Halo (Folge 1×04)
Halo bewegt sich mit seiner vierten Folge »Heimkehr« auf die Mitte der Staffel zu und verharrt dabei im Drama-Modus. Bestehende Handlungsstränge werden mit Enthüllungen fortgeführt und sogar neue Stränge eingeführt. Es ist längst überfällig, dass der Master Chief mal eine gescheite Waffe abfeuert, aber zumindest gibt es einige kurze Charakterstudien und einen Master Chief, der breit lächelt.
Inhaltsangabe
Die Episode startet mit einem Garant für gute Laune: Kindersoldaten, die sich durch ihre Morgenroutine schlagen und dabei »Wir sind Spartaner!« brüllen. Wir sehen hier die bekannten Spartaner in jungen Jahren: Riz 028, Vannak 134, Kai 125, Soren 066 und John 117 – der rebellischste von allen, da er wiederholt versucht hat abzuhauen. Im belehrenden Gespräch versucht Dr. Halsey John davon zu überzeugen, dass er ganz besonders sei und die Spartaner eines Tages anführen werde. Plumpe Konditionierung, die aber funzt: John lächelt, Halsey lächelt, aber wir wissen, dass hier eine sinistre Sache am Laufen ist.
In der Gegenwart fliegen John, Halsey und ihr Assistent Adun geradewegs nach Eridanus. John bestaunt das Farbenspiel des Slip Streams, während Cortana feststellt, dass er das erste Mal Ängste erlebt. Doch John scheint mit seinen neu entdeckten Gefühlen bereits Frieden geschlossen zu haben, während Halsey und Adun immer noch besorgt über sein unspartanisches Verhalten sind.
Unterdessen landen Kwan und Soren auf Madrigal, das autoritär von Gouverneur Vinsher geführt wird. Im Verlauf der Folge versucht Kwan die Militärfreunde ihres toten Vaters zu finden und zu mobilisieren, doch sie erfährt eine Schlappe nach der nächsten. Kwans Tante offenbart ihrer Nichte, dass die Motivation ihres Vaters in Wahrheit eine ganz andere gewesen sei als die Befreiung vom UNSC. Weit draußen in der Wüste habe er einst bei einem mystischen Klan die wahre Aufgabe der Ha-Familie kennen gelernt und warum es sie nach Madrigal verschlagen hat. Doch mehr Details gibt es nicht, denn Vinshers Attentäterin platzt herein. Die Tante stirbt, Kwan kann durch Soren gerettet werden. Nächste Station: natürlich der ominöse Klan.
Auf Reach sehen wir Spartanerin Kai, die sich genau wie John zuvor mithilfe eines Messers die Hormonkugel aus ihrem Rücken entfernt. In ihrer neu gewonnenen Freiheit färbt sie sich zudem die Haare pink.
Das Silver Team wird zu Miranda Keyes gerufen, die untersuchen will, wie das Artefakt auf die Spartaner reagiert. Das Ergebnis fällt ernüchternd aus. Dafür erkennt Miranda in den Spartanern einen ungeheuren Fundus an Allianz-Vokabeln. Nach anfänglichem Fremdeln nähern sich Miranda und Kai an und versuchen die Allianz-Sprache zu entschlüsseln.
Auf Eridanus angekommen untersucht Chiefs Gruppe die »Reach for Life«-Kolonie, die seinerzeit von Johns Eltern geleitet wurde. Mit Schaufel und Bohrer buddeln sie nach dem vergrabenen Ding aus Johns Erinnerungen, welches sich als Kiste mit seinen alten Kinderzeichnungen entpuppt. Als sie das Haus seiner Eltern betreten, erlebt John eine Reise durch seine Vergangenheit, indem Cortana auf Chiefs Helmdisplay die alte Umgebung simuliert. Neben einigen anderen Erkenntnissen kommt auch heraus, dass Halsey schon damals den Kontakt zu John gesucht hat – und zwar heimlich ohne das Wissen seiner Eltern. John beginnt an seiner Quasi-Mutter Halsey zu zweifeln und wird zornig.
Weiter geht die Reise: John führt seinen Trupp geradewegs zum Artefakt, Mission erfüllt. Doch Halsey kann nicht aufhören besorgt auf ihre immer autarker werdende Schöpfung zu starren. Wir hören Miranda aus dem Off sagen: »Ich kenne Dr. Halsey: Sie toleriert keine Defekte.«
Kwan, die nervige Rebellenqueen
Für gewöhnlich wartet Halo mit einer sehr überzeugenden Optik auf, in dieser Folge jedoch könnte die Kulisse von Madrigal glatt aus Stargate stammen (nichts gegen Stargate, Himmel …). Auch der Plot um Kwan flacht ab und vermag kaum wohlwollendes Interesse hervorzurufen. Sie selber entwickelt sich zum Nervbolzen, der trotz Kopfgeld viel zu engagiert durch die Straßen rennt und jeden zweiten Madrigaler lautstark des Verrats an der Rebellion bezichtigt, und das, obwohl sie erst just mitansehen musste, wie ihre Sippe von Aliens ausradiert wurde. Man würde meinen, so ein Erlebnis würde ihre Prioritäten ändern. Sicher, Vinsher ist ein Arsch und das UNSC hat auch Dreck am Stecken, aber vielleicht sollte man die Rebellion gegen diese Institution erst einmal so lange ad acta legen bis eben keine immanente Gefahr von Aliens, die ganze Planeten verglasen können, mehr ausgeht.
