Banana Fish
Ganze 33 Jahre nach Start des Mangas Banana Fish in Japan zeigt Studio MAPPA (Inuyashiki: Last Hero), dass der Stoff auch in der heutigen Zeit funktioniert. Nur die Wenigsten haben noch mit einer Anime-Adaption gerechnet, denn die Vorlage von Akimi Yoshida (Umimachi Diary) stammt aus dem Jahr 1985. Das angestaubte Charakterdesign des Mangas wurde zwar nicht eins zu eins übernommen, aber auch nicht allzu stark verändert. Sehr schnell fand sich der Anime in den Top 10 Rankings der Anime Summer Season 2018 wieder. Die tragische Geschichte dreht sich ganz um den Protagonisten Ash Lynx, der im wahrsten Sinne des Wortes, durch die Hölle geht. Wie viel Leid muss Ash noch ertragen, bis er sich an seinen Peinigern rächen kann, die ihm nicht nur seine Kindheit, sondern auch ihm wichtige Menschen geraubt haben? MAPPA entdeckte das Potenzial der Geschichte für eine Adaption und erschuf ein packendes Actiondrama.
Aslan Jade Callenreese, der von allen nur Ash Lynx genannt wird, hat sich als Anführer einer Straßengang in New York einen Namen gemacht. Sein Bruder Griffin war neben einigen anderen Amerikanern vor zwölf Jahren im Irak stationiert. Eine Tragödie ereignete sich dort, denn Griffin tötete in einem Amoklauf mehrere seiner Kameraden. Vor seinem Zusammenbruch wiederholte er nur noch die Worte ”Banana Fish”. Ash steht in Verbindung zum Mafiaboss Dino Golzine, denn dieser entführte ihn nicht nur als Kind und zwang ihn zur Prostitution, sondern verhalf ihm auch später zur Macht. Nach einer traumatischen Kindheit ist Ash zu einem charismatischen, cleveren, aber auch gefährlichen Teenager herangewachsen. Eines Tages erhält Ash von einem fremden Mann eine Patronenhülse mit einer Droge als Inhalt. Der Mann verstirbt kurz darauf, aber Ash macht sich daran das Geheimnis um ”Banana Fish” zu lösen…
Eine Geschichte voller Leid
Der Journalist und Fotograf Junichi Ibe kommt mit seinem jungen Assistenten Eiji Okumura nach Amerika, um über Straßengangs zu berichten. Dabei treffen sie auf Ash Lynx. Dieser freundet sich recht schnell mit Eiji an, obwohl beide aus ganz verschiedenen Welten kommen und das nicht nur aufgrund ihrer Nationalität. Ash bricht mit dem korsischen Mafiaboss Dino, der von allen ”Papa” genannt wird. Doch der hat viele Gefolgsleute und überall Kontakte, die Ash in eine aussichtslose Situation bringen. Mit Junichi, Eiji und weiteren Verbündeten ist er dabei das Geheimnis um die Droge ”Banana Fish” zu lösen, was Dino unter allen Umständen zu verhindern versucht. Nicht nur einmal muss Ash dabei zusehen, wie Freunde und Verwandte ums Leben kommen. Egal wo er auftaucht, das Unglück lässt nicht lange auf sich warten. Trost findet er oft nur bei Eiji, bei dem er seine zerbrechliche Seite zeigen und sich einfach ausweinen kann. Es kommt im Verlauf zu Bandenkriegen, die viele Opfer fordern. Ash beginnt seinen Rachefeldzug, um es Dino und seinen Leuten ein für alle Mal heimzuzahlen. Dabei geht er recht planmäßig vor. Ihm ist auch bewusst, dass jeder Tag sein letzter sein könnte. Auf der anderen Seite ist da Yut-Lung Lee der auch noch seine eigene Rache vorantreibt und zur größten kriminellen Familie Chinas gehört.
