Sing "Yesterday" for me
Start: 5. April 2020 ‑ 21. Juni 2020
Episoden: 12
Genre: Slice of Life, Drama, Coming of Age
Regie: Yoshiyuki Fujiwara
Studio: Shuka
Inhaltsangabe: Nach seinem Studium nimmt Rikuo Uozumi, ein Junge ohne sonderliche Ambitionen im Leben, einen Job in einem Gemischtwarenladen an. Die Tage ziehen ereignislos vorüber, bis er seine ehemalige Klassenkameradin und Ex-Freundin wiedertrifft. Und dann wäre da noch die höchst ungewöhnliche Haru Nonaka und ihr Haustierrabe …
Folge 1: Der Versuch des Aussenseiters, sich zu verändern
Sing “Yesterday” for me erzählt die Geschichte von Rikuo, der ein halbes Jahr nach Abschluss seines Studiums immer noch in seinem Studentenjob in einem 24/7-Supermarkt festhängt. Warum er sich nicht für einen richtigen Job bewirbt? Weil er nicht so recht weiß, was er eigentlich mit sich anfangen soll. Der Job im Laden ist so schön provisorisch, da muss man sich auf nichts festlegen. Und mit der Liebe verhält es sich wohl genauso. Waren er und seine Mitstudentin Shinako nur darum beste Freunde, weil er nie den Mut gefunden hat, ihr seine Liebe zu gestehen? In sein unentschiedenes Leben platzt Haru, Schulabbrecherin, struppig, punkig und stets mit einer zahmen Krähe auf der Schulter. Sie ist exzentrisch, aufdringlich und eine wahre Nervensäge. Aber mit ihrer direkten Art macht sie auch Eindruck auf ihn, sollte er vielleicht doch endlich Shinako, die mittlerweile Lehrerin an einer Oberschule ist, seine Gefühle offenbaren? Und endlich einmal Klarheit herbeiführen?
Sing “Yesterday” for me ist einer von den Animes, die Prädikate wie “Leise”, “Ruhig” oder “Unspektakulär” verdienen. Kleine Geschichten des Alltags, statt die Welt zu retten, muss der Held sich der Frage stellen, ob er zum ersten Ehemaligen-Treffen seines Uni-Jahrgangs gehen soll oder nicht (Antwort: Nein). Oder ob er einer aufdringlichen Göre ein übrig gebliebenes Bento schenken soll, wenn er schon der Krähe etwas zu fressen hingestellt hat (Antwort: Ja) Dabei wirken all die kleinen Alltagserlebnisse nicht beliebig episodisch aneinandergereiht, man hat schon sehr den Eindruck, dass es sehr gezielt um Rikuos Seelenleben und seine Suche nach dem richtigen Platz im Leben gehen wird. Haru ist erst einmal für Comedy-Momente gut, aber auch bei ihr kommt vermutlich noch einiges an Charakter-Entwicklung hinterher. Also, hoffentlich.
Folge 2: Cul-de-sac
Da hat Rikuo nun endlich allen Mut zusammengekratzt und Shinako seine Liebe gestanden. Und sie hat darauf den fatalen Satz “Lass uns lieber Freunde bleiben” gesagt. Aber anstatt dass nun Klarheit herrscht, ist die Situation nur noch komplizierter geworden. Mittlerweile blühen die Kirschbäume, Shinako hat ihr erstes Schuljahr als Lehrerin hinter sich, Rikuo jobbt immer noch im Supermarkt und das mit dem Freunde bleiben klappt überhaupt nicht, denn jetzt winden sich beide vor Verlegenheit, wenn sie einander begegnen. Hinzu kommt, dass Haru ganz offen in Rikuo verknallt ist und Shinako sich bewusst macht, dass sie immer noch einer verlorenen Jugendliebe hinterhertrauert. Was auch nicht leichter wird, wenn der kleine Bruder des vor Jahren im Teenager-Alter gestorbenen Jungen eifersüchtig darüber wacht, ob Shinako sich nicht doch mittlerweile in jemand anderen verliebt hat.
