Magical Girl Site

Start: 6. April 2018 ‑ 22. Juni 2018
Episoden: 12
Genre: Drama, Horror, Psychologie
Regie: Tadahito Matsubayashi
Studio: production doA

Inhaltsangabe: Aya wird von ihren Mitschülern wie auch zu Hause brutal gepeinigt. Doch eines Tages erscheint auf ihrem Computerbildschirm die „Mahou Shoujo Site“ und heißt sie in der Welt der Magical Girls willkommen. Ihr persönlicher Stab wartet am nächsten Tag in ihrem Schulspind auf Aya. Als sie sich wieder einmal von ihren Peinigerinnen an die Wand gedrängt findet, benutzt sie den Stab – mit dramatischen Konsequenzen.

Folge 1: Magical Girl Site

Düster und beklemmend porträtiert die erste Episode das Alltagsleben der Hauptfigur: Von der Mädchengang um Sarina Shizukume als Spielball für deren Grausamkeiten missbraucht, muss Aya Asagiri auch zu Hause als lebendiger Boxsack herhalten, an dem ihr Bruder Kaname den Druck ablässt, den der intelligente Schüler vom Vater mit seinen hohen Erwartungen bekommt. Einziger Freund scheint ihr ein unter einer Brücke hausendes Streunerkätzchen zu sein. Da flackert nachts ihr Laptop auf, und eine mysteriöse Webseite – die „Magical Girl Site“ – verspricht Aya magische Kräfte in Form eines Stabes, dessen Benutzung ihr aber selbst überlassen bleibt. Und tatsächlich: statt Schuhe voller Kleber und Rasierklingen findet sie am nächsten Morgen eine Pistole mit Lauf in Herzform in ihrem Schulspind. Zunächst hält Aya die Sache für einen neuen Streich ihrer Peiniger. Doch am selben Tag will Sarina sie von einem älteren Mitschüler vergewaltigen lassen; dazu hält deren Freundin auch noch das Halsband in Händen, das Aya ihrem Kätzchen geschenkt hatte, welches am morgen tot am Bahnübergang gefunden worden war. Wut kocht in ihr hoch – und sie drückt den Abzug ihrer magischen Waffe…

… und entlockt dem Zuschauer ein mehr oder minder leises „Recht so!“ ob dem blutrünstigen Tod zweier junger Menschen. Aber das passt, denn Provokation und Schockmomente scheinen die Stilmittel der Wahl zu sein für Storywriter und Mangaka Kentarou Satou und Regisseur Tadahito Matsubayashi (der immerhin Regie bei drei Episoden von Tokyo Ghoul geführt hat). Dabei muss der Anime aber aufpassen, denn sein Hang zur Übertreibung wird in dieser Folge nur dadurch ausgeglichen, dass Charaktere und Handlung zwar überzogen dargestellt werden, Handlungsmotive und Ereignisse aber gerade noch im Rahmen des Vorstellbaren bleiben: Verständlich ist zum Beispiel Bruder Kanames Wut auf Aya, die von den Eltern zwar vernachlässigt, aus seiner Sicht aber wenigstens in Ruhe gelassen wird. Wenn allerdings die „magischen“ Elemente der Geschichte an Bedeutung gewinnen, könnte dieses Gleichgewicht schnell kippen. Auch Visuals und Sound setzen gekonnt auf Verfremdungseffekte, etwa durch Klaviermusik zur Vergewaltigungszene oder aber der surrealen Fratze des Mädchens auf der „Magical Girl Site“. Sie machen die beklemmende Geschichte um Aya noch etwas heftiger. Doch ist auch das längst nicht so originell – man erinnere sich bloß an die Hintergründe des (Fast-)Namensvetters Madoka Magica. Ganz allgemein hätte der Anime aus meiner Sicht den Rückgriff auf Genre-Klischees nicht in dem Maße nötig, wie es die erste Folge vormacht. Die Message, dass Sarina und ihre Clique der Gerechtigkeit zugeführt werden müssen, die habe ich spätestens mit der drohenden Vergewaltigung Ayas deutlich verstanden – da hätte kein süßes, aber stereotypisches Kätzchen dafür sterben müssen.

