The Heike Story

Start: 15. September 2021 – 25. November 2021
Episoden: 11
Genre: Historie
Regie: Naoko Yamada
Studio: Science SARU

Inhaltsangabe:

Während der späten Heian-Ära gehört der Taira-Clan (auch Heike-Clan genannt) zu den einflussreichsten Machthabern Japans. Doch gerade als sie den Zenit ihrer Macht erreicht zu haben scheinen, sagt ihnen ein seltsames junges Mädchen namens Biwa, das mit ihrem rechten Auge in die Zukunft blicken kann, ihren Untergang voraus.

Taira no Shigemori, der älteste Sohn des Anführers wiederum kann mit seinem linken Auge die Geister der Verstorbenen sehen. Er stellt Biwa unter den Schutz des Taira-Clans, mit dem Ziel, die schreckliche Zukunft, die das Mädchen gesehen hat, um jeden Preis abzuwenden. Doch Biwa misstraut ihm, immerhin trägt der Clan die Schuld am Tod ihres Vaters. In den nächsten Jahren verändert sich jedoch nicht nur das Schicksal des Taira-Clans, sondern das ganze Land droht im Chaos zu versinken. Werden Biwas grausame Visionen Wirklichkeit, oder wird es ihnen gelingen, das Unheil abzuwenden?  

Folge 1: If You Don't Belong to the Heike, You Won't Be a Person

Japan im zwölften Jahrhundert. Schergen des mächtigen Heike-Clans metzeln willkürlich Menschen nieder, die ein falsches Wort über das erfolgreiche Adelshaus gesprochen haben könnten. So auch einen blinden Straßenmusikanten. Seine kleine Tochter sieht aus wie ein Junge und nennt sich Biwa, wie ihr Saiteninstrument. Eines ihrer Augen ist blau und mit dem kann sie in die Zukunft sehen. Sie prophezeit Shigemori, dem Sohn des Clan-Oberhaupts, den Untergang seines Hauses. Da da er selber über eine ähnliche Gabe verfügt, aber nur unzusammenhängende Bilder von Tod und Zerstörung sehen kann, nimmt er Biwa in seine Familie auf, denn er hofft, von ihr konkretere Voraussagen zu hören und so das Verhängnis abwenden zu können. Biwa fügt sich nur widerwillig und in die Zukunft sehen will sie nicht, der Vater hat es ihr verboten. Dennoch lebt sie sich langsam bei Shigemori und seinen vier Söhnen ein. Doch dann nimmt das Unheil seinen Lauf: Shigemoris zweiter Sohn bezieht Prügel, weil er den Regenten des Kaisers nicht angemessen respektvoll begrüßt hat. Shigemori möchte sich entschuldigen, doch der selbstherrliche Clan-Führer schickt Truppen aus, die ihrerseits das Gefolge des Regenten empfindlich demütigen. Das kann nicht gut gehen …

Ein ganz großer Brocken japanische Kultur und Geschichte. Die Erzählungen von den Heike heißt ein Klassiker der japanischen Literatur, ein Versepos aus dem 14. Jahrhundert, das auf mündlich überlieferten und zu Musikbegleitung vorgetragenen Episoden beruht. Etwa von reisenden Biwa-Spielern. Es schildert den heroischen Untergang des Heike-Clans im Kampf gegen das rivalisierende Haus der Minamoto. Da geht es um Schlachten und Ehre und Bushido und buddhistische Lehren. Ganz ganz große Themen also und im Laufe der Jahrhunderte immer wieder auf’s Neue bearbeitet. Es ist etwa so, als wollte man das Nibelungenlied oder die Ilias als Anime auf den Bildschirm bringen. The Heike Story fängt ganz klein und am Rand an: ein elternloses Kind findet eine neue Familie, einen freundlichen Adoptivpapa und lauter Geschwister, die einen nett, die anderen garstig. Optisch schwelgt die Serie in Reminiszenzen an japanische Kunst und lässt Kirschblüten, Glühwürmchen und Herbstblätter wunderbar aussehen. Auf jeden Fall ein Augenschmaus. Aber wie man wohl ein ganzes Versepos in einem Dutzend 23-Minuten-Folgen unterbringt?

