Kemono Jihen

Start: 10. Januar 2021 ‑ 28. März 2021
Episoden: 12
Genre: Action
Regie: Masaya Fujimori
Studio: Ajiado

Inhaltsangabe:

Für ein entlegenes Dorf mitten in Japan stehen die Dinge nicht zum Besten, denn in letzter Zeit finden dessen Bewohner nach jeder Neumondnacht viele ihrer Nutztiere verrottet und übel zugerichtet zu. Weil es so nicht weitergehen kann und keiner eine Erklärung für diese Vorfälle hat, wird kurzerhand Kohachi Inugami engagiert – ein Detektiv, der sich auf okkulte Wesen und Vorfälle spezialisiert hat.

Im Dorf angekommen fällt sein Blick auf einen Jungen, der mitten am Tag allein im Feld arbeitet. Neugierig, wie ein Detektiv eben ist, erkundigt sich Kohachi in seiner Herberge und erfährt, dass dieser Junge Kabane heißt, von allen aber nur »Dorotabou« (ein Begriff für einen in Feldern lebenden Youkai) genannt wird und dank seines schlechten Geruchs nicht in die Nähe der Gäste kommen soll.

Weil bald wieder Neumond ist, begleitet Kohachi den Jungen eine Weile und erkennt bald, dass dieser kein normaler Mensch ist, sondern zu einer Sorte biestartiger Mischwesen gehört – laut dem Detektiv soll eines von ihnen für die Tiermorde verantwortlich sein. Kohachi spannt Kabane daher für seine Ermittlungen ein und spekuliert dabei auf mehr als diese vorübergehende Zusammenarbeit.  

Folge 1: Kabane

Detektiv Inugami reist in ein kleines Dorf in den Bergen, wo ein Monster sein Unwesen treiben soll, das Haustiere tötet. Vor Ort wird er von seiner Auftraggeberin, die ein kleines Hotel betreibt, freundlich mit Tee und Mochi empfangen und lernt auch ihren Sohn Yataro kennen. Und den Jungen namens Dorotabou, den keiner leiden kann. Er stinkt, heißt es, und deshalb muss er auf den Feldern arbeiten. Inugami macht sich daran, sich mit Dorotabou anzufreunden, denn er hofft, dass der Junge, der so viel Zeit allein und draußen verbringt, ihm wertvolle Hinweise über das Monster geben kann. Kann er auch. Aber dann stellt sich bei einer Schlägerei mit dem eifersüchtigen Yataro heraus, dass Dorotabou selber ein Monster ist, wenn auch nicht das, welches die Haustiere der Dörfler tötet. Und dass Inugami gerufen wurde, um den Jungen zu töten. Aber Inugami ist selber ein gestaltwandelnder Tanuki-Geist und so nimmt er nach dem vermeintlichen Auftragsmord den scheinbar toten Jungen mit nach Tokyo. Wo Dorotabou, der eigentlich Kabane heißt, wieder zu sich kommt und beginnt, sich mit einem Leben in einer neuen Umgebung anzufreunden.

Kemono Jihen fängt sehr idyllisch an, mit Bildern vom ländlichen Japan, wie man sie aus Miyazaki-Filmen kennt. Doch so idyllisch es in dem kleinen Bergdorf auch ist, so düster und blutig geht es da zu. Aberglaube, Ausgrenzung … doch der Aberglaube ist berechtigt. Unmenschlich ist er trotzdem. Handlungstechnisch stopft Kemono Jihen in eine Folge so viel Material, dass es für eine ganze Staffel reichen könnte. Eigentlich hätte man vollauf zufrieden sein können, wenn in der ersten Folge etabliert wird, dass der Detektiv und der kleine Außenseiter sich anfreunden und gemeinsam Jagd auf den Dämon aus dem Wald machen. Aber Folge 1 twistet das gleich viermal weiter. Um dann den Handlungsstrang auf dem Land abrupt zu beenden. Denn die wichtigen Dinge scheinen nun in Tokyo zu passieren. Wenn am Ende der Folge ein Junge und ein Mädchen ins Zimmer platzen, hat man stark das Gefühl, dass man da einen kurzen Blick auf weitere Hauptfiguren bekommt.