Folge 2: Sturm

Magical Girls mögen alles außer … Magical Girls! Von Tsuyuno Yatsumura erfährt Aya, dass es noch mehr Mädchen gibt, die einen Pakt mit der „Magical Girl Site“ eingegangen sind. Eine verschworene Gemeinschaft scheinen sie aber nicht gerade zu sein: So tötet die skrupellose „Magical Hunter“ unerkannt andere Mädchen, um deren Waffen in ihren Besitz zu bringen. Tsuyuno glaubt, Ayas Stab, der sein Ziel an jeden gewünschten Ort teleportieren kann, sei das nächste Ziel der Killerin. Aber auch ihre eigene Fähigkeit, die Zeit anzuhalten, könnte für „Magical Hunter“ sehr begehrenswert sein. Widerwillig stimmt Aya zu, mit Tsuyuno zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu beschützen. Denn eigentlich möchte sie von ihrem Stab und der Tat, die sie damit begangen hat, nichts mehr wissen. Doch schon am nächsten Tag laufen die beiden der Killerin in die Falle. Nun muss Aya muss sich erneut entscheiden, ob sie leichtfertig ein Leben nehmen soll, um ihr eigenes zu schützen.

Ayas Zögern ist eigentlich ja nachvollziehbar. Nachdem ihre Umwelt im Laufe der Jahre auch den letzten Funken an Selbstvertrauen aus ihr heraus geprügelt hat, ist sie mit ihren neuen Kräften und Möglichkeiten völlig überfordert. Ganz im Gegensatz zu Tsuyuno, die keine Hemmungen zu haben scheint, ihre Macht gegen ihr lästige Gestalten einzusetzen. Der Kontrast zwischen den Beiden macht die Geschichte spannend und tiefgründig. Auch das Mysterium der „Magical Girl Site“ ist gut durchdacht und sorgt für Spannung, da die Hauptfiguren selbst nicht viel darüber zu wissen scheinen. Deutlich entspannter und damit angenehmer ist hingegen die allgemeine Atmosphäre der zweiten Episode von Magical Girl Site, mit viel weniger Blutspritzern und Schockmomenten im Vergleich zur ersten Folge. Spannungsfrei ist aber leider auch das total gestellt wirkende Finale, der Kampf zwischen den Mädchen und „Magical Hunter“, vor dem die ganzen positiven Aspekte ganz und gar verpuffen: Was für ein Zufall, dass die Schurkin aus ihrem „Murder Book“ gerade Aya als ihr nächstes Ziel auswählt! Sie selbst liefert jedenfalls kein Motiv dafür. Und ihr Angriff – am helllichten Tag und mitten auf offener Straße – wirkt so wenig bedrohlich wie die angebliche Massenmörderin selbst. Hinzu kommt noch das völlig unpassende Tempo der ganzen Szene: Die Angreiferin steht scheinbar geduldig daneben, bis Tsuyuno und Aya ihre Diskussionen endlich beendet haben, muss natürlich selbst noch einige für den Bösewicht typische Sprüche von sich geben – und wählt dann unter ihren vielen, so hart erkämpften Waffen eine aus, die Aya nichts anhaben kann. Deren Hadern mit ihrer neuen Rolle als Magical Girl erscheint vor diesem Hintergrund natürlich viel zu naiv und unglaubwürdig. Und damit auch die ganze Erzählung. Nach dem Schocker der ersten Folge und dieser Fortsetzung, die für mich fast wie eine Verharmlosung von Ayas traurigem Schicksal wirkt, hoffe ich schwer, dass der Anime in den kommenden Episoden konstanter mit seiner an sich interessanten Geschichte umgeht. Alles andere wäre einfach nur schade.