Folge 2: The Glory of the Corrupt World is a Dream in a Dream

Shigemori bemüht sich sehr, die Wogen zu glätten, bestraft seinen frechen Sohn mit Hausarrest und versucht, sich von den Männern zu trennen, die an dem Überfall auf das Gefolge des Regenten beteiligt waren. Biwa schließt Freundschaften mit der 16-jährigen Tokuko und der Tänzerin Gio. Gio berichtet von einer anderen Tänzerin mit zweifarbigen Augen, die einst ihr Kind weggeben musste. Biwas Mutter? Zögernd versucht Biwa einen verbotenen Blick in die Zukunft und sieht für Gio und ihre Freunde ein friedliches Leben als buddhistische Nonne bzw. Mönch. Die Zukunft ist also nicht immer finster und ein Blick darauf nicht immer erschreckend. Doch Tokuko sieht sie immer wieder hilferufend inmitten von tosenden Wellen. Dann soll Tokuko politisch vorteilhaft verheiratet werden und verlässt Shigemoris Anwesen. Biwa ist voller Angst: Wird jetzt ihre Vorahnung in Erfüllung gehen?

Langsam wird es unübersichtlich bei den Heike. Wer plant was und welche Folgen hat das für das Gesamtbild? Überheblichkeit und Machthunger sind nach wie vor die Stolperfallen für den allzu steil aufgestiegenen Clan. Zum Ende der letzten Folge hätte es knallen können, doch Shigemori scheint die brenzlige Situation für’s erste entschärft zu haben. Aber ein mittelalterliches Versepos folgt halt nicht der Dramaturgie einer Fernsehserie, sodass nicht wirklich absehbar ist, wie das alles weitergeht und wer wann was gegen wen unternehmen wird. Man merkt, dass es eine gute Idee war, die ausufernde Familienchronik durch den Fokus auf eine nichtkanonische Randfigur zu strukturieren. Biwa ist immer noch wild und unzivilisiert, aber sie schließt Freundschaften. Von Tokuko etwa erfahren wir eine Menge über politische Eheschließungen und durch Gio lernen wir, dass man sich dem Haifischbecken Adelsresidenz durch Rückzug in die Religion entziehen kann. Viele kleine Details, die ein Bild ergeben, aber ein roter Faden will sich noch nicht so recht zeigen.

Folge 3: Shishigatani Incident

Biwas Vision hat sich bisher nicht bewahrheitet: Tokuko ist nicht ertrunken. Sie hat den Thronfolger geheiratet, allerdings noch keinen politisch so wichtigen Erben zur Welt gebracht, denn ihr Ehemann verbringt seine Zeit mit einer Geliebten. Ein Tempel brennt und wieder ziehen erzürnte Kriegermönche durch die Straßen. Shigemori muss sich ihnen entgegenstellen und obwohl er seine Truppen anweist, die Mönche möglichst wenig zu verletzen und schon gar nicht den Schrein, den sie mit sich tragen, zu beschießen, kommt es zu einem blutigen Scharmützel. Adelige, die den Heike feindlich gesinnt sind,versammeln sich um den alten Kaiser und ein Plan, die Heike mithilfe des Clans der Minamoto aus ihrer Machtposition zu verdrängen, gewinnt Konturen. Shigemori gerät in einen Loyalitätskonflikt zwischen seinem Vater und seinem Kaiser.

Sechs Jahre sind vergangen, heißt es. Doch Biwa ist immer noch ein Kind und immer noch wild und unbeherrscht. Um sie herum spitzen sich die Geschehnisse zu. Die erste Schlacht wird geschlagen, kommentiert durch Sprechgesang zur Biwa, so, wie das Heike Monogatari traditionell vorgetragen wurde. Von einer schattenhaften Frauengestalt, die die erwachsene Biwa sein könnte, nun mit langem weißem Haar und blassblauen Augen. Was sich da politisch zusammenbraut, ist nicht so leicht nachzuvollziehen. Da gibt es den Enryaku-Tempel und seine rebellischen Mönche. Da ist der alte Kaiser, der eigentlich Mönch geworden ist, um den Weg für seinen Sohn frei zu machen, aber dennoch eine politische Rolle spielt. Er steht den Heike eigentlich nahe, hat aber offenbar auch ein offenes Ohr für ihre Feinde. Und da sind die Minamoto, die verwirrenderweise auch Genji heißen, so wie die Heike auch als Taira bekannt sind. Was damit zu tun hat, dass man die Schriftzeichen der Namen verschieden lesen kann. Aufgabe bis zur nächsten Folge: googeln, was da eigentlich los ist.

