Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck

Auf den Märkten der Literaturwelt gibt es eine erfreuliche Entwicklung: Psychische Probleme finden immer mehr Beachtung und werden in Texten oder Bildern verarbeitet. Manchmal kombinieren sich die beiden Erzählformen und es kommen wunderschöne Comics heraus. Séverine Gauthier und Clément Lefèvre schlossen sich zusammen, um mit Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck eine Geschichte über ein Mädchen zu erzählen, das sich seiner Angst stellen will. Deutschsprachigen Lesenden ermöglicht es toonfish als Imprint des Splitter-Verlages, sich in die Geschichte ziehen zu lassen und mit der jungen Heldin zu wachsen.

  

Epiphanie Schreck ist achteinhalb Jahre alt. Sie wird begleitet von ihrer Angst – die auch acht Jahre alt ist. Leider sind sie unzertrennlich, denn Epiphanie hat Angst vor ihrem Schatten. In ihrem Leben ist das Mädchen noch nicht viel gewachsen. Ihre Angst jedoch schon. Also begibt sich Epiphanie auf eine Reise, um herauszufinden, wie man seine Angst los wird. Dabei trifft sie auf allerlei skurril-liebevolle Figuren, die ihr mal mehr, mal weniger helfen. Epiphanie stellt sich die Frage, ob ihr überhaupt jemand helfen kann – oder ob sie sich am Ende selbst helfen muss.

Bitte wörtlich nehmen!

Originaltitel L’épouvantable peur d’Epiphanie Frayeur
Jahr 2016
Land Frankreich
Genre Phantastik
Autorin Séverine Gauthier
Zeichner Clément Lefèvre
Verlag toonish

Eine Sache macht Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck besonders liebenswert: Manchmal werden Redewendungen einfach wörtlich genommen oder auf liebevolle Art ausgeschmückt. So trifft Epiphanie direkt zu Beginn das Haus eines Wegweisers. Dass dieser den Draht zu seinem Beruf verloren hat, merkt man bereits an den vielen Hinweisschildern, die mal hierhin, mal dorthin zeigen und auf charmante Art die Verworrenheit der Informationsbeschaffung aufzeigen. Es gibt keine einfachen Antworten, weswegen der Mann hinter der Theke keine Fragen mehr beantworten kann. Er hat seine Ernsthaftigkeit verloren und schwebt über dem Boden der Tatsachen – im wahrsten Sinne des Wortes. Um ihm, sowie auch ihr zu helfen, bindet ihn Epiphanie kurzerhand an ein Seil. So finden sie ihr nächstes Reiseziel: Die Praxis von Dr. Psyche. Mit herrlichen Wortspielereien zaubert einem Séverine Gauthier (Herz aus Stein) immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. Klare Worte machen dem Leser schmerzlich bewusst, wie schwer die Angst auf Epiphanie lastet.

Feinfühlige Bildsprache

Die Farbpalette von Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck ist sehr eingeschränkt. Gedämpfte, dunkle Farben dominieren und sprechen für die bedrückenden Gefühle, die in Epiphanie lauern. Doch immer wieder kommt sie an freundliche Orte, wie zum Beispiel einen Zirkus, an dem die Farben zwar immer noch gedämpft sind, aber strahlen. Auffällig ist auch, wie nicht selten Worte unwichtig sind, weil die Bilder von Clément Lefèvre (Adopte un Tetrok) ihre ganz eigene Geschichte erzählen. Die Angst ist das beste Beispiel: Wenn sich Epiphanie sicherer fühlt, ist diese recht klein, aber immer wieder wächst sie über die Panels oder ganze Seiten hinaus. Die Zeichnungen laden zum Verweilen und Entdecken ein, vor allem auf den Doppelseiten, die neue Handlungsorte zeigen oder Epiphanies Reise illustrieren.

Der Angst die Zähne ziehen

Jeder kennt Angst. Es gibt viele Dinge, vor denen man Angst haben kann. Eine ungewisse Zukunft, wie die eigene Leistung ankommt. Viele fürchten sich vor Spinnen, was beweist, dass auch kleine Dinge große Angst machen können. Epiphanies Angst wächst mit ihr. Doch in achteinhalb Jahren konnte diese bereits viel größer werden als das Mädchen. Ihre Angst wirbelt sie herum, schleudert sie in die Lüfte und hetzt sie über unwegsame Pfade – am Ende ist Epiphanie Schreck erschöpft. Gauthier und Lefèvre schaffen es, die Angst bedrohlich wirken zu lassen, aber gleichzeitig auch wie etwas bezähmbares. Manchmal verschluckt die Angst Epiphanie und manchmal kann sie sie für eine Weile klein machen, indem sie mit ihr schimpft. Es ist eine komplizierte Beziehung, die mit Hilfe der Zeichnungen auch oft ohne Worte wunderbar dargestellt wird. So können sich große und kleine Lesende in die Situation eines Menschen mit Angststörungen hineinfühlen und gleichzeitig beobachten, wie die Erlebnisse die Heldin prägen. Und am Ende auch kleine Taten eine große Wirkung haben können, wenn man sich selbst treu bleibt. Mit ein wenig Hilfe von Außen kann man sich sogar mit seiner eigenen Angst auseinandersetzen und … vielleicht Freundschaft schließen?

Fazit

Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck ist ein besonderer Comic. Das Thema Angst ist wichtig, aber dennoch viel zu wenig literarisch aufbereitet. Zumindest für Kinder, die über das Erstlesealter hinaus sind. Doch gerade dann bietet das Leben viele Gründe, um ängstlich zu sein: neue Schule, neue Hobbys, vielleicht ein neuer Wohnort. Mit Epiphanie Schreck kann man sich gut identifizieren, sie ist voller Ängste, aber trotzdem nicht erstarrt. Sie möchte vorwärtskommen, um neue Dinge zu wagen. Auch wenn mich als erstes die Zeichnungen angelacht haben, so konnten mich die Figuren beim Lesen direkt überzeugen. Einfühlsam und mutig wird eine Geschichte erzählt, wie man Ängste überwinden kann. Ich denke, auch Erwachsene können noch etwas von diesem Mädchen lernen und behalte Die entsetzliche Angst der Epiphanie Schreck für diverse Menschen als Geschenk im Hinterkopf.

© Splitter Verlag

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MadameMelli

MadameMelli ist im Berufsalltag als Informationsninja unterwegs und hilft Suchenden, die passende Literatur zu finden. In ihrem Freundeskreis ist sie als Waschbär bekannt und dementsprechend ist auch kaum ein Buch, Manga oder Comic (oder Tee) vor ihr sicher – alles wird in die Hand genommen, begutachtet und bei Gefallen mit nach Hause geschleppt. Nur nicht gewaschen, das wäre zu viel des Guten. Sinniert gerade darüber, ob es als Waschbär sehr gefährlich ist, Wölfe zu lieben, lässt sich davon aber nicht abhalten und schreibt in ihrer Freizeit selbst Geschichten. Manchmal auch über Wölfe. Oder Tee.

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