Folge 3: Die Prinzessin und der vergiftete Apfel

Keisuke Naoto ist einer jener eisernen Fans, in deren Leben für nichts anderes Platz ist als ihre große Fan-Liebe. In seinem Fall ist das Nijimi Anazawa oder „Nijimin“, die als Mitglied der Idol Group „Dog Play“ mit Hundeohren und „Wuff-Wuff“ über die Bühne hüpft, und zum echten Publikumsmagnet geworden ist. Doch der Grund für Nijimis geradezu zauberhaften Erfolg ist schnell erklärt: Auch sie ist ein Magical Girl, deren Fähigkeit es ist, andere um sie herum gefügig zu machen. Und deshalb wird sie bei einer ihrer Live-Shows kurzerhand von zwei gewissen Magical Girls aufgesucht. Aya und Tsuyuno sind auf der Suche nach einer Gleichgesinnten, die helfen kann, die total erschöpfte Rina Shioi wiederzubeleben. Die als „Magical Hunter“ mordend durch die Gegend Ziehende hat ihre Lebensenergie durch das Benutzen der Stäbe ihrer Opfer beinahe aufgebraucht. Aber sie scheint auch als einzige mehr über die Ankunft des „Tempest“ zu wissen, des möglicherweise die ganze Welt bedrohenden Betreibers der „Magical Girl Site“. Zufällig erfährt auch Sarina, die nach Tsuyunos Messerattacke im selben Krankenhaus liegt wie Rina, vom Geheimnis ihrer Rivalin Aya, und gerät dadurch ebenfalls ins Visier der dunklen Mächte.

Nach dem schwachen Finale beim letzten Mal hat mir die dritte Episode von Magical Girl Site schon viel besser gefallen. Was die Action betrifft, gibt die Folge zwar nicht viel her. Die Einführung und Charakterisierung von „Nijimin“ finde ich aber gelungen: Als Aya und Tsuyuno sie auf den „Magical Hunter“ ansprechen, zeigt sie unfreiwillig ihr hasserfülltes Inneres hinter der niedlichen Idol-Fassade. Nicht weniger fragwürdig ist außerdem ihr Apartment voller hirntoter Fans, die sie mit ihrer Macht zu Zombie-Dienern degradiert hat. Ob wohl auch der arme kranke Keisuke einmal zu denen gehören wird? Jedenfalls passt auch er mit seiner selbstzerstörerischen Zuneigung für Nijimi gut in das Ensemble der durch und durch freakigen Charaktere dieser Geschichte. Aya und Tsuyuno erscheinen da fast noch als Normalos. Langsam finden die beiden zueinander und bilden ein Team. Aya scheint endlich ihre ängstliche Art zu überwinden. Und das darzustellen, gelingt den Serienmachern dieses mal wirklich überzeugend. Etwas störend empfinde ich dagegen nach wie vor die meiner Ansicht nach unpassend gesetzten Comedy-Einlagen. Vor allem Ayas Bruder verkommt zur Witzfigur; dadurch verblasst aber auch die Härte von Ayas Schicksal als lebender Boxsack von Kaname nicht gerade wenig. Und das kratzt für mich wiederum an der Prämisse der Geschichte, die – an sich ja genial – doch darauf abzielt, dass eine Gruppe gepeinigter Mädchen von dunklen Kräften missbraucht wird, indem diese ihnen fälschlich Rettung verspricht. Wenn es dabei bleibt, entwickelt sich Magical Girl Site eher in Richtung durchgeknalltem Freak-Anime. Das hat auch seinen Reiz. Doch müssen seine Macher für meinen Geschmack noch mehr daran arbeiten, den Ton, den die Erzählung anschlägt, konstanter zu machen.

Folge 4: Der Nachfolger und der Transfer Student

Dunkle Wolken am Magical-Girl-Horizont: Sarina begegnet dem Tempest im Krankenzimmer der immer noch bewusstlosen Rina Shioi. Obwohl das mysteriöse Wesen der Administrator der „Magical Girl Site“ ist, scheint er mit den Mädchen nichts Gutes im Sinn zu haben: Kurzerhand ernennt er Sarina zur Nachfolgerin der erschöpften Rina, und lockt sie mit der Aussicht, sich als „Magical Hunter“ an Aya und Tsuyuno rächen zu können. Derweil sinken die Noten von Ayas Bruder Kaname, der seinen Druck nun nicht mehr an der Schwester ablassen kann. So muss er sich den Schlägen des Vaters und dem ganzen restlichen „Abschaum“ – für ihn so ziemlich jeder andere lebende Mensch – aussetzen. Zu allem Überfluss trifft er beim Einkaufen auch noch auf Mega-Fan Keisuke Naoto, der über die Nachricht vom Rücktritt seines Idols Nijimin doch glatt vergisst, ihn zu bedienen. Die Idol-Ikone hat sich nämlich kurzerhand als Schülerin in Ayas und Tsuyunos Klasse versetzen lassen, um den Mörder ihrer besten Freundin zu finden. Eine gefährliche Situation, denn auch Sarina ist wieder da, und sie weiß von Rina …

