Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht (Folge 1×06)
Es scheppert ordentlich in Folge 6. Schlacht. Und nochmal Schlacht. Gefolgt von … Schlacht. Und einem Twist, den wohl keiner erwartet hat. Der aber, nach allem, was selbst der Laie über Mittelerde weiß, irgendwann kommen musste. Denn den postkartenwürdigen Berg über den Dörfern und grünen Wiesen kennt man schon lange, allerdings in ganz anderer Gestalt. Was bei den Harfüßen, den Elben und den Zwergen passiert, rutscht erst einmal in den Hintergrund.
Inhaltsangabe
Adar hält eine Ansprache an seine Truppen und rückt auf Ostirith zu. Doch als die Orks in die Festung eindringen, ist sie leer. Bis auf Arondir, der das Tor verrammelt und den Turm zum Einsturz bringt, sodass die eingedrungenen Orks von den Trümmern erschlagen werden.
Die drei Schiffe von Numenor sind unterwegs nach Mittelerde, Galadriel spricht mit Isildur und seinem Vater Elendil. Offenbar gibt es ein Geheimnis um Elendils verstorbene Frau, mit dem er nicht herausrücken möchte. Am Morgen nach der Schlacht versucht Arondir vergebens, den dunkelmagischen Schwertgriff zu zerstören und beschließt, ihn zu verstecken. Theo hat das mitbekommen. Die Dörfler bereiten sich auf den nächsten Angriff vor. Bei Einbruch der Dunkelheit rücken Adars Truppen auf das Dorf vor. Die Dörfler leisten erbitterten Widerstand und können den Angriff zunächst zurückschlagen, stellen jedoch fest, dass die Angreifer, die sie getötet haben vor allem Menschen sind, nämlich die Dorfbewohner, die sich auf Adars Seite geschlagen haben. Bei einer zweiten Angriffswelle wird Bronwyn verletzt und die Dörfler müssen sich in die Dorfschänke zurückziehen, wo sie von Adar und seinen Schergen gestellt werden. Adar fordert den Schwertgriff ein, als Arondir sich weigert, ihn herauszugeben, lässt Adar einen Dörfler nach dem anderen erdolchen. Bis Theo verrät, wo das Artefakt verborgen ist. Inzwischen ist es Morgen geworden, die Armee der Numenorer rückt zu Pferde auf das Dorf zu.
Adar versucht, mit dem Artefakt zu fliehen, wird jedoch von Galadriel und Halbrand verfolgt und gefangen genommen. Halbrand kennt Adar von früher und will ihn töten, doch Galadriel hindert ihn daran. Galadriel erkennt in Adar einen Moriondor, einen von Morgoth gefolterten und versklavten Elben, der nun der dunklen Seite verfallen ist. Sie befragt ihn und er erklärt, dass Sauron versuchte eine Macht jenseits des Körperlichen zu schaffen und dabei nicht zum Ziel gelangte, obwohl er viele seiner Geschöpfe dafür opferte. Bis Adar Sauron tötete und nun versucht, eine Heimat für sich und seine Nachkommen, die Orks zu schaffen. Galadriel ist kurz davor, ihn zu töten, doch Halbrand hindert sie daran.
Die Dörfler und die Numenorer feiern ihren Sieg, die Regentin stellt Halbrand als den König der Südlande vor und Halbrand bestätigt nach kurzem Zögern, dass er der verschollene König ist. Theo sollte eigentlich den wieder zurückerlangten Schwertgriff den Numenorern übergeben, doch er schaut noch einmal in das verpackte Bündel. Darin findet sich nur eine Axt. Den Schwertgriff hat Waldreg, der ihn in eine Art Schlüsselloch steckt und dreht. Das bewirkt, dass weit oberhalb des Dorfes ein Staudamm geöffnet wird und sich Wassermassen ins Tal ergießen. Sie fließen durch die von den Orks gegrabenen Tunnels in eine mit Lava gefüllte Höhle unter dem Berg. Als das Wasser auf die Lava trifft, bringt der Wasserdampf den ruhenden Vulkan zum Ausbruch. Glühende Gesteinsbrocken regnen auf das Dorf herab. Während Dörfler und Numenorer flüchten, beobachtet Galadriel das Geschehen und wird von den Flammen verschlungen.