Folge 4: Unwritten Affair

Wieder ist viel Zeit vergangen. Tokuko ist nun doch endlich schwanger geworden, hat aber eine schwierige Schwangerschaft und Geburt vor sich. Shigemoris Söhne sind erwachsen geworden, der nette Ältere hat Frau und Kind, der freche Jüngere versucht sich im Anbaggern, landet aber weder bei seiner Angebeteten noch bei Biwa. Der große Hafen, der in der ersten Folge nur als Modell auftauchte, ist nun fertiggebaut. Die ränkeschmiedenden Adeligen aus der letzten Folge sind auf eine einsame Insel verbannt worden, doch um günstiges Karma für Tokukos Niederkunft zu generieren, werden alle bis auf einen begnadigt. Tokukos Kind kommt gesund zur Welt, endlich ein Thronfolger! Aber Biwa sieht in der Zukunft auch für Tokukos Kind nur Gefahr im tiefen Wasser. Shigemoris Gesundheitszustand ist angegriffen und verschlechtert sich mehr und mehr.

In der letzten Folge hatte sich ein Konflikt zugespitzt. So, wie bereits zuvor. Und wieder passiert nichts, außer dass Jahre ins Land gehen. Diesmal sieht man es auch an Biwa, sie ist deutlich gewachsen, aber sie gibt sich immer noch kindlich und trägt nach wie vor Jungenkleidung. Dass die Verschwörer aus der letzten Folge bis auf einen begnadigt werden, scheint der wichtige Punkt der Folge zu sein, denn der wird wieder von der weißhaarigen Sängerin vorgetragen. Ja, das ist Biwa, allerdings mit einer sehr erwachsenen Alt-Stimme. Also viele Jahre in der Zukunft? Shigemori war der Einzige, der in den letzten Folgen stets versucht hat, das Richtige zu tun und Konflikte zu vermeiden. Was passiert wohl, wenn andere ans Ruder kommen? Ob irgendwann mal epische Schlachten geschlagen werden? Bisher ist The Heike Story ein ästhetischer Bilderbogen der Heian-Zeit mit eher loser Handlung und minimalem Spannungslevel.

Folge 5: Bridge Battle

Nach Shigemoris Tod wandeln sich die Machtverhältnisse sowohl im Familienclan als auch im Kaiserreich. Nachfolger als Familienoberhaupt der Heike wird sein Bruder Munemori, der die Position mit deutlich weniger Würde ausfüllt. Als der alte Kaiser Ländereien und Vermögen einzieht, das die Heike für sich beanspruchen, schlägt Kiyomori zurück, besetzt noch mehr Staatsposten mit Heike-Verwandschaft, drängt unliebsame Gegner in die Verbannung und zwingt selbst den alten Kaiser in den Hausarrest. Dass der junge Kaiser abdankt und nun Tokukos Sohn im Kleinkindalter den Kaiserthron besteigt, passt ins Bild. Und dass Munemori einem gedemütigten Minamoto auch noch das Lieblingspferd wegnimmt, bringt das Fass zum Überlaufen. Widerstand formiert sich bei den Minamoto, den Kriegermönchen und einem weiteren Sohn des alten Kaisers, der auch für die Thronfolge in Frage käme. Doch auf dem Schlachtfeld sind die Heike Sieger.