Langsam und mit viel inhaltlichem Input baut sich der Konflikt der Magical Girls auf. Endlich erfahren wir mehr über die Hintergründe der beiden Heldinnen, vor allem über Tsuyunos grausames Schicksal. Aber auch der Konflikt zwischen Sarina und Aya wird beleuchtet und liefert so ein wenig Dramatik für den bevorstehenden Kampf zwischen den beiden. Allzu unvorhersehbar war Sarinas Aufstieg zum Bösewicht zwar nicht. Dafür aber umso sinnvoller – wer konnte die rothaarige Delinquentin nach der ersten Folge schon noch leiden? Auch der Einsatz komischer und übertriebener Visuals und Dialoge hat mir in dieser Folge gut gefallen: Sie betonen geschickt Kanames Komplex und sein Problem mit der Welt, genauso wie sie Nijimis Unberechenbarkeit durch den schnellen Wechsel vom süßen Loli-Idol zur hysterischen Gewalttäterin akzentuieren. Dass bei soviel Input die Action in dieser Episode von Magical Girl Site am Boden geblieben ist, hat mich eher aufatmen lassen. Kurz sah es so aus, als würde der Schlagabtausch von Aya und Sarina in dieselbe Episode gestopft wie dessen Hinführung. Doch das ist nicht der Fall, und so bleibt die Spannung erhalten. Die Bühne ist frei für den Kampf zwischen Aya, Tsuyuno, Nijimi und Sarina, und ich hoffe, er wird so spannend wie die Andeutungen es versprechen.

Folge 5: Rache und Entschlossenheit

Die Situation wird immer brenzliger: Sarina hat Nijimi den Aufenthaltsort der bewusstlosen Rina Shioi verraten. Doch an ihrem Krankenbett angekommen, muss das gar nicht mehr so süße Idol feststellen, dass sie ihren Racheplan nicht verwirklichen kann – Rina ist von einer magischen Schutzbarriere umgeben. Die wird erzeugt von Tsuyuno, fernab in ihrer Wohnung, durch die Kombination der Kräfte mehrerer Stäbe. Das kostet sie aber jede Menge Lebensenergie, die sie gerade lieber anders einsetzen sollte: Plötzlich taucht Sarina in Tsuyunos Wohnung auf, und so muss sich Aya dem neuen „Magical Hunter“ alleine stellen. Beim anschließenden Kampf stürzt der gesamte Apartmentkomplex ein. Doch Aya beweist Besonnenheit, und schafft es nicht nur, Tsuyuno und sich unter einem Kraftfeld in Sicherheit zu bringen, sondern teleportiert auch die verdutzte Sarina zurück in die Schule. Der Kampf ist jedoch längst nicht vorbei, denn Nijimi realisiert, wer ihre Pläne durchkreuzt hat, und macht sich auf den Weg zu Aya und Tsuyuno. Derweil schleicht sich ein scheues, blondes Mädchen heimlich in Rinas Krankenzimmer …

Die jüngste Folge von Magical Girl Site ist bisher eindeutig die beste. Die Handlung nimmt gehörig Fahrt auf und die Spannung ist hoch. Vor allem Ayas Duell mit Sarina ist viel dramatischer als ihr erster Kampf mit dem „Magical Hunter“. Am meisten gefallen hat mir daran aber der psychologische Aspekt: Aya „erwacht“, stellt sich ihrer Peinigerin, und obwohl sie an deren Kaltherzigkeit fast zerbricht, besinnt sie sich, nicht den Rachegelüsten zu verfallen, die alle anderen Figuren der Serie längst ergriffen haben. Das klingt zunächst zwar schon etwas nach Moralapostelei, gerade weil von den Handelnden sonst keiner mehr alle Tassen im Schrank zu haben scheint. Doch für mich wirkt es nicht so, als ob Ayas Entscheidung allein ihrer Rolle als Hauptfigur geschuldet wäre, die den Zuschauern gegenüber eine moralische Verpflichtung hat. Ganz im Gegenteil, sie ist die notwendige Konsequenz aus Ayas überzeugend und konstant dargestelltem gutherzigen Charakter. Wenn die Serie ihre Sache weiterhin richtig macht, könnte daraus ein durchaus ansehnlicher Anime werden.

