und den geheimnisvollen Feenprinzen Cornelius 1994. Was es bedeutet, seinem Herzen zu folgen, dürfen die Zuschauenden auf einer Reise durch die Jahreszeiten erfahren. Ob die Interpretation wohl den Märchenschreiber überzeugen könnte?
Eine einsame Frau wollte sehr gerne ein kleines Kind haben. Eines schönen Tages besuchte die Frau eine gute Fee, die ihr ein winziges Gerstenkorn gab. „Pflanze es in einen Blumentopf“, sagte sie „und warte, was geschieht“. Die Frau tat, was ihr gesagt wurde und bereits nach kurzer Zeit begann es zu wachsen und zu blühen. Als die Blüte sich öffnete, erblickte sie ihre kleine Tochter und nannte sie Däumeline. Die Tochter ist glücklich, doch ab und zu fühlt sie sich allein, da es keine Menschen gibt, die so groß sind wie sie. Außer den geheimnisvollen Feenwesen, die sie in Geschichtsbüchern ihrer Mutter sieht. Doch es gibt sie wirklich, denn der charmante Feenprinz Cornelius steht unerwartet vor ihr. Eines Nachts wird Däumeline entführt und beginnt damit eine aufregende Reise durch verschiedene Welten, bei der auch die Liebe eine wichtige Rolle spielt.
Unterschiedlicher könnten Traumprinzen nicht sein
Originaltitel | Thumbelina |
Jahr | 1994 |
Land | USA |
Genre | Romanze, Fantasy |
Regie | Don Bluth, Gary Goldman |
Cast | Däumeline: Jodi Benson Prinz Cornelius: Gary Imhoff Mutter: Barbara Cook Jacquimo: Gino Conforti Cassandra: Charo Karl der Käfer: Gilbert Gottfried Maulwurf: John Hurt |
Laufzeit | 83 Minuten |
FSK | |
Im Handel erhältlich |
Wer möchte schon einen Frosch, einen Käfer oder einen Maulwurf heiraten, wenn ein Prinz vor einem steht? Diese Frage ist allerdings schwer zu stellen, denn das kleine Mädchen benötigt einige Kraft, um den heiratswütigen Kandidaten zu entkommen. Bereits bei der ersten Begegnung verlieben sich die kleine Däumeline und der ebenso große Feenprinz Cornelius ineinander. Liebe auf den ersten Blick ist auch hier wie in so vielen Zeichentrickfilmen der Ankerpunkt. Trotz kleiner Änderungen hält sich die erzählte Geschichte dicht an die dänische Vorlage. So wird die Adaption von der Schwalbe Jacquimo erzählt, die Däumeline über den Handlungsverlauf hinweg hilft. Im Märchen treffen sich die beiden erst gegen Ende der kurzen Geschichte. Ebenso wird der Prinz von Hans Christian Andersen erst ganz zum Schluss für ein Happy End eingesetzt. Der Film beginnt schon mit Cornelius, um eine wahre Liebesgeschichte ins Rollen zu bringen. Trotz der Nähe zur Vorlage konnte Däumeline die Kritiker nicht überzeugen und gilt als finanzieller Misserfolg.
Sing aber sing mit dem Herzen
Wenn eine Froschdame mit hochtoupierten pinken Haaren, einem kurzen Rock und hohen Schuhen da steht und singt, braucht sie eine Stimme, die all das verkörpert. Und wer wäre im Deutschen hierfür besser geeignet als Nina Hagen. Ihre markante Stimme hat sie bereits in mehreren Filmen wie beispielsweise Chihiros Reise ins Zauberland zu Ohr stellen dürfen. Oftmals kommt es vor, dass eine Figur unterschiedliche Stimmen für Sprache und Gesang hat. So darf Dorette Hugo, die bereits die rothaarige Titelheldin in Arielle, die Meerjungfrau sprach, Däumeline verkörpern, während Jana Werner wie bereits in Die Schwanenprinzessin singt. Der deutsche Musicaldarsteller Cusch Jung, der bei Mamma Mia! und Sister Act auf der Bühne stand, ist der fliegende Prinz Cornelius. Ein gesanglicher Star, Barry Manilow, durfte den kompletten Soundtrack komponieren. Trotz einprägsamen Liedern wie „Folge deinem Herz“ und „Flieg mit mir davon“, schafften es die Titel nicht, die Kritiker zu überzeugen. So erhielt der Film die Goldene Himbeere für den schlechtesten Originalsong. Auch für Musicalfreunde könnten die gesanglichen Momente etwas überhandnehmen, denn besonders in den ersten 20 Minuten wird beinahe nur gesungen, danach nimmt der Gesang aber ab und konzentriert sich mehr auf die Märchenerzählung.
Weniger ist doch mehr
Es sind die witzigen Show-Einlagen der Schwalbe Jacquimo und die Liebesszenen zwischen Däumeline und Cornelius, die dem Film eine ordentliche Portion Kitsch verleihen. Wer kann schon auf einer Wolke eine Paartanzkür wie auf dem Eis tanzen. Das ist wahre Liebe. Für Kinder könnte die Geschichte durch die vielen Nebencharaktere etwas unübersichtlich sein. Denn die vielen kleinen Wald- und Flusstiere haben alle etwas zu sagen. Hinzu kommt, dass es keinen richtig großen Schurken gibt, nur die Heiratskandidaten, die in vielen Szenen eher witzig als furchteinflößend wirken. Passend zum Erzähler ist allerdings die Perspektive. Viele Szenen sind aus der Vogelperspektive zu betrachten, als würde Jacquimo immer mitfliegen. Alles in allem ist Däumeline ein Film bevorzugt für jüngere Kinder. Erwachsene könnten nicht genug gefordert werden, da die Handlung sehr linear verläuft. Andere Filme von Regisseur Don Bluth wie In einem Land vor unserer Zeit und Mrs. Brisby und das Geheimnis von NIMH können deutlich mehr unterhalten und überzeugen.
Fazit
Ein Film für Kinder oder um die Kindheitserinnerungen wieder aufleben zu lassen. Das trifft auf Däumeline zu. Als Märchenliebhaberin ist dieser Film solch eine Erinnerung. Ab und zu dürfen derartig kitschige Verfilmungen voller Liebe auch mal sein. Auch wenn man Musicals und Filmgesang mag, ist die Verteilung in Däumeline etwas unpraktisch. Kommt in der ersten Hälfte ein Lied nach dem anderen, müssen Zuschauende im zweiten Teil warten, um die Gesangsstimmen zu hören. Besonders die angenehme Tonlage von Däumeline. Einen enormen Sympathiepunkt erhält Brummchen, die Hummel des Feenprinzen Cornelius. Es ist doch viel cooler, auf einer Hummel zu reiten, als in einer königlichen Kutsche zu sitzen. Für jemanden, der das kurze Originalwerk von Hans Christian Andersen kennt, wird es eine Überraschung sein, dass es außer den paar kleinen Änderungen wirklich passend zum Erzählverlauf umgesetzt wurde. Taschentücher dürfen auch bei dieser Romanze bereitgehalten werden. Ob sie gebraucht werden oder nicht, ist jedem selbst überlassen.
© 20th Century Fox