»Gimme mah Space Combat«
In diesem Zusammenhang fällt dann auch auf, dass die Serie bislang erstaunlich wenig tut, um die besagte immanente Gefahr durch Aliens darzustellen. Es fehlen die Schlachtfelder. Und da es keine Schlachtfelder gibt, fehlt auch das Gefühl dafür, was einen Spartaner ausmacht. Wo sind die Spartaner, die an der Front kämpfen? Nicht da. Stattdessen sehen wir lediglich das Silver Team, das zumeist tatenlos in den Baracken herumrennt. In dieser Folge jedoch haben sie etwas mehr zu tun, wenn auch nur als Forschungsobjekt, und zugegeben; diese Szenen bilden das Highlight. Endlich mal ein halbwegs vernünftiger verbaler Austausch, bei dem gerade Vannack mit seiner lakonischen Ader hervor sticht und mehr Master Chief ist als der Master Chief selbst ( … würden Hater sagen).
Die Ausreißerin Kai 125
Dass Kai ihre Hormonkugel entfernt und sich die Haare rosa färbt, mag zunächst befremdlich wirken, gelinde gesagt. Es hat aber einen durchaus netten Touch, wenn sie durch ihr zu menschliches Verhalten gewisses Unwohlsein bei anderen hervorruft. Kai ist charismatisch und versprüht sympathische Brienne von Tarth-Vibes. Die Entwicklung ihrer Beziehung zu Miranda, die in dieser Folge ihr soziales Debüt mit den Spartanern feiert, könnte spannend werden, auch wenn Kais »Wir sind Schwestern« etwas überzogen wirkt. Immerhin antwortet Miranda nicht ganz so euphorisch mit »Sie sind seltsam, Petty Officer«. Schade nur, dass die Reaktion der anderen Spartaner auf Kais verändertes Verhalten nicht gezeigt wird.
Mutter und Sohn fremdeln
Und was treibt der Master Chief? Nun, der buddelt die meiste Zeit über Löcher im Wald. 500 Jahre in der Zukunft und sie haben immer noch keinen Bodenscanner. Ganz zu schweigen vom Assistenten, der die Erde mit einem massiven Bohrer durchpflügt. Warum zur Hölle nutzt man einen Bohrer wenn man ein empfindliches Artefakt sucht? Insgesamt gerät Master Chiefs Wandeln durch seine Vergangenheit etwas lahm. Interessanter ist da schon, dass die Beziehung zwischen ihm und Halsey Risse bekommt. Ebenso interessant ist der Callback zum berühmten Münzwurf (bekannt aus dem Roman Halo: Die Schlacht um Reach), mit dem Halsey damals herausfand, was John von den anderen Spartanern abhebt: Er hat mehr Glück. Es wird angedeutet, dass sich Halsey des Master Chiefs entledigen will, wahrscheinlich aber wird Cortana dagegen aufbegehren, da sie und John vom selben Schlag sind: Sie sind beide arme, unfreiwillige und höchst unethische Schöpfungen Halseys.
Fazit
Immer noch keine Action, dafür aber ist der Nackte-Ärsche-Counter auf »4« hochgegangen: Makee, Master Chief und in dieser Folge neu dazu gekommen: Kai und Vinsher, letzterer lässig mit Zigarre im Swimmingpool. Halos Obsession mit Hintern ist bemerkenswert. Ansonsten fällt diese Episode eher lahm aus; das ganze Gebuddel nach Kinderzeichnungen wirkt saftlos und der Plot auf Madrigal ist auch ein eher mäßiges Zugpferd. Mehr Freude bereitet da schon der Fokus auf das Silver Team und die Entwicklung von Kai 125. Persönliche Lieblingsszene: Wenn Chief seinen Helm aufsetzt und ihn fünf Sekunden später wieder abnimmt, um ihn wie eine Handtasche herum zu tragen. Mich juckt der helmlose Chief nicht, aber ich weiß, es gibt viele, die es juckt, und als ich diese Szene sah, musste ich lachen. Da werden wieder ein paar Reddit-Threads explodieren.
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