Neues vom US-Comicmarkt (September 2019)
In diesem Format stellen wir euch ausgewählte aktuelle Comics des US-Markts vor, die wir monatlich begleiten.
Enttäuschung, Furcht, Hoffnungslosigkeit, Wut. Das alles und noch viel mehr verspürt Abel nachdem er auf seinen Großvater traf. Er hat keine Ahnung, warum ihn der Nokoyuna in die Winterwälder schickte. Die einzige Erkenntnis, die Abel anstatt einer Heilung gewann: Er kann nicht geheilt werden. Eine denkbar schlechte Kombination an Gefühlen für einen Jungen in seinem Alter. Der Selbsthass wird immer größer, aber der Wunsch, die Schuld bei jemand anderem zu suchen, ebenfalls. So zerstreitet sich Abel im elften Kapitel von Middlewest schnell mit Fuchs, der über das Verhalten des Jungen besorgt ist. Bereits kurz nach ihrer Trennung wird Abel von einem Mann gefangen, der ihn zusammen mit anderen Kindern von der Straße entführt. Seine kaum beherrschbare Wut entlädt sich, als einer der anderen Jungen ihn provoziert …
Wer es in den ersten zehn Kapiteln nicht gemerkt hat, wird es spätestens hier erkennen: Middlewest ist keine locker-flockige Coming-of-Age Geschichte. Ich mag die meisten Kapitel, jedoch frage ich mich, ob es nicht sinnvoller wäre, sie länger zu machen. Denn das Balancing zwischen ruhigen Momenten und neuem Informationgewinn, oft in Kombination mit Action, ist nicht gut gelungen. Es wäre besser, wenn Scottie Young mehr Chancen bekäme, seine Welt gleichmäßig auszubauen. Jedoch gibt es auch wieder diese Kapitel, die in sich komplett stimmig sind, was auch bei diesem der Fall ist. Die Gefühle des Jungen und des Fuchses werden wie immer genial durch Jorge Coronas Zeichnungen gestützt. Auch entfalten sich hier weitere Fragen: Wohin kommen die entführten Kinder? Wie will sich die eine Figur an Abel rächen? Welches Geheimnis umgibt Fuchs, der anscheinend zu einem allzu guten Zeitpunkt in Abels Leben trat? Wo bleibt eigentlich Abels Vater? Es werden viele Fäden für die kommenden Kapitel aufgegriffen und alte wieder eingeflochten. Ganz langweilig wird es in Middlewest jedenfalls nicht, auch wenn die Kapitel in ihrer Qualität schwanken.
Washington, Baltimore und Metropolis sind nach der Explosion von Captain Atom von der Landkarte ausgelöscht. Nur wenige Menschen haben überlebt und für diese gilt es nun sichere Plätze zu finden. Unter anderem wird Themyscira, die Amazonen-Insel, für die Überlebenden zugänglich gemacht. In Gotham kann Poison Ivy den Überlebenden Zuflucht gewähren, aber nur wenn sie keine der Pflanzen verletzen. Damian Wayne, jetzt der neue Batman, akzeptiert das. Die Festung der Einsamkeit ist mittlerweile zu einem Sammelpunkt der verbleibenden Helden geworden. Selbst Lex Luthor ist dort, als einer der wenigen, der zum Überleben der Menschen etwas beitragen kann. Doch selbst hier ist niemand sicher. Ein infizierter Martian Manhunter tötet zuerst Lex Luthor und infiziert dann Barry Allen. Zwar kann Martian Manhunter gestoppt werden, doch ein infizierter Flash ist sehr viel gefährlicher. Mit seiner Geschwindigkeit kann er in kürzester Zeit die ganze Welt infizieren weshalb Superman ihn aufhalten will. Zwar kann er Flash endgültig töten, doch nun ist auch er infiziert. Nach kurzer Verabschiedung, will er sich selbst im Weltall ersticken, bevor auch er zur Gefahr wird. Doch selbst er war diesmal zu langsam und so scheint das Symbol der Hoffnung zum Zerstörer der Welt zu werden.
Eine Achterbahn der Gefühle ist diese Serie. Ich kann mir nach dieser vorletzten Ausgabe nicht vorstellen, hier noch ein Happy End zu sehen. Zwar gab es einige amüsante Szenen, doch diese heben die trübe Stimmung nur leicht. Tom Taylor macht ganz klar, was er mit DCEASED erreichen will: Die absolute Zerstörung des DC-Universums. Die tragischen Tode von Flash und Superman sind da nur die Spitze des Eisbergs und alle Zeichen stehen auf Vernichtung. Superman hätte alles vielleicht sogar verhindern können, wenn er sich nicht von seiner Familie verabschiedet hätte. So wird er wahrscheinlich zum letzten Vehikel der Apokalypse. Es ist schwer zu sagen wie die Serie endet, doch für mich ist klar, dass kein schönes werden kann. Zu viele sind gestorben, zu viel Hoffnung verloren. So konsequent wie Taylor arbeitet kann ich mir auch keinen Deus Ex Machina-Moment vorstellen. Das Finale dürfte noch einmal heftig werden.