Folge 6: Fälschung

Im Hass vereint: Kaname und Nijimi sitzen im Haus der Asagiris und warten auf Nachricht über den Zustand von Aya. Deren Wohlbefinden soll – geht es nach den Beiden – allerdings nur von kurzer Dauer sein. Denn ihr Bruder will seinen geliebten lebenden Boxsack zurück, Nijimi will ihr und Tsuyuno dagegen den Verrat an ihrer Freundschaft heimzahlen, da sie ihr nicht von Rina erzählt haben. Und während das Idol sichtlich von ihrem Gastgeber angetan scheint, wittert Kaname dadurch seine Chance, wieder Herr über Ayas Schicksal zu werden. Die macht währenddessen die Bekanntschaft mit Kosame Amagai, dem Magical Girl, das sie mit ihren Heilungskräften von ihren Verletzungen befreit hat – und das nebenbei Rina wieder zum Leben erweckt hat. Doch statt erneut Feindseligkeiten auszutauschen, schließen sich die vier zusammen für eine höchst gefährliche Mission: Aya und Tsuyuno sollen dabei helfen, den Administrator einer der vielen existierenden „Magical Girl Sites“ zu fassen, um diesem die letzten Geheimnisse über den „Tempest“ zu entlocken und einen Weg zu finden, die drohende Apokalypse noch aufzuhalten.

Nach dem spannenden Duell zwischen Aya und Sarina baut die sechste Episode von Magical Girl Site die Hintergrundgeschichte des Anime weiter aus. Langsam wird den Mädchen bewusst, dass ihre Kräfte nicht das Geschenk mitfühlender Götter sind, sondern dasjenige gieriger Dämonen, die sich am Hass und der Missgunst laben wollen, dem die geschundenen Seelen durch ihre neue Macht erstmals freien Lauf lassen können. Dem Zuschauer mag dieser Umstand freilich schon länger klar sein. Durch die Bestätigung der Charaktere nimmt die Geschichte aber noch einmal düsterere Züge an, gerade weil sie so die Auswirkungen von Mobbing oder häuslicher Gewalt erschreckend realistisch wiedergibt. Ganz im Gegensatz zu vielen „Magical Girl“-Erzählungen werden die Underdogs in Magical Girl Site eben nicht allein durch das Erlangen besonderer Kräfte zu willensstarken Figuren, die automatisch wissen, was recht und unrecht ist. Sie bleiben psychisch labile, geschundene Wesen, mit denen zu sympathisieren dementsprechend schwerer fällt. Als Kritik am Genre oder Hinweis auf die tatsächlichen Probleme solcher Menschen macht das für mich zwar Sinn; bedenkt man allerdings die komischen Elemente im Anime – und anders kann ich beispielsweise die Szene zwischen den künstlich durchgeknallt wirkenden Kaname und Nijimi nicht deuten – so hat man zuweilen den Eindruck, die Macher der Serie würden mit solch ernsten Themen nicht korrekt umgehen. Denn stellt man diese die Sache ins Lächerliche ziehenden Phasen zum Beispiel der Darstellung von Kosames Charakter gegenüber – das schüchterne Mädchen wird als sich ritzender Emo porträtiert, die mit ihrem Stab in Form eines Teppichmessers Andere mit ihrem eigenen Blut heilen kann – so fragt man sich schon, ob und wie ernst man welchen Teil nun nehmen soll. Ich hoffe sehr, der Anime nutzt sein Potenzial zur Kritik, und ist nicht nur auf schockierende Effekthascherei aus.

