Cutterhead
Anders als viele deutsche Filme, die darauf ausgerichtet sind, einem inländischen Publikum zu gefallen, schwimmt der skandinavische Filmmarkt nicht im eigenen Saft sondern orientiert sich global. Der dänische Nachwuchsregisseur Rasmus Kloster Bro drehte seinen Survival-Thriller Cutterhead für ein internationales Publikum. Ein Katastrophenfilm, der so nüchtern inszeniert ist wie eine Reportage auf N24. Doch genau das erweist sich als die richtige Herangehensweise um seinen Unter-der-Erde-Thriller packend und intensiv zu gestalten.
Rie (Christine Sønderris) ist PR-Journalistin und auf der Suche nach einer Human Interest Story. Diese Chance wittert sie auf einer unterirdischen Baustelle der Kopenhagener Metro. Dort kommen Arbeiter aus aller Welt zusammen, um das Tunnelsystem auszuweiten. Ein internationales Projekt, das viele menschliche Geschichten verspricht – zumal auch Flüchtlinge Teil der Crew sind. Als Rie einen Mitarbeiter zum Bohrkopf begleitet, kommt es dort zu einem Brand. Sie flüchtet sich in eine Druckkapsel, doch der Zugang ist abgeriegelt. Zusammen mit zwei anderen Arbeitern sitzt sie fest. Hat jemand die Katastrophe überlebt? Ist Hilfe verständigt? Mit jeder vergehenden Minute sinkt auch der Sauerstoffgehalt…
Realismus anstatt Fiktion
Originaltitel | Cutterhead |
Jahr | 2018 |
Land | Dänemark |
Genre | Thriller |
Regisseur | Rasmus Kloster Bro |
Cast | Rie: Christine Sønderris Bharan: Samson Semere Ivo: Kresimir Mikic |
Laufzeit | 84 Minuten |
Cutterhead kommt dankenswerterweise ohne Kreaturen oder Übernatürliches aus. Ein trockener (und nicht minder knallharter) Thriller, wie er jeden Tag im echten Leben stattfinden könnte. Denn das Arbeiten unter der Erde ist immer mit Risiken verbunden. Insbesondere dort, wo noch keine Infrastruktur vorhanden ist. Dass sich ein Ereignis dieser Art auch in einem technisch fortgeschrittenen Land wie Dänemark abspielen kann, demonstriert der Regisseur mit seinem Debüt. Die Prämisse, möglichst am Boden zu bleiben, zieht sich bis hin zu den Darstellern durch. Die Hauptdarstellerin Christine Sønderris gibt ebenfalls ihr Film-Debüt. Sie ist kein klassisches Filmgesicht und Rie eine ebenso wenig typische Hauptfigur. Der Anspruch, professionell um jeden Preis zu sein, weicht bald den persönlichen Interessen. Auch für Samson Semere ist dies der erste Film. Nur Krešimir Mikić blickt auf eine längere Filmografie zurück.
Dokumentarlook
Der Zuschauer ist und bleibt ganz nah an Rie. Sie ist unsere Journalistin vor Ort und deswegen sieht, hört und weiß man nie mehr als sie selbst. Die Kamera bleibt auf engstem Raum bei ihr. Geht das Licht aus, ist es für den Zuschauer ebenfalls stockfinster. Das ist auch schon das Stichwort, denn Cutterhead ist nicht etwa eine unterirdische Kraxeltour à la The Descent, wo alles immer sichtbar ist. Es dreht sich hierbei um ein menschliches Drama und darum, wie der Überlebensinstinkt greift, wenn man mit Fremden irgendwo festsitzt. Denn die Chancen, gefunden zu werden, sind gering. Die Kapseln sind wenig aufregend gestaltet und außer Stahlwänden gibt es kaum etwas zu sehen, das für Abwechslung sorgt.
Packendes Klaustrophobie-Drama
Cutterhead ist ein ruhiger Film, der fehlenden Bilderrausch mit dichter Atmosphäre ausgleicht. Was geht jemandem durch den Kopf, der in einer schmalen Kapsel festsitzt? Wieviel darf man atmen? Wie viele Wasservorräte sind noch vorhanden? Wann geht die Luft aus? Antworten darauf hat niemand. Abwechslungsreich ist das nicht, aber als Zuschauer bekommt man einen nahen Einblick in eine solche Überlebenssituation. Das kann auf ganz andere Weise fesseln. Vorausgesetzt, man lässt sich darauf ein, dass man mit den Überlebenden ausharrt.
Cutterhead ist aufgrund seines Anspruchs auf Realismus sehr empfehlenswert. Wo andere Filme die Abzweigung in Richtung Survival-Action nehmen, bleibt der Titel am Menschen selbst. Was die Enge mit einem macht und wie schmal die Schwelle zwischen Überlebensinstinkt und Hoffnungsverlust ist. Ein solch beklemmendes Gefühl wird so schnell kein zweites Mal erlebbar. Mittendrin statt nur dabei ist hier das Motto.
©LevelK