Erellgorh (Band 1): Geheime Mächte

Der dritte Eintrag auf der Shortlist für den besten Newcomer bzw. den ‘Besten Deutschen Debütroman 2016’ ist für Matthias Teut reserviert. Erellgorh – Geheime Mächte heißt der erste Band seiner Fantasy-Reihe, der im Juni 2016 erschien. Der Autor hat sich die Möglichkeit des Selfpublishing, konkret über die CreateSpace Independent Publishing Platform, zunutze gemacht, um uns eine Reiseroute nach Jukahbajahn – einen Namen, den ich niemals ohne Spickzettel werde abtippen können – zu eröffnen. High Fantasy erwartet uns auf dem Weg, also lasst uns schauen, ob sich der Urlaub in ihr-wisst-schon-wo lohnt.

 

Jedes Fantasie-Land, das etwas auf sich hält, egal wie riesig oder zwergisch es auch sein mag, hat eine Prophezeiung, die unheilvolles und unglaublich unschönes Übel für die Welt verkündet. Jukahbajahn bildet da keine Ausnahme und, wie es sich gehört, besitzt es eine kriegsbestückte Vergangenheit, die in der Lage ist, enorme Schatten in die Gegenwart zu werfen. Um Schatten, Weltuntergänge und einen unglücklichen Propheten zu vermeiden, muss entsprechend jemand die von Zwergen geformten Kohlen aus dem magischen Feuer holen. Die Gewinner der Schicksalslotterie sind in diesem Fall: Atharu, Selana und Pitu; allesamt Heranwachsende, die nichts voneinander wissen, aber dennoch eines gemeinsam haben: Sie beginnen mal mehr, mal weniger unverhofft eine Reise. Atharu bekommt eine Aufgabe am Sterbebett seiner Urmutter und einer der Ältesten seines Stammes, Selana wird überraschend ein wichtiger Botengang aufgetragen und Pitu, nun, Pitu ist eigentlich nur zur falschen Zeit am falschen Ort.
Alle drei sind jedoch eng mit der Prophezeiung verbunden, wovon unter anderem die magischen Artefakte künden, in deren Besitz sie gelangen. Die zauberhaften Bruchstücke sind essentiell für die Abwendung des Untergangs.
Werden die drei soon-to-be Abenteurer ihre Ziele problemlos erreichen? Mit ziemlicher Sicherheit nicht.
Werden sie stattdessen zahllose Gefahren bestehen, Verbündete finden und unter Aufbietung aller Kräfte versuchen müssen, ihren Weg zu beschreiten? Mit ziemlicher Sicherheit ja.
Werden sie erfolgreich sein und am Ende der Reihe einen extreme Abneigung gegen Prophezeiungen haben?
Wer weiß, aber die Chancen stehen gut.

Ihre Reisebegleiter: Zwerge, Elben und ein Frettchen

Originaltitel Erellgorh 1 – Geheime Mächte
Ursprungsland Deutschland
Typ Roman
Jahr 2016
Bände 1 von 2
Genre Fantasy, Abenteuer
Autor Matthias Teut
Verlag Self Publishing

Wer nach Inhaltsangabe, mythisch-nebligen Coverbild und der Tatsache, dass er das Buch höchstwahrscheinlich unter dem Stichwort ‘Fantasy’ gefunden hat, noch Zweifel haben sollte, wird im Vorwort von einem schönen Zitat des ‘Herr der Ringe’ Vaters begrüßt. Spätestens jetzt dürfte klar sein: Klassische Fantasy erwartet den Leser und Jukahbajahn bietet das ganze Menü:
Mittelalterlich angehauchte Welt? Check.
Zwerge, Elben und andere Rassen? Check.
Nebulöse Prophezeiungen? Check.
Dunkle Omen, die auf ein übles Übel deuten? Check.
Eine große Karte der Welt am Anfang des Buches? Check.
Heranwachsende Protagonisten, die über sich selbst hinauswachsen müssen und dabei die Welt bereisen? Check, check und nochmals check.
Dieser Umstand ist sowohl Fluch als auch Segen für ‘Erellgohr’. Auf der einen Seite bietet es Liebhabern des Genres eine weitere Welt mit vertrauten Mustern, in die sie abtauchen können, auf der anderen Seite – soweit der erste Band ein solches Urteil bereits zulässt – werden keine gänzlich neuen Konzepte oder Ideen geboten. Überraschungen gibt es keine und Leser, die mit der ein oder anderen Fantasy-Reihe vertraut sind, dürften bereits nach dem Prolog eine zutreffende Idee davon haben, worauf die Handlung hinausläuft.
Wenn eine vertraute oder zumindest vertraut wirkende Geschichte erzählt wird, bleibt die Frage: Wie ist sie aufbereitet? Und ein erster Blick gilt den Figuren.
Atharu, Selana und Pitu, die Hauptfiguren, starten zunächst eher unscheinbar, entwickeln aber mit der Zeit mehr Persönlichkeit. Speziell Pitu macht eine deutliche Entwicklung durch. Selanas Abschnitte punkten mit einer netten Dynamik zwischen ihr und einer früh gewonnen Gefährtin, Aria, die ihr zur Seite steht. Atharu bleibt dagegen etwas zurück und ist schlicht der besonnene Heldentyp mit kommentarfreudigem Sidekick samt teilweise zahmen Hausfrettchen.
Insgesamt reißen die Figuren zwar keine magischen Feenbäume aus, sind am Ende noch etwas blass, aber Potential ist vorhanden und sie sind durchaus sympathisch. Bei den Nebenfiguren ist hingegen alles funktional gehalten. Es gibt den ehrenhaften Hauptmann, den schusseligen alter Magister, der die Hintergrundgeschichte erzählt, den stolzen aber auch gütigen König, einen weisen Schamanensumpfbewohner und als kleine Kirsche obendrauf: Das vollständige Ekelpaket, dessen positivste Eigenschaft letztlich darin besteht, dass die Luft besser riecht, wenn er nicht anwesend ist.
Der Star bleib hier eindeutig das Frettchen.