Folge 7: Gemeinsame Strategie

Aya und Tsyuno werden von Kosame mit einer schockierenden Tatsache konfrontiert: Zwar hat sie mit ihren magischen Kräften die Wunden der Beiden geheilt, aber die bei der Benutzung ihrer eigenen Stäbe aufgebrauchte Lebensenergie hat sie nicht wiederherstellen können. Den Mädchen wird klar, dass sie vielleicht schon bald sterben müssen; das schweißt sie jedoch noch enger zusammen. Und auch Rina scheint sich mit ihren alten Feindinnen anfreunden zu wollen, und wird kurzerhand bei den Asagiris einquartiert. Tags darauf treffen sich die vier – Nijimin ist auch mit von der Partie – mit Kosame und deren Verbündeten. Ein höchst brisantes Treffen, denn das hysterische Idol, dessen Mordlust auf ihre neue Mitschülerin Rina nicht gerade nachgelassen hat, ist der Allianz der Mädchen nur unter der Bedingung beigetreten, dass die Anderen sie nicht mehr an ihrer Rache hindern sobald die Gruppe einen der Administratoren einer „Magical Girl Site“ gefangen genommen hat. Und weil Aya ihr vor versammelter Klasse ihren Stab – also ihr Unterhöschen – weggenommen hat …

In einer weiteren eher ruhigen Episode von Magical Girl Site werden eine Menge neuer Figuren eingeführt. Deren Charaktere sind gelungen und passen gut zu den anderen Außenseiterinnen – oder sollte ich lieber sagen: „Außenseitern“? Denn mit Kiyoharu Suirenji überschreiten wir sogar die Grenze zum anderen Geschlecht. Dessen telepathische Kräfte – genauso wie die Fähigkeiten von Ayas und Tsuyunos anderen neuen Mitstreiterinnen – verheißen außerdem spannende Kämpfe im weiteren Verlauf der Geschichte. Überzeugend und einfühlsam wird auch die immer weiter wachsende Freundschaft zwischen den beiden Hauptfiguren dargestellt. Dadurch schwankt die Stimmung der Folge wieder ein bisschen zwischen komischen Einlagen, ernsten und traurigen Momenten und Szenen, bei denen man nicht so richtig weiß, ob man lachen oder weinen soll. Man sollte in diesem Anime vielleicht einige Dinge, welche die problematische Realität der dargestellten Charaktere vor Augen führen, nicht übermäßig ernst nehmen. Sonst bekommt man beim Schauen ein schlechtes Gewissen.

Folge 8: Letzter Sommer

Um Tsuyuno ihren Wunsch zu erfüllen, hat Aya sie und ihre neuen Mitstreiterinnen zu einem Tag am Strand eingeladen. Doch während die Mädchen endlich aufatmen und die bevorstehende Schlacht mit den Administratoren der „Magical Girl Site“ zu vergessen scheinen, zieht neue Gefahr herauf. Über die ihm gefügige Nijimi ist Kaname an das Geheimnis der Magical Girls gekommen, und stiehlt die Waffe des Idols, die Tsuyuno zur Sicherheit mit an den Strand genommen hat. Gut für ihn, den kurz darauf wird er von Keisuke Naoto gestellt: Der irre Fan von Nijimin will ihn töten, da er glaubt, Kaname sei der Grund für ihren Rückzug aus dem Showgeschäft. Doch mit den Kräften von Nijimins Stab nimmt die Aktion für Keisuke ein tragisches Ende, denn Kaname zwingt ihn zum Selbstmord. Dabei wird er jedoch von Aya entdeckt, die sich nun entscheiden muss, wem sie die Treue halten soll.