In Folge 2 malt Sing “Yesterday” for me” seine kleine Welt weiter aus, die Figuren bekommen mehr Backgroundstory und mehr Konturen. Die emotionalen Verwicklungen werden komplizierter. Und das Leben geht weiter. Shinako erlebt zum ersten Mal eine Schulabschlussfeier als Lehrerin und eine anschließende Lehrerparty mit Bier und Tratsch. Das muss wohl das Erwachsenen-Leben sein. Rikuo muss feststellen, dass sein Versuch, Klarheit zu schaffen, nur neue Unklarheiten geschaffen hat. Schön, wie Sing “Yesterday” for me” sensibel und ohne großes Drama mit Gefühlsverwirrungen umgeht. Etwas unklar bleibt, wieso Rou, der eifersüchtige kleine Bruder, plötzlich an Shinakos Schule auftaucht, und seine Eifersucht wirkt viele Jahre nach dem Tod seines großen Bruders etwas überzogen, hat er wirklich erwartet, dass Shinako ihr ganzes Studium hindurch nie einen anderen Mann ansehen würde? Mal schauen, wie diese Figur und dieser Handlungsfaden sich noch entwickeln …
Folge 3: Was ist Liebe?
Im Gegensatz zu den Vermeidern Rikuo und Shinako, ist Haru die Sache ganz forsch angegangen und hat Shinako den Krieg um Rikuos Herz erklärt. Und dann gesteht sie Rikuo ihre Liebe, mit dem Nachsatz, dass sie nicht fordernd sein will, denn sie weiß ja, wie das mit Rikuo und Shinako ist. Auch das ist zwar klar und deutlich, macht aber die Situation nicht besser, sondern nur noch verfahrener. Und weil das Ganze im Regen stattfindet, ist Rikuo nun erkältet und Shinako kümmert sich um ihn und dann steckt sich Shinako an und Rikuo kümmert sich. Einander umsorgen war offenbar der Teil ihrer unausgesprochenen Beziehung, der immer funktioniert hat. Doch Rikuo hätte darüber nicht verschlafen dürfen, dass er eigentlich mit Haru im Kino verabredet ist. Haru muss sich eingestehen, dass sie trotz ihrer Beteuerung, nicht fordernd auftreten zu wollen, ganz schön sauer und ganz schön eifersüchtig ist …
Sing “Yesterday” for Me Episode 3 und es bleibt kompliziert. Eine Runde weiter im Karussell der unerwiderten Liebe und nach zwei Folgen mit Überblick über das Beziehungsgeflecht diesmal eine Haru-Folge. Wir erfahren etwas über den abwesenden Papa und das kühle Verhältnis zur Mama, die der Tochter steif den neuen Lebensabschnittsgefährten vorstellt. Wir lernen Harus Arbeitsplatz kennen, das Café Milk Hall. Dass dieser Job dafür gesorgt hat, dass sie von der Schule geflogen ist, mag man angesichts der harmlosen Bilder kaum glauben. Ob es daran liegt, dass dort abends Alkohol ausgeschenkt wird? Und spielt es eine Rolle, dass Sing “Yesterday” for Me in einer Zeit spielt, als Telefone noch Hörer und Wählscheiben hatten und Musik auf Kassetten festgehalten wurde? All diese Details, die man als Japan-interessierter Europäer hochinteressant findet, aber nicht so recht ordnen kann, dafür fehlt halt doch der kulturelle Kontext. Jedenfalls ist Haru viel mit dem Motorroller in der Stadt unterwegs, um Kaffee auszuliefern und kann dabei über ihr Liebesdilemma nachdenken.