Folge 2: Das Kemono-Haus

In Tokio angekommen, isst Kabane die erste Pizza seines Lebens und lernt seine neuen Mitbewohner kennen. Shiki ist genauso garstig und eifersüchtig wie die Jungen auf dem Land und gewöhnt sich nur schwer an den Neuen. Akira ist so girly wie eine 14-jährige Japanerin nur sein kann, nimmt es aber übel, für ein Mädchen gehalten zu werden. Beide arbeiten für Inugami, dessen kleine Firma auf die Entschärfung von Konflikten zwischen Kemono, übernatürlichen Wesen jeglicher Art, und Menschen spezialisiert ist. Und schon geht es zum ersten Einsatz: menschenfressende Käfer bedrohen eine Familie und Kabanes Fähigkeiten als Halb-Ghul, Selbstheilungkräfte und null Schmerzempfinden, erweisen sich als nützlich.

Nach der übervollen Einstiegsfolge nun eine gemächliche “Monster der Woche”-Folge. Bemerkenswert ist daran nur, dass die Käfer von Schuldgefühlen angezogen werden, Objekt ihrer Begierde ist ein gestohlenes Paar Turnschuhe, sodass der jugendliche Dieb von seinen Gewissensbissen quasi aufgefressen wird. Psychologie für Anime-Fans. Ansonsten bietet die Folge einen Blick auf Figuren und ihre Superkräfte. Shiki kann Spinnenfäden, weil seine Mutter einen Spinnendämonin ist. Kabane stellt sich als Sohn eines Ghuls und eines Menschen heraus. Ach, darum trägt er nun T-shirts mit Skelettmotiven! Was Akira kann, außer sich mädchenhaft vor Insekten zu gruseln, ist noch nicht enthüllt. Alles nicht spektakulär, eher generisch. Aber durchaus mit Blick auf weitere Geheimnisse. Mit wem hat Inugami da telefoniert und so allerlei angeteasert? Und was ist mit Kabanes Eltern?

Folge 3: Die Kitsune

Mit wem Inugami telefoniert hat, löst sich gleich am Anfang der Folge auf: Es was Inari Yoko, eine Fuchs-Dämonin, die für die Polizei arbeitet und mit Inugami eine Art Zweck-Allianz pflegt. Nun soll Kabane seinen Antrittsbesuch bei Komissarin Inari auf der Polizeiwache von Shinjuku machen. Shiki und Akira müssen im Foyer warten, während das Fuchsmädchen Kon Kabane zu Madame Inari bringt. Die plaudert ein wenig mit Kabane, nimmt ihm dann sein Amulett ab und lässt ihn von Kon köpfen. Dann erscheint Kabane mit einem Koffer in der Hand im Foyer, doch irgendwie kommt er Shiki und Akira komisch vor … kein Wunder, es ist Kon, die als Fuchswesen gestaltwandeln kann und es auf Shiki und Akira abgesehen hat. Ihr Kampfskill sind Feuerbälle, die sie aus ihrem Fuchsschwanz schleudert. Wie gut, dass irgendwann der Koffer aufklappt: darin liegt Kabanes Kopf. Außerhalb des engen Koffers kann Kabane Kon ausschalten und seinen Körper regenerieren. Draußen wartet Inugami auf sie, der das alles vorhergesehen hat und darum Kabane eine Kopie des Amuletts mitgegeben hat, so dass die triumphierende Inari statt des Lebenssteins nur ein Tanuki-Püppchen in der Hand hat.

Wieder eine Folge, in der eine Menge passiert und das sehr abrupt. Noch vor der Halbzeit rollt Kabanes Kopf über den Boden, nur um in der zweiten Hälfte den Kampf gegen das flammenwerfende Fuchsmädchen für sich zu entscheiden. Am Rand sind Shiki und Akira wieder das, was sie in der vorigen Folge waren, schlecht gelaunt der eine, mädchenhaft der andere. Inari hat ein paar wichtige Dinge über Kabanes Amulett zu sagen: Kemono ernähren sich von menschlicher Lebensenergie. Das Amulett stillt diesen Durst, so dass Kabane seine Gestalt eines normalen Jungen aufrecht erhalten kann. Für Inari ist es begehrenswert, weil Kemono mit einem solchen Stein nicht mehr von Menschen abhängig wären, darum will sie es besitzen und vervielfältigen. Da könnte Stoff für den Rest der Staffel drinstecken. Ansonsten wird das Thema Kinder und Eltern weiter ausgemalt: Kon, der seine unbekannten Eltern kennenlernen möchte, Shiki, der seine Spinnengeist-Mutter hasst und nun Kon, die nichts weiter will, als ein gutes Mädchen zu sein und von ihrer Mutterfigur Inari ein Lob zu ergattern.