Zu viele Zwischenstopps

Nach den Figuren muss auch an der Struktur des Buches herumgezupft werden. Der erste Band teilt sich in drei Erzählstränge, die jeweils an den Hauptfiguren Atharu, Selana und Pitu orientiert sind. Jeder Abschnitt behandelt einen von ihnen und es wird im stets gleichen Rhythmus gewechselt: Erst ein Kapitel mit Atharu, dann darf Selana übernehmen und Pitu bildet den Schluss; danach ist Atharu wieder an der Reihe usw.
Dieser Aufbau hat Vor-und Nachteile. Einerseits liefert es nette kleine Geschichtshappen, die bequem und dank unkomplizierter Sprache schnell gelesen werden können, andererseits liegt genau hier ein Problem, da man immer wieder aufs Neue von dem jeweiligen Handlungsweg, auf dem man sich befand, heruntergeschubst wird. Zudem versuchen die Kapitelenden etwas zu sehr hochspannende Cliffhanger zu sein, so dass es auf Dauer forciert wirkt. Nach der dritten Abblende im Angesicht einer neuen Gefahr beginnt dann auch der enthusiastischste dramatische Jingel im Kopf etwas an Schwung zu verlieren und an das ‘to be continued’ hängt sich ein leicht säuerliches ‘again…’.
Ein kleiner Fluch für alle Erstbände einer Fantasy-Trilogie ist zudem ein hohes Maß an Exposition und generellen Weltenbau. Quasi fährt der Handlungszug nicht sofort los, sondern der Lokführer muss mit tappenden Fingern darauf warten, dass die Schienen gebaut werden.
Erellgohr händelt das aber durchaus gut, auch wenn am Ende das Gefühl bleiben kann, dass die Handlung jetzt erst den Bahnhof verlässt.

Erellgorh – Geheime Mächte ist ein typischer Fantasy-Roman. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Ich wusste schnell, was mich erwartet und hatte durchaus meinen Spass damit, auch wenn mir neue Ideen, interessante Konzepte oder schlicht ein paar verrückte Figuren und Einfälle gefehlt haben. Der erste Band hat sich ‘High Fantasy’ auf die Fahnen geschrieben und bleibt auch eisern dabei. Ich kann natürlich nicht beurteilen, ob es so bleiben wird. Vielleicht macht die Geschichte mehrere 180° Sprünge, aber momentan habe ich das ‘Ich-weiß-was-da-jetzt-kommen-wird’-Gefühl. Trotz diesem Makel und einer leichten Tendenz zu gewollt dramatischen Cliffhangern, ist Erellgorh bisher mein Favorit aus den Debütromanen. Ja, es bietet nichts Neues, ja, die Figuren sind keine komplexen Charaktercocktails, sondern eher leichte Softdrinks, aber es ist nett aufbereitet. Die Figuren sind, Gott sei dank, nicht weinerlich und nicht zu jeder Zeit kurz davor, sich im eigenen Selbstmitleid zu suhlen. Hier hat mir speziell das weibliche Duo gefallen, schlicht weil es erstens nicht so oft vorkommt und die Verbundenheit der Beiden spürbar aufgebaut wird. Das Frettchen ist allerdings auch knuffig. In Bezug auf High Fantasy habe ich schon genug Portionen verputzt, aber bei Erellgorh wäre ich zumindest nicht abgeneigt, einen Blick in den nächsten Band zu werfen, um zu sehen, ob nicht doch noch die ein oder andere interessante Wendung wartet. Wer mit dem Genre etwas anfangen kann, wird hier fündig. Wer neue, epische Ideen will, sollte die Tour nach keine-Lust-den-Namen-nochmal-zu-schreiben-weil-ich-mich-wieder-verhaspeln-werde stornieren.

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Mort

Mort hat 'Wie? Nicht auf Lehramt!?' studiert und wühlt sich mit trüffelschweiniger Begeisterung durch alle Arten von Geschichten. Animes, Mangas, Bücher, Filme, Serien, nichts wird verschmäht und zu allem Überfluss schreibt er auch noch gerne selbst. Meist zuviel. Er findet es außerdem seltsam von sich in der dritten Person zu reden und hat die Neigung, vollkommen überflüssige Informationen in sein Profil zu schreiben. Mag keine Oliven.

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