Der Dunkle Turm (Band 4,5): Wind

Nach dem letzten Band des Dunklen Turm-Zyklus verkündete Stephen King (Der Outsider) in einem Interview, dass er sich vorstellen könne, noch weitere Abenteuer zu schreiben. Ganze sieben Jahre zogen ins Land, bis schließlich mit Band 8 namens Wind ein neuer Abschnitt von Rolands Reise in die Buchläden kam. Inhaltlich siedelt sich die Handlung nach dem vierten Roman Glas an und erzählt eine Geschichte in einer Geschichte in einer Geschichte. Den Leser erwarten also ein tödlicher Sturm, ein Gestaltwandler und das tragische Schicksal eines Jungen, der erst seinen Vater verliert und dann zur Rettung seiner Mutter in sein gefährlichstes Abenteuer aufbricht.

    

Roland Deschain und seine Gefährten haben den Grünen Palast — und damit ihr Treffen mit Randal Flagg — hinter sich gelassen. Auf ihrem Weg den Balken entlang fängt Oy an sich merkwürdig zu verhalten. Dank eines Fährmannes, der sie über einen Fluss bringt, kommen Roland Erinnerungen an ein Kinderbuch. Dieses gibt ihm Aufschluss über das Verhalten des Bumblers, das nämlich nichts Geringeres als die Vorwarnung eines tödlichen Stoßwindes ist. Gerade noch rechtzeitig finden die Reisenden Unterschlupf. Um Zeit totzuschlagen und weil Jack neugierig auf die Geschichte des Kinderbuches geworden ist, fängt Roland an, aus seiner Vergangenheit zu erzählen. Er berichtet, was sich kurz nach dem Tod seiner Mutter ereignet hat. Was wiederum eine weitere Geschichte beinhaltet: Die heldenhafte Reise des Jungen Tim, der einem dunklen Magier begegnet, auf einen Drachen trifft und ebenfalls einen gefährlichen Sturm überstehen muss.

Gleich wieder heimisch

Originaltitel The Dark Tower: The Wind through the Keyhole
Ursprungsland USA
Jahr 2012
Typ Roman
Bände 8 / 8
Genre Western, Fantasy
Autor Stephen King
Verlag Heyne

Auch wenn zwischen dem letzten Band und Wind viel Zeit vergangen ist, fühlt sich der Leser nach wenigen Seiten erneut wie zu Hause. Zum einen liegt das daran, dass sich der Schreibstil nicht verändert hat — vor allem die liebgewonnenen Begriffe sind hier wieder vorhanden. Zum anderen hängt das auch damit zusammen, dass King die Handlung an einer Stelle einfügt, wohin sie perfekt passt. Da Roland im vierten Band Glas eine lange Geschichte über seine verlorene Geliebte Susanna und den herben Verlust seiner Mutter erzählte, findet sich hier die Zeit, noch einmal über letzteres zu reden. Dafür erzählt der Revolvermann erneut aus seiner spannenden Vergangenheit. Für Fans ist dieser Teil besonders interessant, da Rolands schwieriges Verhältnis zu seinem Vater thematisiert wird, er gegen ein grausames Monster kämpfen muss und wir hier mehr über Gabrielle Deschain erfahren.

Drei Geschichten in einer

Als Rahmenhandlung dient das Abenteuer, dass Roland und seine Freunde sich vor dem tödlichen Sturm verschanzen müssen. Hierbei wird das Kinderbuch „Der Wind durch das Schlüsselloch“ erwähnt, welches die dritte und ausführlichste Geschichte darstellt. Leser wandern also von der aktuellen Lage, über den Flashback zum Kinderbuch. Ein interessantes Konzept, das Filmfans an Inception erinnern wird und sich beim Lesen schön entfaltet. Das zentrale Thema, welches sich dabei durch alle drei Akte zieht, ist Familie. So muss der junge Roland darüber hinwegkommen, dass die böse Hexe Reha ihn dazu brachte, seine eigene Mutter zu erschießen und der Held des Kinderbuchs bricht auf, um seine Familie zu retten. Auch wenn die dritte Geschichte als Gute-Nacht-Geschichte betitelt wird, so ist sie dies auf keinen Fall. Tim, der im gleichen Alter wie Jack ist, verliert erst auf tragische Art seinen Vater. Sein neuer Stiefvater ist das Grauen in Person und zu guter letzt muss der sympathische Junge auf eine spannende Reise gehen, um seine Mutter zu retten. Sein Abenteuer ist packend und überzeugt, vor allem durch die Ideen, die hier eingebaut sind. Wie für die Reihe typisch, vermischen sich Magie mit der Mystik alter Technik, woraus sich ein ungewöhnliches, aber lesenswertes Konzept ergibt.