Folge 4: Die Mission

Die Kemono anziehende Leuchtreklame über der Tür hat einen Kunden herbeigelockt, der seinen Liebeskummer am liebsten in Whiskey ertränken möchte. Da ist eine schöne Frau, die er liebt, doch als Inugamis Team die Spur ins Rotlichtviertel verfolgt, entpuppt die Schöne sich als Kemono-Katze, die Menschenmänner in ihren Bann zieht, um auf den Straßen Tokios zu überleben. Die überraschend einfache Lösung: Monogamie. Als sie sich dafür entscheidet, das Straßenleben aufzugeben und dauerhaft bei ihrem treuesten Liebhaber zu bleiben, sind alle glücklich. Zeit für noch einen zweiten Fall. An einem unterirdischen Wasserlauf treiben Monsterfrösche ihr Unwesen. Eine Gelegenheit für Akira, mal zu zeigen, was er kann, auch wenn es dort dunkel, glitschig und voller Ekelviecher ist. Zum Glück ist Kabane dabei.

Gleich zwei Fälle der Woche und beide bringen außer einem kleinen, episodischen Abenteuer etwas über die Figuren zutage. Kabane denkt über das faszinierende Phänomen Liebe nach, offenbar ist das etwas, was ihm bisher noch nie begegnet ist. Akira kann Eiszauber, aber er hat Schwierigkeiten, seine Fähigkeiten voll zu entfalten, weil er sich noch nicht so recht von seinem überbehütenden großen Bruder abgenabelt hat. Und Inugami ist wieder einmal erstaunlich leichtfertig angesichts tödlicher Gefahren, um dann insgeheim doch alles in der Hand zu haben. Aber ob eine Orange, die per Illusionszauber aussieht wie Kabanes Kopf, Kon wirklich ein Fleißkärtchen von Kommissarin Inari einbringen wird?

Folge 5: Intrusion

Kabane nähert sich beim Putzen der Tür, die auf keinen Fall geöffnet werden darf … und wird prompt hineingezerrt. In der Abstellkammer haust Mihai, Vampir, Gamer und Inugamis vierter Mitarbeiter, der sich um alles kümmert, was mit Technik zu tun hat. Nicht umsonst sollten sich die Teenies von dem skrupellosen Mistkerl fernhalten. Als erstes macht er Kabane zu seinem Leibdiener, der ihm beim Daddeln Snacks und Getränke reichen darf. Dann sperrt er Inugami in die Besenkammer und schickt er die drei Jugendlichen auf eine Mission zu einer Fabrik, wo den Mitarbeitern von Mücken-Kemono das Gehirn ausgesaugt wird, nur um zu beobachten, wie Shiki in immer brenzligere Situationen gerät. Derweil hat Kommissarin Inari das Fuchsmädchen Kon durch eine andere Fuchsgeist-Assistentin ersetzt. Die am Boden zerstörte Kon kommt Kabane schüchtern näher, ist aber noch nicht bereit, zu Inugamis Truppe zu stoßen.