In Folge 5 gibt es eine Menge Politik und ausführliches Schlachtgetümmel, wieder begleitet von Sprechgesang zur Biwa. Ein interessantes Instrument übrigens, das nicht nur zum zarten Klimpern, sondern auch zu aufpeitschender Schlacht-Untermalung taugt. Die Familienverhältnisse werden immer unübersichtlicher, all diese Brüder und Söhne von verschiedenen Müttern, die hier und da auftauchen und ins Geschehen eingreifen. Ein einfacher Anhaltspunkt: wer ein rundliches Gesicht und eine Stupsnase hat, ist wohl ein unfähiger Trottel. Aristokratische Züge und möglicherweise eine elegantes Spitzbärtchen qualifizieren zum tragischen Heldentum. Aber die wirklich tragische Figur ist Tokuko, die Leidtragende eines politisch genialen Heiratsmanövers. Jetzt ist sie zwar die Mutter des Kaisers, aber ihre Verwandten schlachten gerade Verwandte ihres Mannes ab. Und dennoch will sie allen vergeben, damit das Gemetzel einmal ein Ende hat. Nur, dass das keinen interessiert. 

Folge 6: City Transition

Kiyomori macht einen unerhörten Schritt zur Festigung seiner Macht: Er verlegt den Regierungssitz von Heian Kyo, dem heutigen Kyoto, nach Fukuhara, der so günstig gelegenen Hafenstadt, die er zuvor noch als Modell eines ehrgeizigen Bauvorhabens vor sich stehen hatte. Das führt zunächst nur zu beengten Wohnverhältnissen für die kaiserliche Familie und zu Vollmondbetrachtung am Strand. Aber auch zu weiteren Unruhen: Wieder stellen die Gegner der Heike, nun unter der Führung von Minamoto no Yoritomo, ein Heer auf. Auf der Heike-Seite wird Koremori, Shigemoris ältester Sohn vom Großvater zum Heerführer ernannt. Doch Koremori ist kein Krieger und beim ersten Zusammentreffen mit dem Feind versagt er jämmerlich.

In Folge 6 lässt The Heike Story den machtgierigen Clan in ungeahnte Höhen steigen: Jetzt ist Kiyomori nicht nur Großvater des Kleinkind-Kaisers, er hat auch seine eigene Hauptstadt geschaffen. Ob das gut gehen kann? Shigemori ist ein Jahr nach seinem Tod fast schon zur Legende geworden, seinem Sohn Koremori fällt es sichtlich schwer, in diese Fusstapfen zu treten. Wieder stehen sich Heere gegenüber, wieder setzt die weißhaarige Sängerin zur epischen Schlachtschilderung an – um dann zu berichten, wie das Heer der Heike den Lärm aufgeschreckter Wasservögel für einen Angriff des Feindes hielt und floh. Koremori entgeht zwar der Verbannung, aber nicht seinen Schuldgefühlen. Am Rand der Handlung gibt es einen weiteren jungen Heike-Cousin, Flötenspiel bei Vollmond und einen überraschend emotionalen Moment zwischen Tokuko und ihrem Mann.

Folge 7: Kiyomori, Dies

Kiyomoris Hauptstadtträume währen nicht lang, schon nach kurzer Zeit zieht der kaiserliche Hof zurück nach Kyoto. Der junge Ex-Kaiser, Tokukos Ehemann, stirbt und Tokuko widersetzt sich ihrem Vater, der einen Platz im Harem des alten Ex-Kaisers für sie im Auge hatte. Sie will nicht wieder heiraten und droht an, notfalls Nonne zu werden. Biwa findet ein weißes Kätzchen. Wieder eskalieren die Auseinandersetzungen mit den Kriegermönchen, Köpfe rollen, Tempel brennen. Auch Kiyomori stirbt, seine Angehörigen sehen ihn ob seiner Untaten schon in der Hölle schmoren. Nach seinem Tod wird Biwa aus dem Heike-Haushalt fortgejagt und begibt sich auf Wanderschaft.

Der alte Kiyomori, bisher die treibende Kraft beim Aufstieg der Heike, stirbt und Biwa muss das Anwesen der Heike verlassen. Das fühlt sich wie ein Schlusspunkt an, aber da The Heike Story gerade mal in Folge 7 angekommen ist, ist es wohl nur ein Wendepunkt der Handlung. Von den verbliebenen Heike-Nachkommen hat jedoch keiner das Format des alten Familienoberhaupts und so bleibt wohl nur der Weg bergab. Diesmal keine Schlacht mit Gesangseinlage, rollende Köpfe werden elegant- melancholisch durch fallende Blüten symbolisiert. Wie war nochmal Shigehira, der Flötenspieler, mit den Heike verwandt? Jedenfalls bekommt er ín dieser Folge die Rolle, die einst Shigemori innehatte: die des Heerführers, der trotz bester Absichten die Eskalation nicht verhindern kann.