Drogen, Homosexualität und Gewalt
Originaltitel | Banana Fish |
Jahr | 2018 |
Episoden | 24 (in 1 Staffel) |
Genre | Action, Abenteuer, Drama |
Regisseur | Hiroko Utsumi |
Studio | MAPPA |
Anscheinend hat sich die Autorin bei der Droge ”Banana Fish” von dem realen Fall MKULTRA inspirieren lassen. Dabei handelt es sich um ein Forschungsprogramm der Bewusstseinskontrolle. Welchen Schaden diese Droge anrichtet, kann an mehreren Menschen beobachtet werden. Insbesondere an Ashs Bruder Griffin. Ein weiteres Thema in der Serie ist Kindesmissbrauch, welchen die Hauptfigur in der Vergangenheit durchleben musste. Hierbei sei gesagt, dass nie Szenen dieser Art gezeigt werden. Es wird vieles nur angedeutet oder angesprochen. Bei der Serie kann leicht der Eindruck entstehen, als sei jeder dritte Charakter homosexuell, aber insgesamt betrachtet hält sich das Ganze dann doch in Grenzen. Es gibt zwar einige Szenen, die in diese Richtung zeigt, doch diese erfüllen entweder auch einen plotrelevanten Zweck oder sind einfach humorvoll gedacht. Ansonsten geht es im Anime nicht gerade zimperlich zu. Mehr als nur einmal findet sich der Zuschauer zwischen Messerkämpfen und Schießereien wieder. Die Figur des Ash Lynx ist als Genie dargestellt, was schon unrealistisch wirkt. Bei den Verletzungen, die er im Laufe der Zeit einsteckt, ist es verwunderlich wie schnell er wieder für den Plot genesen ist. Ash legt eine Coolness an den Tag, die an Hollywoodstreifen erinnert. Das Setting in Amerika bekräftigt das noch. Doch abgesehen davon ist Ash ein sympathischer Charakter, mit dem der Zuschauer mitfühlen kann.
Altes Werk, modernere Anime-Adaption
Der Manga Banana Fish von Akimi Yoshida erblickte im Mai 1985 das Licht der Welt und endete nach 19 Bänden im April 1994. Besonders auffällig ist hier das Magazin, in dem die Serie lief. Nämlich im Shoujo Comic, welches sich an junge Mädchen bis zur Oberschule richtet. Doch aufgrund der actionreichen Handlung und den komplexen Thematiken ließe sich die Serie in heutiger Zeit eher bei Seinen (Zielgruppe Männer zwischen 18 bis 40 Jahren) einordnen. Man kann den Titel nicht in eine Schublade stecken, wodurch Unstimmigkeiten bei den Fans herrschen. Besonders, wenn es um den Boys Love-Aspekt geht. Eine Beziehung, die über Freundschaft hinausgeht, wird hier allerdings gar nicht dargestellt, was in dieser Hinsicht Banana Fish besonders macht. So gewann die Serie mit ihrer actionreichen Handlung nach und nach männliche Leser und Zuschauer hinzu. Auch Fans von Titeln wie 91 Days sollten angesprochen werden, denn beide Serien spielen in Amerika und beinhalten viele ähnliche Elemente. Die Adaption fällt mit 24 Folgen recht kurz aus, denn der Inhalt von 19 Bänden lässt sich nicht komplett umsetzen, ohne dass manches umgeändert oder ausgelassen wird. Trotzdem macht die Produktion einen ziemlich guten Eindruck, denn das Pacing ist nicht zu schnell. Generell entsteht hier nicht der Eindruck als würde irgendetwas fehlen. Die Adaption wurde an unsere Zeit angepasst, daher sind Smartphones und andere Dinge schon alltäglich. Auch der Vietnam-Krieg wurde zum Krieg im Irak umgeändert. Das Charakterdesign sieht im Anime moderner aus und überhaupt sind die Charaktere hübscher anzusehen als in der Vorlage. Die größte Änderung gibt es hier bei Shorter Wong, der im Manga eine Glatze trägt, in animierter Form jedoch einen coolen Haarschnitt.
Ein Hauch von New York in den Intros
Das erste Opening “found & lost” wurde von der Band Survive Said The Prophet (Code Geass: Lelouch of the Rebellion – Emperor Ending) beigesteuert. Visuell zeigt es einige Szenen, die sogar tatsächlich in der Serie vorkommen oder zumindest in abgewandelter Form vorhanden sind. Einige Ansichten aus New York sind ebenfalls zu sehen. Das Lied ist rockig und passend zur Serie, wenn auch keines, welches einen Ohrwurm auslöst. Um einiges überzeugender ist das zweite Intro ”Freedom” von BLUE ENCOUNT (Gintama° Opening 1). Dieses bietet augenscheinlich viel mehr als “found & lost” und der Song hinterlässt mehr Eindruck beim Zuschauer. Auch hier gibt es Ansichten aus New York, wie zum Beispiel die Brooklyn Bridge. Ein Highlight in dem Vorspann sind die verschneiten Szenen am Abend, in denen Ash allein durch die Straßen zieht.