Die Schockmomente sind zurück. Und auch die ausgeflippten, am Rand der Geschmacklosigkeit liegenden Szenen. Besonders heftig gestaltet sich in der neuesten Folge von Magical Girl Site das Aufeinandertreffen der Freaks Keisuke und Kaname, bei dem Letzterer sich – Nijimis Höschen an seinem eigenen Körper zur Schau stellend – an der Verzweiflung seines Gegenübers regelrecht weidet. Respekt gebührt hierbei Kanames Seiyuu Nobuhiko Okamoto, der die Verachtung des Charakters für alles außer sich selbst mehr als überzeugend darstellt. Das Ganze spielt sich dann noch vor dem Hintergrund der klassischen Strand-Episode mit viel Sonnenschein und guter Laune ab – und schon weiß man wieder, mit welch abgedrehtem Anime man es hier zu tun hat. Für Spannung sorgen Kanames Fiesheiten natürlich allemal. Er wird zum gefährlichen Gegenspieler für Aya und ihre Verbündeten, und meines Erachtens gebührt ihm die Rolle des Bösewichtes viel eher als den Anhängern des „Tempest“. Ich bin gespannt, ob er am Ende zur Strecke gebracht wird, oder ob er sich – der Rolle des Tricksters gemäß – irgendwie aus der Affäre herauswinden kann.

Folge 9: Gott hat mich nicht verlassen

Die Mädchen folgen der Einladung ihrer Kameradin Sayuki Ringa, um sich im schwer bewachten Haus der Yakuza-Waise vor dem Dieb von Nijimins Stab zu schützen. Noch immer kennt niemand dessen wahre Identität – bis auf Kiyoharu, die längst Ayas Gedanken gelesen hat. So setzt sie ohne deren Wissen Asahi Takiguchi mit ihrer Superstärke auf Kaname an, um Diesen in Nijimis Apartment zu überwältigen. Doch Ayas größenwahnsinniger Bruder hat vorgesorgt: Mit dem ihm gefügigen Idol dreht er den Spieß kurzerhand um, und hetzt Asahi zurück auf Kiyoharu. Schwer verletzt findet sich daraufhin auch der Rest der Gruppe bei Sayuki ein. Doch es ist zu spät: Kaname taucht ebenfalls auf, überwältigt im Nu alle Wachen, und bringt die Mädchen mit seinen neuen Kräften unter seine Gewalt. Jetzt kann nur noch Nijimi die Gruppe retten … 

Der Schrecken nimmt keine Ende: Auch die neunte Folge von Magical Girl Site bleibt dem in der vorherigen Episode angeschlagenen, am Rande der Geschmacklosigkeit balancierenden Ton treu. Kaname lässt alle bisherigen Bedrohungen vollends im Schatten stehen. Dieses mal wird dessen genial gesprochener Charakter aber noch durch die Visuals ergänzt: Schaurige, verzerrte Fratzen und fast schon ekelhafte Details machen das Blutbad von einem Kampf zwischen ihm und den Mädchen zur krassesten Szene, die der Anime bisher zu bieten hat. Völlig anders gerät dagegen die durch und durch traurige, aber mit besagten Kampfszenen verwobene Darstellung von Nijimis Hintergrundgeschichte. Langsam aber sicher wird es immer deutlicher: Wer Magical Girl Site ohne Unbehagen genießen will, der sollte nichts in dieser Serie allzu ernst nehmen, vor allem nicht die sich im Minutentakt total umdrehenden Stimmungen.

Folge 10: Bruch

Nach Nijimis tragischem Ende versuchen die Mädchen, die jüngsten Geschehnisse zu verarbeiten. Doch vor allem Aya lässt der Schmerz nicht mehr los. Weil sie nicht sofort mit der Wahrheit über ihren Bruder herausgerückt ist, gibt sie sich nun die Schuld am Tod ihrer Freundin. Deswegen fasst sie einen folgenschweren Entschluss: Aya macht sich auf die Suche nach den verloren gegangenen magischen Stäben, um allein die Administratoren der „Magical Girl Site“ zu vernichten und das Leben der anderen Magical Girls zu beschützen. Derweil plant Bösewicht Nana bereits deren Ende, und richtet bei Nijimis Begräbnis ein regelrechtes Massaker an. Doch die Mädchen überleben, gerettet von Aya, die wieder im Besitz ihrer Teleportationskanone ist. Daraufhin macht sie die Anderen mit ihrer neuen Verbündeten bekannt – Sarina Shizukume.