Folge 8: Leaving the Capital

Biwa macht sich auf die Suche nach ihrer Mutter und schlägt sich, wie einst ihr Vater, mit Straßenmusik durch. Die Heike müssen sich wieder zum Kampf stellen. Doch Sukemori feiert lieber als sich um die Bedrohung zu kümmern und Koremori führt schon wieder ein Heer in eine vernichtende Niederlage. Die Heike wären mit 70 000 Mann in einer offenen Feldschlacht dem Gegner zwar haushoch überlegen, doch die Minamoto haben die schlaue Idee, den Kampf in waldig-bergiges Gelände zu tragen, wo ein Großteil der Heike-Kavallerie in eine Schlucht stürzt. Tokuko und ihr kleiner Sohn, mittlerweile vielleicht drei Jahre alt, fliehen mit dem kaiserlichen Hof aus Kyoto, zunächst in das verlassene Fukuhara, dann übers Meer. 

Es war abzusehen. Ohne Kiyomori, den Tywin Lannister der Heian-Zeit, geht es mit den Heike bergab. Schon wieder eine Niederlage, begleitet vom Gesang der blinden Sängerin, zu Trommelschlag und wehendem weißen Haar, wie die flatternden weißen Banner der Minamoto. Die gewinnen mittlerweile an Kontur. An die Heike mit ihren komplizierten Verwandschaftsverhältnissen hatte man sich in den letzten Folgen gewöhnen können. Die Minamoto blieben recht undefiniert. Nun bleiben Gesichter in Erinnerung: Yoritomo, mit den hager-dümmlichen Zügen wohl eher kein Held. Yoshinaka, der struppig-muskulöse Naturbursch. Und Tomoe, die Kriegerin. Tokukos Flucht per Schiff sollte misstrauisch stimmen, denn da war doch Biwas Vision von bedrohlichen Wellen in den ersten Folgen …

Folge 9: Heike Flowing

Yoshinakas Truppen tyrannisieren die Bevölkerung so wie einst die Heike. Die Flucht der Heike wird immer verzweifelter, der kleine Flötenspieler begeht Selbstmord, ein anderer stirbt in einem spektakulären Schwertduell am Strand und Tokuko ist jetzt schon zu Fuß und im strömenden Regen unterwegs, mit dem kleinen Thronfolger in einem Korb auf ihrem Rücken. Biwa zieht mit drei Tänzerinnen durch’s Land und findet endlich ihre Mutter. Statt einer Tänzerin mit zweifarbigen Augen findet sie eine weißhaarige Blinde mit der Gabe der Vorsehung, die glücklich ist, endlich ihrer Tochter zu begegnen. Doch Biwa macht ihr wütende Vorwürfe, warum hat sie nie versucht, sie zu finden, wenn sie doch sehen konnte, wie es ihrer Tochter ergeht?

Wenn man sich acht Folgen lang gefragt hat, was Biwa eigentlich in dieser Geschichte zu suchen hat, außer an den Rändern der Handlung den vielen Figuren Gelegenheit für ein paar Charaktermomente zu liefern, dann liefert The Heike Story mit Folge 9 endlich eine Antwort. Biwa trifft auf ihre Mutter und findet zu sich selbst und ihrer besonderen Gabe. Nein, sie kann nicht verhindern, dass Menschen sterben, die ihr nahestehen. Aber sie weiß jetzt, was sie für die Heike tun kann. Zum Beispiel beten – immerhin ist es eine Geschichte mit stark buddhistischem Hintergrund. Und die Biwa spielen. Und über sie wachen. Da kann ihre Verwandlung zur weißhaarigen Sängerin, die Aufstieg und Fall der Heike besingt, nur eine Frage der Zeit sein.