Drei Schreibstile

Während die Rahmenhandlung in der Perspektive einer dritten Person geschildert wird, unterscheiden sich die beiden anderen Handlungsstränge von ihr. Typisch für einen Flashback, ist dieser aus der Ich-Perspektive geschrieben. Das Kinderbuch variiert durch eine einfachere Sprache, kürzere Absätze und fettgedruckte Abschnittsüberschriften. Durch diese Unterschiede bekommt der Leser ein Gefühl für die verschiedenen Handlungsebenen von Wind. Ein besonderer Leckerbissen wartet auf der letzten Seite. Denn dort hat Stephen King Wörter in der Hohen Sprache in ihrem Schriftbild abgebildet. Diese sind wunderschön und bilden die Kirsche auf dem schmackhaften Kuchen. Denn das ist Wind, zwar nur ein kurzer, aber schöner Ausflug in die Welt des Dunklen Turms. Auf die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Band gelesen werden sollte, gilt die allgemeine Empfehlung an Neulinge, ihn inhaltlich passend nach Glas zu konsumieren. Wer übrigens die 2003er Editionen der Bände hat, wird sich freuen, dass sich das Cover-Motiv in das Gesamtbild der Sage einfügt. Einfach Band 4 hinlegen, den aufgeschlagenen achten Band dazwischen und dann Band fünf. Der Horizont wird wunderbar weitergeführt, als hätte es diesen Band schon immer gegeben.

Ich weiß noch, wie ich damals vor Freude in die Luft gesprungen bin, als die Ankündigung für Wind und damit einen achten Band der Dunkler Turm-Reihe herauskam. Als Fan der Geschichte finde ich es zwar schade, dass der Band nicht sehr dick ist. Dafür überzeugt er inhaltlich auf ganzer Linie, auch wenn ich trotzdem noch länger verweilt wäre. Es ist einfach schön, Roland und sein Ka-Tet bei ihrer Reise erneut begleiten zu dürfen. Für mich passt es total, dass der Band nach Glas angesiedelt wird und Stephen King sich hier die Gelegenheit nimmt, mehr auf Rolands Mutter einzugehen. In den anderen Abschnitten war dafür nie so richtig Zeit. Mir gefällt die Struktur mit den drei Geschichten. Es macht viel Spaß, sich von der Rahmenhandlung nach innen und wieder zurück zu lesen. Von mir aus könnte Stephen King gerne noch weitere solcher Abenteuer schreiben. Ich vergebe für diesen tollen Ausflug in meine Lieblingsbuchreihe volle Punktzahl und verbleibe mit Rolands Worten: Lange Tage und angenehme Nächte. Bis zum nächsten Band.

© Heyne

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Aki

Aki verdient ihre Brötchen als Concierge in einem großen Wissenstempel. Nie verlässt sie das Haus ohne Mütze, Kamera oder Lesestoff. Bei ihren Streifzügen durch die komplette Medienlandschaft ziehen sie besonders historische Geschichten an. Den Titel Sherlock Holmes verdiente sie sich in ihrem Freundeskreis, da keine Storywendung vor ihr sicher ist. Dem Zyklus des Dunklen Turms ist sie verfallen. So sehr, dass sie nicht nur seit Jahren jeden winzig kleinen Fetzen zusammensammelt. Nein, sie hat auch das Ziel, alles von Stephen King zu lesen.

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