Nach einer Folge mit gleich zwei klitzekleinen Geschichten nun eine, die mit einem Cliffhanger endet und noch mindestens eine weitere Folge bis zur Auflösung braucht. Kein Wunder, die Figur, die hier eingeführt wird, Mihai, der Vampir, braucht eine ganz große Bühne. Unsterblichkeit generiert offenbar unendliche Langeweile, die der blasse Kerl mit den spitzen Ohren durch Online-Spiele zu verscheuchen versucht. Als Vampir ist man Aristokrat: Sterbliche sind dazu da, einen Vampir zu bedienen und zu amüsieren. Und so wird das Muster der bisherigen Fälle einmal anders durchgespielt. Anstatt dass Inugami zwar unbekümmert tut, wenn er seine jungen Mitarbeiter auf gefährliche Missionen schickt, aber letztlich alle Gefahren insgeheim im Griff hat, schickt nun Mihai die drei auf eine Mission, die er von außen beobachtet, aber alles dafür tut, damit sie immer gefährlicher wird. Pfiffig gebaut.

Folge 6: Awakening

Mihai kommt in seiner Sensationslust voll auf seine Kosten, denn Shiki, Akira und Kabane stoßen im Schlagabtausch gegen die drei Mückenfrauen alle an ihre Grenzen. Shiki hat eine verborgene Schwachstelle: die Angst vor dem Unheimlichen, irgendwie verbunden mit seinen lückenhaften Erinnerungen an seine Eltern. Akira kann ohne Wasser kein Eis erschaffen und Kabanes Kraft reicht gegen seine Gegnerin nicht aus. Doch dank Tipps in letzter Minute von Mihai, Inugamis Eingreifen und Hilfe von Inaris neuem Gehilfen kann der Fall dann doch ohne Verluste abgeschlossen werden. Aber bei all der Aufregung hat Kabane ganz vergessen, dass er eigentlich mit Kon im Park verabredet war.

Inaris neue rechte Hand, das Fuchswesen mit dem blonden Pagenkopf, stellt sich als Junge namens Nobimaru und recht undurchschaubarer Charakter heraus. Einerseits steht er in Diensten von Inari, andererseits verrät er Kabane ein wichtiges Geheimnis. Aus Hass auf seine Chefin, wie er zugibt. Aber er deutet auch an, dass man Fuchsgeistern prinzipiell nicht trauen kann. Interessanter Einstieg für die letzte der Figuren, die man im Vorspann zu sehen bekommt. Ansonsten kommen auch Shiki und Kabane ein bisschen weiter. Shiki stellt sich seinen verdrängten Ängsten und ist nun bereit, sich mit seiner Vergangenheit zu beschäftigen. Kabane bekommt dank Mihai seine Kräfte besser unter Kontrolle und kann sozusagen neue Skills freischalten.

Folge 7: Home

Shiki ist bereit, sich seiner Vergangenheit zu stellen und so reisen Inugami und sein Team in Shikis Heimatdorf. Ein hübsches touristisches Bergdörfchen, wo man die lokale Legende von der wundertätigen Brokatspinne pflegt und Besucher Andenken kaufen und im heißen Bad entspannen können. Dort lebt Shikis Onkel, der Ethnologe Tademaru, der bereitwillig Auskunft gibt: Shikis Eltern sind verstorben, Shikis Trauma rührt wohl daher, dass er die Leiche seiner Mutter gesehen hat. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. In Shikis wiederkehrenden Erinnerungen kristallisiert sich ein ganz anderes Bild heraus. Und auch Nobimaru, der von Inari zum Spionieren hinterher geschickt wurde und sich Shiki, Akira und Kabane im Bad anschließt, hat wichtige Informationen: Herr Tademaru hatte versucht, mit Hilfe von Shikis Mutter, der Spinnenfrau Kumi, den sagenumwobenen, heilkräftigen goldenen Spinnenfaden herzustellen. Dazu musste sich Kumi seinen Experimenten unterziehen und sich mit vielen verschiedenen Kemono paaren, bis sie an der Prozedur starb. Shiki beschließt, Rache zu nehmen.