Folge 4: Wenn der Fluss fließt, kehrt Shinako nach Hause zurück
Eine Folge über Rou, dem kleinen Bruder von Shinakos jung verstorbenem ersten Freund. Rou ist von Kanazawa nach Tokyo gezogen, um eine Youbikou zu besuchen, eine Schule, die auf die Eingangsprüfungen der Universitäten vorbereitet. Rou will auf eine Kunsthochschule, denn schon als Kind konnte er gut zeichnen. Aber in der Vorbereitungs-Klasse ist er nicht mehr der Einzige mit Zeichentalent, alle können das und alle sind schon weiter als er. Das lässt ihn an seiner Begabung zweifeln. Und überhaupt hat er als Kind vor allem deshalb gezeichnet, weil er nur so etwas Aufmerksamkeit erringen konnte, wenn alle Aufmerksamkeit in der Familie stets dem großen Bruder mit dem Herzfehler galt. Ob das für ein Kunststudium reicht? Und dann ist da Shinako, in die er verliebt ist. Aber die kann sich von dem toten Bruder nicht lösen, kocht zwar gern für Rou, sieht in ihm aber nur den kleinen Bruder. Nun liegt Rous Schule aber um die Ecke von Rikuos Supermarkt und Harus Café, sodass Rou seinen Rivalen um Shinakos Gunst täglich sieht und Haru, die Rikuo nicht dazu überreden kann, sie abends nach Hause zu begleiten, den Weg mit Rou macht. Nur um festzustellen, dass auch dieser junge Mann nur Augen für Shinako hat.
Episode 4 ergänzt das Dreieck der unerwiderten Liebe zum Quartett. Rou ist ganz im Gegensatz zu seinem überzogenen Eifersuchtsauftritt zuvor ein nachdenklicher Kerl, der eigentlich die Kernpunkte der emotionalen Verwirrungen gut erkennen kann. Sein Drang zu zeichnen. Shinakos Unfähigkeit, sich von dem verstorbenen Jungen zu lösen. Nein, sie ist nicht nach Tokyo gegangen, um die Vergangenheit hinter sich zu lassen, sondern im Gegenteil, um der Tatsache auszuweichen, dass die anderen nach Yuus Tod allmählich wieder zur Normalität zurückkehren. Aber obwohl er die Dinge so differenziert sehen kann, muss er sich doch wieder mit Rikuo auf einen kleinen, albernen Hahnenkampf einlassen. Eine Wendung, die ich mag. Schön auch, wie die Welt von Sing “Yesterday” for me klein und eng verwoben ist. Haru liefert Kaffee an ein Büro, die jungen Männer an den Schreibtischen kennen ihre Chefin, denn die hat dem einen zu Schulzeiten einen Korb gegeben. Herein stolpert Rou, denn das Büro ist so etwas wie das Sekretariat seiner Vorbereitungsschule. Und dann trifft er das Kaffee-Mädchen just in dem Supermarkt, in dem sein vermeintlicher Rivale arbeitet. Hat diese merkwürdige Person etwa was mit ihm? Nein, Glück in der Liebe ist bisher noch für keinen der Protagonisten in Sicht.
Folge 5: Der Mann namens Minato
Sing “Yesterday” vor me geht in die fünfte Runde und es ist Herbst geworden (in Episode 3 und 4 war Sommer, in Episode 2 war Frühling). Rikuo hat einen neuen Nebenjob in einer Fotogalerie und entwickelt zum ersten Mal so etwas wie schüchterne Zielstrebigkeit, denn fotografiert hat er schon seit Episode 1. Kein Wunder, dass er seinen Kollegen, den Fotografie-Studenten Minato auf Anhieb nicht leiden kann. So ein schnöseliger Künstlertyp mit Bärtchen und dezidierten Ansichten über Kameras und Bildmotive. Nun ist Minato aber – kleine Welt! – mit Haru zur Schule gegangen. Sie erinnert sich nicht an ihn, er war heimlich in sie verliebt. Hat sie den nun etwas mit Rikuo? Oder nicht? Oder er mit Shinako, immerhin auch Minatos Lehrerin zu Schulzeiten? Muss man da mal ein klares Wort sprechen? Und wieder führt ein tapfer vorgetragenes Liebesgeständnis zu einer melancholischen Abfuhr.
