Psycho-Pass: Providence

Das Psycho-Pass-Franchise feierte 2023 seinen bereits zehnten Geburtstag. Das muss natürlich groß gefeiert werden und was würde da perfekt passen? Genau: Ein Film, der die erzählerische Lücke zwischen Sinners of the System Case 3 ‒ Jenseits von Liebe und Hass und der dritten Staffel schließt. Schlussendlich ließ uns letzteres ganz schön im Dunkeln, was den Fall Akane Tsunemori angeht! Nachdem Crunchyroll den Film im August 2023 in die deutschen Kinos brachte, ist das Werk von Regisseur Naoyoshi Shiotani (Blood-C: The Last Dark) seit dem 17. Mai 2024 via Disc erhältlich. Neben der japanischen Tonspur sogar mit einer deutschen. Allerdings müssen sich Fans auf eine Änderung einstellen. Ob Psycho-Pass: Providence neue Akzente setzt oder nur als langweiliger Lückenfüller eine Reihe am Leben erhält, verraten wir in einem ausführlichen Review.

Januar 2118: Während einer Sitzung über den Erhalt des Rechtssystems, das dank des Sibyl-Systemes nicht mehr benötigt wird, bekommt Akane Tsunemori einen Anruf. Als Chefinspektorin des Amts für Öffentliche Sicherheit (AÖS) soll sie einen Fall auf einem ausländischen Schiff untersuchen. Neben verschiedenen anderen Leichen erregt vor allem die von Professorin Milicia Stronskaya für Aufsehen, da diese brisante Dokumente bei sich hatte. Die „Stronskaya-Dokument“ fehlen und es beginnt eine Jagd danach. Neben dem AÖS beteiligt sich auch das Außenministerium. Damit treffen Akane und Shinya Kougami endlich auf japanischem Boden wieder aufeinander. Da auch eine militärische Gruppe namens Peacebreakers hinter den Unterlagen her ist, tickt die Uhr. Für Akane beginnt ein Fall, der sie vor die schwierigsten Entscheidungen ihres Lebens stellt!

Die fehlenden Puzzleteile

Originaltitel Psycho-Pass: Providence
Jahr 2023
Genre Psychological, Science-Fiction, Action
Laufzeit 120 Minuten
Regie Naoyoshi Shiotani
Studio Production I.G.
Veröffentlichung: 17. Mai 2024

Mit dem Start der dritten Staffel folgte ein sehr schockierender Moment. Schließlich saß Akane Tsunemori, die wohl aufrichtigste Person des Franchises, plötzlich im Gefängnis. Was genau vorfiel, blieb immer unausgesprochen. Genauso wie einige Dinge rund um den Bruder von Kei Mikhail Ignatov und den Vater von Arata Shindou. Psycho-Pass: Providence liefert jedoch die letzten fehlenden Teile, welche für das Gesamtbild fehlten und das in gewohnter Manier. Dass dabei sogar das komplette Rechtssystem als solches auf dem Spiel steht, verleiht den Ereignissen eine ernste Note und regt vor allem zum Nachdenken an. Immerhin sind einige Argumente dafür nicht von der Hand zu weisen! Eine grübelnde Akane ist nachvollziehbar. Allgemein ist es aber auch schön, sie wieder als Hauptfigur begleiten zu können, denn ihre Entwicklung von der Anfängerin zum Profi machen einen stolz.

“Er soll sich einfach entschuldigen“

Insgesamt fühlt sich der Film wie ein großes Wiedersehen an, denn wirklich jede wichtige Figur bekommt ihren kurzen Auftritt. Ganz vorne mit dabei sind natürlich die emotionalen Aufeinandertreffen von Kougami und Ginoza oder ersterer und Akane. Genau diese Szenen treffen voll ins Schwarze. Schließlich fielen diese Beziehungen mit den Entwicklungen in den Fällen rund um die Füchse unter den Tisch und ließen Fans traurig zurück. Wer bereits das neue Ermittler-Duo Kei und Arata ins Herz schloss, dem bietet die Geschichte auch einige gefühlvolle Szenen. Wobei das natürlich nur logisch ist, weil Atsushi Shindo sich an allem beteiligt und wir endlich die genauen Abläufe bekommen, die die beiden zu ihrem Ermittlerberuf bringen.