Folge 10: Dan-no-ura

Mit den Heike geht es weiter bergab. Der junge, hübsche Minamoto-Heerführer Yoshitsune triumphiert, Biwa stolpert durch die niedergebrannten Ruinen von Fukuhara, der Beinah-Hauptstadt. Der alte Ex-Kaiser hat einen neuen Kaiser bestimmt, den Sohn einer Konkubine seines verstorbenen Sohns, was einer Enterbung seines legitimen Enkels, Tokukos Sohn, entspricht. Heerführer Shigehira wird gefangen genommen, Koremori zerbricht an seiner Pflicht, in den Kampf ziehen zu müssen, wird erst Mönch und begeht dann Selbstmord. Biwa findet zurück zu den Heike und verspricht, über alle zu berichten. Anlässlich einer Seeschlacht zwischen Heike und Minamoto wird sie zur weißhaarigen Sängerin und schildert die epische Schlacht.

Obwohl die Heike sie eher unwillig aufnehmen, scheint Biwa doch froh zu sein, wieder bei den Menschen zu leben, mit denen sie viele Jahre verbracht hat. Die alle älter geworden sind, nur Biwa nicht. Man hat das deutliche Gefühl, dass das die letzte Gelegenheit für ein paar friedliche Charaktermomente ist, bevor das Ende naht. The Heike Story lässt Zuschauererwartungen zwar gern in die Irre gehen, weil ein jahrhundertealtes Versepos nicht den heutigen Sehgewohnheiten entspricht, aber die Folge endet immerhin mit einer spektakulären symbolischen Verwandlung und einem fetten Cliffhanger. Vom Foreshadowing “Gefahr in den Wellen” ganz zu schweigen.

Folge 11: The Impermanence of Worldly Things

Die große Seeschlacht entscheidet das Schicksal der Heike: Zwar in der Unterzahl, aber mit mehr Erfahrung, scheinen sie zunächst auf dem Weg zum Sieg. Doch Wind und Strömung sind gegen sie, ein Schwarm Delfine ist ein böses Omen. Auf einem Schiff am Rande des Getümmels warten die Frauen der Heike, Biwa und der kleine Kaiser auf den Ausgang der Schlacht. Doch als das Blatt sich wendet, beschließt Tokiko, die Großmutter des Kindes, dass es Zeit für einen ehrenvollen Tod ist bevor sie den Feinden in die Hände fallen. Sie lässt sich mit dem kleinen Jungen auf dem Arm ins Wasser fallen und beide ertrinken. Die anderen Frauen und alsbald auch die kämpfenden Heike-Männer folgen ihrem Beispiel. Von Biwa wird ein Freitod nicht erwartet und Tokuko wird gerettet. Biwa sieht ein letztes Mal in die Zukunft und sieht ein langes Leben für Tokuko. Dann ändert sich ihre Augenfarbe zu blassblau und sie erblindet. Viel später lebt Tokuko als Nonne und Biwa singt über Aufstieg und Fall der Heike.

Prinzipiell hätte The Heike Story immer weiter gehen können. Zumindestens für die Zuschauer, die die Vorlage nicht kennen. Hier mal ein Scharmützel, dort mal eine Verschwörung, immer neue Akteure, die in den Vordergrund treten oder wieder im Hintergrund verschwinden, im Wechsel mit Biwas kleinen Erlebnissen im Schatten der großen Politik. Aber Folge 11 setzt einen dramatischen Schlusspunkt mit steilem Pathos. Jetzt sind sie alle tot. Warum Biwa erblindet, nachdem sie ein letztes Mal die Zukunft gesehen hat? Einfach so. Aus rein symbolischen Gründen, sie ist die Tradition blinder Biwa-Spieler in Person. Das Schlusswort bekommt Tokuko, die ein sehr buddhistisches Fazit zieht: Was kann man im Leben schon tun, außer das Leid der vergänglichen Welt zu ertragen, sich am Wechsel der Jahreszeiten zu erfreuen und für die anderen zu beten? The Heike Story bietet einen Schnelldurchlauf durch ein im Original vermutlich schwer zugängliches Stück Weltliteratur. Man hat zwar das Gefühl, nur kleine Schnipsel des Ganzen gesehen zu haben, dafür ist es optisch wunderschön und der unbedarfte, westliche Zuschauer hat das Gefühl, mal an so richtig klassischer japanischer Literatur geschnuppert zu haben.