Schön, dass Rikuo mal versucht, aus seiner Unentschlossenheit herauszukommen. Schön auch, wie Minato seine so vehement vorgetragenen Grundsätze wie “Keine Portraitfotografie!” oder “Nicht am ersten besten Wettbewerb teilnehmen!”, die Rikuo so verunsichern, einfach über den Haufen wirft und dann doch an dem unbedeutenden Wettbewerb teilnimmt. Mit einem Portraitfoto von Haru in Schuluniform. Und wieder gibt es diese peinlich-komischen Begegnungen, die Sing “Yesterday” for me ausmachen. Diesmal treffen sich gleich zwei Pärchen, die jeweils nichts miteinander haben. Rikuo nicht mit Shinako und Minato nicht mit Haru. Und trotzdem ist es für alle Beteiligten eine Schrecksekunde und die Verlegenheit ist groß. Schade eigentlich, dass Minato wohl nur ein kurzes Gastspiel im Figuren-Kaleidoskop von Sing “Yesterday” for me vergönnt ist, mit seinem Entschluss, das Studium zu schmeissen und zu reisen ist er wohl aus der Handlung raus. Was ist eigentlich aus Rou geworden?
Folge 6: Die Frau namens Yuzuhara
Wer ist die rothaarige Frau unter Rikuos Wohnzimmertisch? Nein, dass Rikuo mal spontan Glück in der Liebe gehabt haben könnte, ist dann doch zu abwegig. Eine alte Bekannte hat sich bei ihm eingenistet. Sie ist aus ihrer Wohnung geflogen, Freundinnen hat sie nicht und der einzige männliche Bekannte, der keine feste Freundin hat, ist Rikuo. Also der einzige Kandidat, bei dem sie unterkriechen kann, bis sie Geld für eine neue Wohnung zusammengekratzt hat. Auch wenn sie Rikuo seit Schulzeiten nicht mehr gesehen hat. Und er ist wenig begeistert, sie wiederzusehen. Bei Shinako und Haru bewirkt das Auftauchen einer Mitbewohnerin in Rikuos Ein-Zimmer-Apartment große Verwunderung und eine gute Portion Eifersucht. Unnötigerweise, denn obwohl Chika ihn bekocht und betüddelt, kommt nichts dabei heraus außer ein paar melancholischen Blicken in die Vergangenheit.
Mittlerweile sind die Grundzüge von Sing “Yesterday” for me so weit etabliert, dass Nebenfiguren sie ironisch kommentieren. Wie Rikuos Kollege aus dem Supermarkt, der an den Fingern aufzählt mit wievielen Frauen Rikuo irgendwie etwas, aber doch nichts hat: Shinako, Haru, Chika … Und Shinakos Grundproblem sieht ganz anders aus, wenn sie es auf einer Lehrerinnenparty ihren Kolleginnen erzählt. Soo romantisch … aber hat sie wirklich seitdem niemals eine richtige Beziehung gehabt? Echt jetzt?! Schon ist es keine lebensüberschattende Tragödie mehr, sondern nur irgendwie peinlich. Immerhin, etwas geht voran: Rikuo hat nun Aussicht auf den nächsten Job in der Welt der Fotografie.