Die Sache mit dem Gegenspieler …

Neben all den alten Bekannten gibt es auch eine Handvoll neue Figuren. Zum einen ein blonder Kämpfer namens Kai, der es mit Kougami aufnehmen kann und für einige Überraschungen sorgt. Des Weiteren der gegnerische Endboss Tonami. Unglücklicherweise ist dieser eine sehr lasche Nummer. Anders kann man es nicht beschreiben, denn mit Blick auf alle anderen Gegenspieler bleibt er einfach langweilig. Keine herausstehenden Merkmale, sodass diese Figur schnell in Vergessenheit gerät. So auch die letzte Auflösung des Falls rund um die Papiere. Ist deswegen der Film nun schlecht? Nein. Naoyoshi Shiotani  spickte die Jagd mit einigen ansehnlichen Actionszenen, von denen vor allem der Kampf von Kougami und Kai stark im Gedächtnis bleibt. Vor allem aber sind es die psychologisch interessanten Gespräche über Wahrheit, Recht sowie einige traurige Schicksalsschläge, die den Film sehenswert machen. Besonders der letzte schockierende Moment und die daraus resultierende Schlussszene treffen ins Mark! Daher ist Psycho-Pass: Providence Pflichtprogramm für Fans.

Was sich innerhalb von zehn Jahren im Animationsbereich tat

Wer einmal einen Rewatch aller Staffeln und Filme macht, wird sehen, wie Studio Production I.G. das Franchise immer stärker visuell in der Realität verankert. So sind die Farben immer gedeckter, die Hintergründe immer fotorealistischer und die Figuren sehen immer erwachsener aus. Gerade in diesem Jubiläumsfilm ist dies wunderbar zu sehen; einigen Szenen laden zum Schmachten ein. Stichwort Bücherregale oder das Hologramm mit der Wiese und den Pferden. In puncto Kampfszenen setzt der Film zwar in dem Bereich keine neuen Akzente, liefert aber flüssige Animationen ab. Yuugo Kanno, Psycho-Pass’ musikalischer Vater, sorgte erneut für einen passenden Soundtrack. Mit EGOIST als Ending-Künstler kehren auch altbekannte Klänge zum Science-Fiction-Hit zurück. Diesmal aber zum letzten Mal, da sich die Gruppe 2023 auflöste. Das Opening bedarf keiner großen Worte, denn der Song von Ling tosite sigure geht unter.

Sprechendenwechsel im deutschen Lager

Wie nicht anders zu erwarten, gab es bei den japanischen Sprechenden keine Wechsel. Bis auf eine Ausnahme ist dies auch bei der deutschen Vertonung der Fall, wobei der Wechsel von Akanes Sprecherin schon sehr ins Gewicht fällt. Lina Rabea Mohr (Mayuri in Date a Live: The Movie – Mayuri Judgement) macht einen guten Job. Nur: Nach all den Folgen mit Julia Stoepel (Ruri in Dr. Stone: Stone Wars) speichert das Ohr schlicht diese Stimme ab. Eine Umgewöhnung fällt einfach nicht so leicht. Während Fabian Oscar Wien im Trailer des Films Nobuchika Ginoza spricht, ist in der endgültigen Fassung Stammstimme Felix Spieß zu hören. Für den blonden Peacebreaker trat Amadeus Strobl (Hakkai Shiba in Tokyo Revengers) ans Mikro und Johannes Berenz (Thorkell in Vinland Saga) für Tsugumasa Tonami.

Fazit

Endlich! Endlich liefert Psycho-Pass: Providence Antworten auf Fragen, welche die dritte Staffel und der Abschlussfilm Psycho-Pass 3: First Inspector nicht beantworteten. Damit ist die schockierende Wahrheit ans Licht, welche Tat Akane ins Gefängnis brachte. Schon alleine dafür lohnt sich der Film, denn diese Szene haut emotional so rein, dass sie keinen unberührt zurücklässt. Allgemein weiß das Drehbuch durchzuschütteln. Angefangen bei den Wiedersehen, die so nötig waren, bis hin zu traurigen Abschieden präsentiert sich so vieles. Der Fall selbst nimmt natürlich ernste und viel größere Ausmaße an, geht dabei an ein logisches Thema – die Abschaffung des Rechtssystems – und regt dadurch zum Nachdenken an. Wie immer warten einige tolle Kampfszenen auf, nur in Sachen Gegenspieler bleibt der Teil hinter den Erwartungen zurück. An den Animationen gibt es nichts zu beanstanden, alles läuft flüssig und die Hintergründe sind detailliert.

© Crunchyroll

Aki

Aki verdient ihre Brötchen als Concierge in einem großen Wissenstempel. Nie verlässt sie das Haus ohne Mütze, Kamera oder Lesestoff. Bei ihren Streifzügen durch die komplette Medienlandschaft ziehen sie besonders historische Geschichten an. Den Titel Sherlock Holmes verdiente sie sich in ihrem Freundeskreis, da keine Storywendung vor ihr sicher ist. Dem Zyklus des Dunklen Turms ist sie verfallen. So sehr, dass sie nicht nur seit Jahren jeden winzig kleinen Fetzen zusammensammelt. Nein, sie hat auch das Ziel, alles von Stephen King zu lesen.

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