Gefühlvolle Endings und passabler Soundtrack
Beim Abspann ”Prayer X” von King Gnu geht es in die ruhige Richtung und der Songtext ist tiefgründiger, was einen guten Ausklang aus den Folgen bietet, die öfter mal mit einer traurigen Szene enden. Optisch bietet es zwar nicht viel, aber die Zerbrechlichkeit des Charakters Ash Lynx wird hier nochmal deutlich dargestellt. Den Abschluss macht das zweite Outro “RED” von Survive Said The Prophet. In diesem konzentriert sich Studio MAPPA unter der Regie von Hiroko Utsumi (Free! Iwatobi Swim Club) komplett auf die Charaktere Ash und Eiji. Farblich erinnert es an den goldenen Herbst und auch wenn nur Standbilder zu sehen sind, verfehlt es nicht an positiver Wirkung. Survive Said The Prophet haben sich mit dem Ending im Vergleich zu “found & lost” nochmal selbst übertroffen. Doch der Soundtrack von Shinichi Osawa hat ebenfalls einige erinnerungswürdige Musikstücke. Zu den Highlights zählen unter anderem ”Banana Fish”, ”Sins Fate”, ”Prayer”, ”Dino”, ”Shorter to Sing”, ”Eiji” und ”The Last Waltz”. In Sachen Musik dürfte der Anime zu den besseren Vertretern des Jahres 2018 gehören.
Fazit
Als der Titel in Japan angekündigt wurde, hatte ich keinerlei Vorstellung davon, um was es in der Serie gehen würde. Ich las nur den Titel Banana Fish und stellte mir einen Fisch im Inneren einer Banane vor. Ich hätte so einen lustigen Titel nicht mit so einer ernsten Geschichte in Verbindung gebracht, aber so kann man sich irren. Der Anime ist recht spannend gehalten, denn es wird viel Action geboten. Humorvolle Momente kommen hier aber nicht zu kurz. Etwas schade finde ich, dass Eiji oft die Damsel-in-Distress geben muss. Ich hätte mir bei ihm eine noch größere Funktion gewünscht. Generell wiederholt sich vieles ständig, so wird entweder Ash oder Eiji öfter mal entführt. Etwas Neues im Handlungsablauf hätte hier nicht geschadet. Es gibt auch hervorstechende Nebencharaktere wie Shorter Wong, Yut-Lung Lee und Blanca. Ash ist grandios, aber eigentlich schon zu perfekt. Für mich jedoch ein Charakter, den man recht schnell ins Herz schließt. Seine Vergangenheit zeigt nur, was in der realen Welt schief läuft, denn Kindesmissbrauch ist keine Fiktion und dass jährlich Kinder spurlos verschwinden auch nicht. Ansonsten ist Ash im Grunde seines Herzens ein einsamer Mensch, der von seiner Vergangenheit und einem Milieu voll von Verbrechern geprägt ist. Eiji ist eine Art Stütze für ihn, die er in dieser grausamen Welt braucht. Ein verabscheuungswürdiger Charakter ist der Mafiaboss Dino, den ich den ganzen Anime nur noch tot sehen wollte. Am Ende kann ich sagen, dass ich wieder eine Serie gefunden habe, die ich durchsuchten konnte, ohne dass sie mir nach ein paar Folgen langweilig wurde. Banana Fish bleibt mir neben Devilman: Crybaby als Anime-Highlight aus dem Jahr 2018 in Erinnerung. Auch in musikalischer Hinsicht haben mich beide Serien überzeugt. Ich bin zwar ein wenig traurig, dass die Serie nach 24 Folgen ihr Ende gefunden hat, aber ich schaue schon mit Freude dem nächsten Werk von Studio MAPPA entgegen, denn Dororo ist ein vielversprechender Anime.
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