Folge 7: Vorahung des Ehepaares
Es geht voran für Rikuo: der Job in der Fotogalerie führt zu einem Job in einem Foto-Studio und das führt zu einem Auftrag als Hochzeitsfotograf bei der Hochzeit eines Bekannten. Gelegenheit für Rikuo, sich zu fragen, ob sein Leben nun doch eine Richtung bekommt. Jedenfalls fängt die Arbeit im Supermarkt an zu nerven, weil er so viele andere Dinge zu tun hat. Für Rou gehen die Dinge zu gemächlich, er findet, dass er sich mit mehr Stress lebendiger fühlt. Da die Aufnahmeprüfung für die Kunstakademie aber noch eine Weile hin ist, versucht er, an anderer Stelle mehr nach vorn zu stürmen und sein Ziel ist Shinako, die ihn endlich als Erwachsenen und möglichen LAG, aber nicht mehr als kleinen Bruder sehen soll. Dieses Thema will sie nun gar nicht anschneiden und kocht ihm lieber was Leckeres. Besprechen tut sie das Thema mit Rikuo und will ihm eigentlich etwas ganz anderes sagen. Wenn er doch nur so beharrlich wäre wie Rou …
Armer Rikuo. Da hat er taktvoll Shinakos Nein akzeptiert und sich auf die Rolle des besten Kumpels, der auch mal den Fernseher verkabelt, aber sonst nichts will, zurückgezogen, um sie nicht zu bedrängen. Und jetzt kriegt er zu hören, dass sie sich mehr stürmisches Bedrängen gewünscht hätte. Wie man’s macht, macht man’s falsch. Aber dafür schickt sie ihn an der Haustür nicht fort, sondern bittet ihn nach oben. Cliffhanger! Ansonsten eine Folge mit wenig Haru, die ist zur Zeit kaum präsent im Figuren-Kaleidoskop von Sing “Yesterday” for me. Nur in einer putzigen, kleinen Szene, wo Rikuo sie zu Okonomiyaki, japanischen Gemüse-Pfannkuchen, einlädt. Was man da alles für Beilagen bestellen kann! Zumal wenn man Rikuo ärgern will!
Folge 8: Unschludiges Blau
Da hat Shinako mit Rikuo vor der Haustür gestanden und ihn endlich mal mit nach oben gebeten… und nun steht sie vor der Wohnungstür und zögert. Und Rikuo ist so taktvoll, dass er eine flaue Entschuldigung murmelt und geht. Chance vertan. Beide besprechen diesen weiteren Beziehungsknoten mit Freunden und die können nur den Kopf schütteln. Warum können Shinako und Rikuo einfach nicht zu einander finden? Ansonsten geht das Leben weiter, aus Rikuos Nebenjob im Fotostudio ist eine Festanstellung geworden. Kinoshita, sein ehemaliger Kollege aus dem Supermarkt, tourt jetzt mit seiner Band durch Japan und trägt sein Haar nicht mehr wie Axl Rose, sondern wie Kurt Cobain. Haru trauert der Zeit nach, wo sie einfach im Supermarkt auftauchen konnte, um mit Rikuo zu plaudern und bemüht sich sehr, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Sie wartet abends vor seinem Fotostudio, sie bringt ihm Bagels mit, sie drängelt ihn, sie nach Hause zu begleiten. Aber obwohl sie das Kontrastprogramm zu Shinakos Zögerlichkeit auffährt, erntet sie von Rikuo nur schlechtgelaunte Brummigkeit. Wie man’s macht, macht man’s falsch.
Wieder einmal schön, wie das verzwickte Problem von Rikuo und Shinako ganz anders aussieht, wenn Außenstehende es kommentieren, analysieren, Ratschläge geben. Einer Lösung nähern sich die beiden trotzdem nicht. Und jetzt schwankt Shinako wieder Richtung Rou und was macht sie? Kochen. Viel zu viel. Obwohl eigentlich keiner da ist, um es zu essen, Rous Papa muss früh weg und Rou ist noch spät in der Schule. Das ist so offensichtlich daneben und trotzdem rührend und dabei weit weg – meine Oma wäre Probleme der Familie und des Herzens auch so angegangen, aber sonst niemand, den ich kenne. Aber was dahintersteckt, kommt trotzdem rüber.
Folge 9: Weinachtslied
Haru hadert mit sich und dem Umstand, dass sie Rikuo immer mehr aus den Augen verliert. Rou und Shinako sprechen sich aus, er entschuldigt sich für seine stürmische Umarmung, sie betont wieder einmal, dass sie einfach nur das alte Gefühl der Zusammengehörigkeit erhalten möchte. Und deshalb immer weiter für Rou und seine Familie kochen möchte, nichts darüber hinaus. Weihnachten rückt näher. Haru kellnert im Weihnachtswichtel-Kostüm und kommt nicht über Rikuo hinweg. Rikuos alter Studienfreund Fukuda, bei dessen Hochzeit Rikuo fotografiert hat, lädt Rikuo und Shinako zu Weihnachten zu sich ein, zu einem netten Essen zu viert und um Fotos aus der Studienzeit anschauen. Shinako sagt erst einmal ab, denn Rou hat sie zu Weihnachten zu sich eingeladen. Natürlich muss sie für ihn kochen, er steht doch kurz vor der Aufnahmeprüfung zur Kunsthochschule und muss umsorgt werden. Auch dieses Weihnachtsfest dient dem Schwelgen in Erinnerungen. Doch als Rou eine milde anzügliche Bemerkung macht, flüchtet Shinako. Und taucht dann doch noch verspätet bei Rikuo und den Fukudas auf.