In der Ruhe-vor-dem-Sturm-Episode vor dem finalen Kampf zwischen den Magical Girls und den Anhängern des „Tempest“ durchlebt Aya die typischen Phasen der vermeintlichen Helden-Hauptfigur: Endlich möchte sie stark sein und für von ihr verursachtes Leid die Verantwortung übernehmen. Da muss sie lernen, dass sie genau die nicht allein zu tragen braucht, denn ihre Freundinnen stehen an ihrer Seite. Auch wenn dieser stereotype Plot fast in Reinform durchexerziert wird, gelingt es dem Anime doch, Mitgefühl und Sympathie für die Mädchen zu erzeugen, und sie nicht als genauso stereotype Charaktere dastehen zu lassen. Gehörig Spannung erzeugt die zehnte Folge von Magical Girl Site zudem durch die Frage, welche Rolle Sarina in der Entscheidungsschlacht einnehmen wird. Ist sie wirklich auf Seiten der Magical Girls, oder doch nur das Werkzeug der fiesen Nana? Man darf gespannt sein.

Folge 11: Die Rebellen

Aya, Tsuyuno und Shiori lauern einer der Administratorinnen auf, als sie den Stab für ein neues Magical Girl deponiert. Rina geht zum Angriff über, und verliert dabei beinahe ihr Leben. Doch die Falle schnappt zu, und Aya befördert den unachtsamen Dämon mit ihrem Stab an den Ort, wo sie sich mit den Anderen treffen wollen, um diesem das Geheimnis des „Tempest“ zu entlocken. Alles scheint nach Plan zu verlaufen, auch wenn die Administratorin im Eifer des Gefechts von Sarina getötet wird. Doch deren Leiche enthüllt ein furchtbares Geheimnis: Das Wesen ist ein Mädchen, genau wie Aya und ihre Mitstreiterinnen. Als wäre das nicht schon schlimm genug, tauchen auch noch plötzlich Nana und eine andere Administratorin auf, verletzen Sarina und treiben die Mädchen auseinander. Tsuyuno überlegt nicht lange, und beschützt ihre Kameradinnen – und bringt dafür das ultimative Opfer…

Das Finale von Magical Girl Site gestaltet sich spannend und dramatisch. Aber leider auch ein wenig hölzern. Vor allem der tragische Moment von Tsuyunos Tod dauert vor dem Hintergrund der bedrohlichen Situation gefühlt viel zu lange. Wie schon beim ersten Gefecht in Folge 2 des Anime passt die Geschwindigkeit der Erzählung nicht so ganz zur Action. Und das ist doppelt schade, denn der Mix aus Enthüllung, Kampf und Verzweiflung sorgt durchaus für eine gelungen düstere, bedrückende Atmosphäre, die zur Abwechslung ganz ohne übertriebene Schocker und Gewaltverherrlichung auskommt.

Folge 12: Wir sind nicht unglücklich

Der Kampf der Mädchen gegen die Administratoren wird immer verzweifelter. Derweil erfährt Tsuyuno die bittere Wahrheit über den Tempest und seine Schöpferin. Doch nun soll sie selbst zur Administratorin werden. Um allerdings ihre Verwandlung zu vollenden, benötigt Nana eine große Menge an negativer Energie von einer besonders unglücklichen Seele. Daher wird das totgeglaubte Magical Girl wiederbelebt, um sich diese Energie zu holen – und zwar von Aya. Wird deren Liebe reichen, ihre beste Freundin den dunklen Mächten zu entreißen? Oder bedeutet dies das endgültige Ende der Rebellion der Mädchen?

Auch der zweite Teil des Finales von Magical Girl Site macht vieles richtig. Ayas Voice-Over über die verzweifelten Bemühungen der anderen, zusammen dem Würgegriff der Dämonen zu entkommen, ist eine der packendsten Szenen des Anime. Man fiebert mit den Charakteren mit, ob sie ihre schon verloren scheinende Schlacht dennoch für sich entscheiden können. Dennoch reizt der Anime das Potenzial seiner bedrückenden und zugleich Hoffnung machenden Geschichte nicht ganz aus. Der finale Kampf zwischen Aya und Nana ist undurchsichtig, man weiß an manchen Stellen nicht so recht, was das Geschehene zu bedeuten hat. Darunter leidet aber wiederum die Dramatik des Kampfes zwischen den Mädchen. Bezogen auf die ganze Serie ist die letzte Folge aber ein anständiger Schlusspunkt.