Kemono Jihen taucht in Folge 7 tief in Shikis Vergangenheit. Wieder so eine Folge, die mit Inhalt nur so vollgestopft ist. Die entscheidenden Momente passieren erst während des Abspanns. Viermal bekommt man die Geschichte in verschiedenen Varianten mit immer mehr Details erzählt, bis sich das ganze Bild ergibt. Da hat jemand seine Hausaufgaben im Grundkurs “Freud für Anfänger” gründlich gemacht: Was erschüttert ein Kind mehr als der Anblick seiner toten Mutter? Die lebende Mutter beim Sex zu überraschen. Dr. Freud hätte das schon gereicht, in einem Anime wird noch eins draufgesetzt: gewaltsamer Sex. Mit einem Monster. Und drum war Shiki immer so wütend auf seine Eltern, weil eigentlich er sich schuldig fühlte… wie gesagt: jede Menge Inhalt in bescheidenen 23 Minuten. Und Kabane ist wieder mal in seiner Weltfremdheit absolut unverblümt, Akira versucht hilflos zu vermitteln und Nobimaru macht keinen Hehl daraus, dass er jede Menge zwielichtige Motive hat, sich einzumischen. Zur Staffelhälfte haben alle Figuren Kontur gewonnen und ihr Zusammenspiel macht richtig Spaß.

Folge 8: Truth

Shiki hat seinen Onkel Tademaru in einem dunklen Wald gestellt und will ihn mit Spinnenfäden erhängen, doch Tademaru ruft jede Menge Ungeheuer mit Spinnenaugen zu Hilfe: Shikis Geschwister, die Wesen, die Kumi zur Welt gebracht hat, nachdem sie von verschiedensten Kemono schwanger geworden war. Kabane wirft sich in den Kampf gegen die Monster, auch Inugami eilt zu Hilfe, wird jedoch von einem der Wesen durch einen Biss vergiftet. Da betritt noch eine Schwester von Shiki den Schauplatz: die kleine Aya, dem Aussehen nach ein menschliches Mädchen mit rosa Haar, doch als einziges von Kumis Kindern mit der Gabe, den heilenden goldenen Faden zu erschaffen. Sie heilt Inugami und zeigt Shiki, wo seine Mutter ist: noch am Leben, in einem Kokon eingesponnen, in den Tiefen eines Teichs. Shiki beschließt, Tademaru am Leben zu lassen und seine Mutter zu retten. Sie ist zwar am Leben, aber ohne Bewusstsein, und Inugami und sein Team bringen sie zu einer Ärztin. Tademaru hat allerdings das Pech, dem Fuchsgeist Nobimaru zu begegnen, der ihn in einem Feuerball in Flammen aufgehen lässt.

Mit Folge 8 liefert Kemono Jihen die dritte Shiki-Folge ab. Wäre Shiki die Hauptfigur, hätte das gut das Finale sein können. Und was Geheimnisse, unvermutete Twists und Monster-Action betrifft, geht diese Folge wieder richtig in die Vollen. Womit kann man einen von Mutterkomplexen geplagten Jungen wohl mehr außer Fassung bringen als mit lauter spinnenäugigen Wesen, die alle mit der Stimme seiner Mutter zu ihm sprechen? Hübsch auch der große, einen Moment der Spannung generierende Blutfleck, der sich auf dem Teich ausbreitet, von dem man weiß, dass unter seiner Oberfläche ein Kemono-Karpfen dem tauchenden Shiki begegnet. Einen muss es erwischt haben, Shiki oder den Fisch? Insgesamt ist das Thema noch nicht ausgereizt: Kumi ist noch bewusstlos, über die kleine Aya und ihre Heilkräfte weiß man noch nicht viel, außer dass auch Inari an diesem Thema größtes Interesse hatte. Und die winzige alte Ärztin hat genau die Sorte Mini-Auftritt kurz vor Schluss, die einiges an Bedeutung für die nächste Folge anteasert.

Folge 9: Family

Dank Doktor Ohana, der Kemono-Ärztin, erwacht Shikis Mutter aus ihrer Bewusstlosigkeit. Endlich kann sie ihre beiden überlebenden Kinder, Shiki und Aya, in die Arme schließen. Für ihre vielen anderen Kemono-Kinder, die im Kampf gegen Kabane umgekommen sind, lässt sie im Wald einen Gedenkstein errichten. Aya rechnet mit Onkel Tademaru ab: er hat ihr nie Zuneigung geschenkt und sie immer nur als Geldquelle behandelt. Und sie hat vor, ihr Leben jetzt in die Hand zu nehmen: Schluss mit altmodischen Kleinmädchen-Kleidern, sie will coole Großstadtklamotten, sie will wie die Großen für Inugami arbeiten und sie will Kabane als Boyfriend. Eine Menge Pläne für eine Achtjährige. Ein neuer Fall gibt ihr Gelegenheit, ihre neue Rolle zu proben: In Harajuku häufen sich Fälle, bei denen Frauen im Gesicht verstümmelt werden. Da muss wohl ein Kemono dahinterstecken …