Weihnachten in Japan: lauter westlicher Weihnachtsschnickschnack, aber anders als hierzulande. Ein Fest für Pärchen, ein Abend, den man zu zweit mit dem oder der Liebsten verbringt, eine Gelegenheit romantische Geschenke zu machen. Eher so wie Valentinstag, nur mit Weihnachtsdeko. Shinako muss die Augen schon sehr doll zugekniffen haben, um nicht zu sehen, dass Rou sich ein Date wünscht, wenn er sie zu Weihnachten einlädt. Und dass Rikuo erst als Hälfte eines Pärchens von den Fukudas eingeladen wird, allein auftaucht und schließlich doch mit Shinako feiert, weil die nicht mit Rou… nun ja, das fasst eigentlich das Auf und Ab der ersten acht Folgen zusammen. Hübsches Detail am Rand: das ungeliebte Weihnachtsgeschenk für die Liebste, das von einem zum anderen wandert: Von Rikuos Kollegen, der wohl kurz vor Weihnachten Beziehungsstress hatte und das romantisch verpackte Präsent für seine Freundin auf Rikuo abläd, der es Shinako nicht schenken kann, weil das eine zu deutlich Geste wäre. Und es drum Fukuda überhelfen will, dem das peinlich ist, ein fremdes Geschenk zu verschenken. Bis schließlich die frischgebackene Frau Fukuda das Päckchen abgreift und sich jenseits von all den Peinlichkeiten über den hübschen Schmuck darin freut.
Folge 10: Ein neues Jahr der Anfänge
Nun feiern Shinako und Rikuo doch gemeinsam Weihnachten. Rikuo hat sogar ein Geschenk für sie, denn die Gastgeberin hat taktvoll das von einer Hand zur andern wandernde Geschenk hübsch neu verpackt und heimlich Rikuo wieder zugesteckt. Shinako freut sich aufrichtig über den Mondsteinanhänger und findet Rikuos Unbeholfenheit beim Überreichen liebenswert statt peinlich. Und dann kommt der Heimweg und die Frage, ob er vielleicht auf einen Kaffee … und diesmal schaffen sie es sogar bis in ihre Wohnung. Und dann ist der Erwartungsdruck wieder zu hoch, als dass “etwas” passieren könnte außer einer kleinen Umarmung. Aber immerhin verabreden sie sich, Neujahr miteinander zu verbringen. Wenn sie es nur jeweils über sich brächten, den anderen anzurufen, anstatt mit wachsender Enttäuschung auf den Anruf des anderen zu warten …
Oh je, Rikuo. Shinako ist ja ein komplizierter Mensch, das wissen wir bereits. Aber Rikuo stellt sich auch denkbar ungeschickt an. Auf ihre Steilvorlage “Du hast diesen hübschen Mondstein für mich ausgesucht?” mit der ganzen Vorgeschichte des Päckchens herauszusprudeln, ist schon selten dämlich. Denn das war bekanntermaßen ein Geschenk seines Kollegen für die mittlerweile Verflossene. So ein Glück, dass Shinako diesen groben Schnitzer nicht rotzig, sondern rührend findet. Grandioser Schnitzer Nummer 2: Auf die Frage “Wie wär’s mit einem Kaffee?” wirklich und wahrhaftig zu antworten: “Ich glaube, da vorn ist ein Getränke-Automat.” Aber gut, die “Komm doch noch mit rauf …”-Situation ist schon einmal schiefgegangen, gebrühtes Kind scheut den Kaffee. Schnitzer Nummer 3: Ein Neujahrsdate zu verabreden. Und. Dann. Nicht. Anzurufen. Ein Wunder, dass die beiden es doch zu einem Restaurantbesuch schaffen.