Ein Beinah-Finale
Da hatte man sich an einen behaglichen Bilderbogen gewöhnt: Bei den Zwergen passiert etwas, bei den Elben, bei den Harfüßen, in Numenor, in den Südlanden. Doch mit Folge 6 lässt Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht dieses gemächliche Voranschreiten hinter sich und steuert auf einen Staffel-Höhepunkt mit epischen Schlachten zu. Das hätte durchaus das Zeug zum großen Finale gehabt, wenn der etwas zu leicht errungene Sieg nicht eine so trügerische Angelegenheit gewesen wäre. Und nicht noch zwei Folgen ausstehen würden. Ein Kniff, den Game of Thrones vorgemacht hat. Die große Schlacht kommt nicht in der letzte Folge, sondern vorher. Damit danach noch Zeit für die Konsequenzen des epischen Getümmels bleibt. Wer Kampfszenen mag, der kommt in dieser Folge voll auf seine Kosten. Mal mit Dunkelheit und Fackelschein, mal bei Tage. Gleich zweimal mit einer markigen Rede als Auftakt. Mal als spektakuläres Einzelduell, mal Massenszenen mit jeder Menge Statisten. Erst Arondir allein gegen alle. Dann Arondir als die sieben Samurai, der den Dörflern zeigt, wie man sich gegen einen übermächtigen Feind wehrt. Und zum Schluss das triumphale Herangaloppieren der Kavallerie. Bis man merkt, dass der Sieg gar nicht verhindert hat, was es zu verhindern galt. Und Folge 6 in den letzten paar Minuten einen schnellen Genrewechsel zum Katastrophenfilm vollzieht. Jede Menge Futter für die nächste Staffel also.
Wir bevorzugen die Bezeichnung "Uruk"
Da hat Adar als Repräsentant einer diskriminierten Minderheit offensichtlich seine Hausaufgaben gemacht. Merke: korrekt ist eine Benennung nur, wenn sie von den so Benannten selbst gewählt ist. Und er gendert. “Brüder und Schwestern!” ruft er seinem Gefolge zu. Weibliche Orks? Äh, Uruks? Nicht nur, dass es die, so wie Zwerginnen, bisher nicht zu sehen gab. Es hat sich keiner auch nur darüber Gedanken gemacht, ob es sie überhaupt gibt. Also, zumindest nicht in Tolkiens Welt. Spannend! Ansonsten spult Adar eine Menge Backstory ab. Wie er als von Morgoth versklavter Elb zum Stammvater all der Horden der Finsternis wurde, bis er Sauron tötete und nun für Uruk-Belange kämpft. Was in vielerlei Hinsicht eine zweischneidige Angelegenheit ist. Denn sicherlich haben Orks alle einen Namen, eine Persönlichkeit und den Wunsch zu leben. Aber auch viel zu viel Spaß an Grausamkeit und ein Ungenügend im Fach Sozialverhalten. Adar tut oder sagt in jeder Folge etwas Rührendes, erinnert sich an blumenbestandene Flussufer und pflanzt vor der Schlacht ein paar Samenkörnchen. Und tut gleich darauf etwas, was ihn sofort jegliche Zuschauersympathien kostet. Die Ringe der Macht jongliert da sehr geschickt mit Sympathielenkung, um eine durch und durch zwiespältige Figur zu schaffen. Und all den hässlichen Kampfmaschinen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, und sie trotzdem als wunderbar bösartige Antagonisten zu behalten. Ob Adar wirklich Sauron getötet hat? Nein, denn der ist einige Zeitalter später immer noch da. Lüge oder Irrtum? Man weiß es bisher noch nicht.
Fazit
Epischer Abschluss eines Handlungsstrangs, die anderen liegen derweil mal auf Eis. Man vermisst sie schon, auch, wenn die Folge so richtig in die Vollen geht, was Schlachtgetümmel aller Art betrifft. Da wollte man sich wohl von der Schlacht um Helms Klamm aus Peter Jacksons Der Herr der Ringe: Die zwei Türme eine Scheibe abschneiden. Ganz so groß ist es nicht, aber es kommt schon in die Nähe. Magisches Artefakt der Woche: Der Schwertgriff des Bösen. Der schon durch die ganze Staffel geistert. Das sah auf Anhieb so perfekt generisch aus: eine schwarzmagische Waffe, die man mit dem eigenen Blut füttern muss, um ihre Macht freizusetzen. Mit praktischen Piekern am Knauf, die man sich in den Unterarm rammt. Alles klar: Das Ding verleiht Macht und frisst den Träger dabei auf. Sauber ausgearbeitetes Fantasy-Versatzstück. Und dann ist es doch etwas ganz anderes. Schön gemacht.
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