Im letzten Drittel der Staffel kommt noch einmal eine Figur mit viel Potenzial dazu: Aya, die einen Riesensprung macht, vom geheimnisvollen kleinen Mädchen zur präpubertären Großstadt-Detektivin. Mit ihrer Verknalltheit bringt sie Kabane, der von Liebe nun überhaupt keine Ahnung hat, ziemlich außer Fassung, was viel Spaß macht. Zumal Kon auf die Konkurrentin mit glühender Eifersucht reagiert, sodass Kabane mit so viel unvertrauten Gefühlsausbrüchen völlig überfordert ist. All das gruppiert um einen Mini-Fall, der nur etwa die Hälfte der Folge ausmacht, aber flott erzählt ein eigentlich grotesk-blutrünstiges Thema – Frauen werden von einem Kemono Lippen, Nase oder Augenlider abgerissen – als fluffige Komödie auflöst: Das formlose Kemono ist verliebt und möchte für den Angebeteten schön sein. Dank Ayas Heilkräften löst sich alles in Harmlosigkeit auf.

Folge 10: Twins

Dass Akira bei Missionen nicht viel beizutragen hat, weiß man mittlerweile. Aber jetzt stellt er sich auch im Haushalt immer tollpatschiger an. Als Shiki und Kabane, cholerisch der eine, brutal ehrlich der andere, ihm vorhalten, dass er einfach zu nichts zu gebrauchen ist, packt Akira sein Handy und sein Kuscheltier und verlässt Inugamis Agentur. Immerhin wollte er in Tokyo ja seinen Zwillingsbruder finden. Die zwei stammen aus einem Dorf hoch im Norden und sind offenbar mit besonderen Gaben geboren, weswegen sie von den Frauen des Dorfes gehegt und gepflegt, aber auch von der Welt abgeschottet wurden. Doch der Reiz der Großstadt war stärker. Kaum ist Akira eine Weile unterwegs, da läuft er schon seinem Bruder Yui über den Weg, der seinerseits auf der Suche nach Akira war und unterwegs schon seine Eismagier-Kampfkraft unter Beweis gestellt hat. Yui baut für den begeisterten Akira ein Schloss aus Eis mit Himmelbett und Kronleuchter. Doch dass er Akira darin einsperrt und sein Handy zerstört, lässt nichts Gutes erahnen …

Kurz vor Schluss der Staffel sollte man bei Kemono Jihen eigentlich erwarten, dass Kabanes Geschichte in den Mittelpunkt rutscht. Stattdessen gibt es eine Akira-Folge mit Cliffhanger und vielen losen Enden. Was unerwartet, aber eigentlich ganz schön ist. Akira ist schon eine bemerkenswerte Figur. Wäre er ein Mädchen, würde man sich vielleicht darüber ärgern, dass sie so klischeehaft als kampfuntüchtige Heulsuse angelegt ist (was Mädchen in Anime eigentlich nicht sind, auch und gerade wenn sie ganz rosa und girly sind). Aber dass er ein Junge ist, verschiebt die Wertung ein kleines, entscheidendes Bisschen. Und diese Folge zeigt, dass er im Figurengeflecht von Kemono Jihen eben nicht nutzlos ist, ohne ihn kommen der aufbrausende Shiki und der Sozialverhaltens-Anfänger Kabane einfach nicht miteinander klar. Akiras Bruder Yui hat noch eine Menge Geheimnisse zu enthüllen, etwa die Bedeutung seines Amuletts, das dem von Kabane ähnelt, aber ganz anderes bewirkt.