Folge 11: Ein Frühlingssturm
Nun sind Shinako und Rikuo endlich ein Paar. Soll heißen, sie treffen sich regelmäßig, gehen essen oder besuchen einander. Zärtlichkeiten sind immer noch außen vor. Und nun stehen sie vor der nächsten Hürde: Wie teilt man es der Umwelt mit? Dass Rikuo nun köstliche Bentos zur Arbeit mitbringt, ist für die Kollegen ein untrügliches Indiz. Aber Haru oder Rou über den Stand der Dinge aufklären? Beiden ist das höchst unangenehm und sie zögern und zögern …
Episode 11 von Sing “Yesterday” for me zelebriert mal wieder die Magie der Gleichung “Kochen = Liebesbeweis”. Statt Rikuo zu küssen, kocht Shinako für ihn, wie sie schon für Rou gekocht hat, während Rou die Ankündigung, dass sie nun seltener für ihn kochen wird, weil er doch zur Uni geht, so richtig persönlich nimmt, war es etwa immer nur Pflichterfüllung? Und sonst nichts? Selbst Haru hat Gelegenheit, ein schickes westliches Frühstück mit Würstchen und Speck für Rikuo zuzubereiten und kommt trotzdem seinem Herzen nicht näher. Die Arme.
Folge 12: Der lange Weg
Natürlich haben Rou und Haru herausgefunden, dass Rikuo und Shinako ein Paar geworden sind. Auch, wenn es ihnen keiner offen gesagt hat. Haru zieht die Konsequenz. Sie gibt ihren Job im Café auf und zieht wieder bei ihrer Mutter ein, weit genug weg, um Rikuo nicht mehr zufällig-absichtlich zu begegnen. Rou geht in die Konfrontation. Als das Pärchen wieder einmal unentschlossen abends vor Shinakos Haustür steht, stellt er Shinako zur Rede. Shinako macht in der Situation eine denkbar schlechte Figur. Sich erst schweigend hinter Rikuo zu verstecken, aber dann den Lebensabschnittsgefährten stehen zu lassen und dem wütend davonstürmenden Rou hinterherzulaufen bringt ihr auf keiner Seite Sympathien ein. Und so sitzen Shinako und Rikuo einige Zeit später auf einer Parkbank, sehen ein, dass dieses Beziehungszeugs ein Fehler war und beschließen, sich zu trennen. Beide sind ein wenig erleichtert dabei. Rou feiert seine erste eigene Wohnung, möglicherweise hat er sogar eine Freundin. Aber da ist immer noch sein Skizzenblock mit der Zeichung von Shinako. Rikuo macht sich auf, Haru zu besuchen und gesteht ihr nun endlich, dass sie ihm zwar immer wieder auf die Nerven geht, aber er sie dennoch liebt. Das bringt ihm erst einen Schlag in den Magen und dann doch eine überglückliche Umarmung ein.
Eigentlich hätte es immer so weiter gehen können. Der Manga tut es wohl noch eine ganze Strecke. Aber mit diesem kleinen, bittersüßen Happy End kommt Sing “Yesterday” for me als Anime nach nur zwölf Folgen zum Ende. Ich hätte auch noch ein weiteres Dutzend Folgen gut schauen können. Selten habe ich eine Serie um Liebe und Beziehungen gesehen, bei der die Protagonisten so ungeschickt agierten und in so viel Zeit so wenig von der Stelle kamen. Dennoch waren es vergnügliche zwölf Folgen. Allein die 1000 Variationen der Peinlichkeit, die auftreten, wenn man in Herzensangelegenheit die Dinge allzu sehr in der Schwebe lässt, waren schon das Anschauen wert.