Folge 11: Memories

Dass Yui Akiras Freunde eingefroren hat, ist nicht weiter schlimm, Kabane ist unkaputtbar und Inugami hatte, wie stets, ein As im Ärmel. Dennoch beschließt Akira, seine Freunde zu schützen, indem er ihnen die kalte Schulter zeigt und mit Yui fortgeht. Sehr zur Bestürzung von Kabane, der das Konzept Notlüge nicht kennt. Auch Inari ist mittlerweile eingetroffen, denn sie interessiert sich sehr für Yuis Nullstein, der vom Leben zehrt und irgendwie mit Kabanes Lebensstein verwandt ist. Was auch mit Kabanes Eltern zu tun hat. Oder ist dieser Hinweis von ihr nur eine List, um Kabane für ihre Zwecke einzuspannen? Andernorts sinniert Yui über seine und Akiras Vergangenheit und liefert sich einen Schlagabtausch mit Nobimaru, der mal seine Kampfskills zeigt: Fuchsverwandlung, Feuer und Doppelgänger.

Kemono Jihen kann zwar eine Menge Material in eine Folge stopfen, aber so viel dann doch nicht, dass in den kommenden 23 Minuten alle Rätsel gelöst wären. Schön, wenn es weitergeht, die Figuren hatten sich gerade erst warmgelaufen. Wer Yuis aggressives Überbeschützen seines Bruders unsympathisch fand, der hat jetzt wohl mehr Verständnis, denn die Backstory um die Jungen aus dem Schneedorf, die mit Eintritt in die Pubertät zwar Dorf-Oberhaupt, aber auch Objekt der Begierde für all die Frauen des ansonsten männerlosen Dorfes werden, ist bemerkenswert fies und gemein. Wie die von Kabane und Shiki auch.

Folge 12: Kemono Jihen

Nobimaru will Yui den Nullstein entreißen, doch er kann das magische Objekt nicht berühren. Da hat er eine Idee: er zündet Kabane an und setzt ihn als Waffe gegen Yui ein. Kabane macht das ja nicht aus, er regeneriert sich immer wieder. Yui geht zu Boden, um sein Leben zu retten, holt Kabane den Lebensstein hervor. Die magischen Steine verschmelzen, Yui erholt sich in der Kemono-Notaufnahme, Akira versöhnt sich mit seinen Freunden und Inugami gibt einen Überblick über die Geschichte der magischen Steine: Vor 1000 Jahren kämpften Menschen und Kemono in den Kemono-Unruhen (japanisch: Kemono Jihen) gegeneinander. Mächtige Kemono erschufen darum magische Steine, um den Frieden herzustellen und zu bewahren. Nun will Inugami den Verbleib der weiteren Steine erforschen und dabei etwas über Kabanes Eltern herausfinden und fährt mit Kabane nach Shikoku. Akira und Yui begeben sich auf eine Reise, denn Yui will über sein Leben nachdenken. Shiki bleibt in Tokyo zurück, denn er hat etwas zu erledigen. Kon schließt sich Kabane und Inugami an, denn sie soll in Inaris Auftrag spionieren und Kabanes Stein an sich bringen.

Kemono Jihen liefert mit Folge 12 alles, was in ein Staffelfinale gehört: Einen knackigen Bosskampf, einen große Zusammenhänge herstellenden Rückblick in die Vergangenheit, ein versöhnliches Ende mit neuen Perspektiven für alle Figuren und den Ausblick auf neue Abenteuer. Da wir jetzt wissen, dass es nicht nur Kabanes und Yuis magische Steine gibt, sondern noch viele mehr, sind die Entwicklungsmöglichkeiten sehr weitläufig, immer wenn es nicht mehr weitergeht, könnte es irgendwo noch einen weiteren Zauberstein geben. Mich hat allerdings gefreut, dass der Handlungsbogen um Kabane und Kon wieder aufgenommen wurde, darauf habe ich den ganzen “Akira und Yui”-Bogen hindurch gewartet. Weitere persönliche Mini-Highlights dieser Folge: Ein kurzes Wiedersehen mit Aya, die jetzt als Kemono-Heilerin munter horrende Summen in Rechnung stellt. Akiras Urlaubsoutfit mit nabelfreiem Top und blumengeschmücktem Sonnenhut und der düstere, von Tragödien überschattete Yui mit einem leckeren Crepe in der Hand. Da freut man sich doch auf weitere Folgen.