Brawl in Cell Block 99

Während viele Filme vor überhöhten Grindhouse-Momenten in Verbindung mit einer Extraportion Humor und selbstreferenzieller Meta-Ebene nicht zurückschrecken, zählt Regisseur S. Craig Zahler (Bone Tomahawk) zu jenen Rebellen, bei denen jegliche Brutalität stets ernst und mit knüppelharter Intensität daherkommt. In Brawl In Cell Block 99 wird der Gewaltbogen geradezu überspannt: Ohne auch nur einen Anflug von Trash, sondern stets als Charakterdrama in Szene gesetzt, glänzt der fast 2 Meter große Hüne Vince Vaughn in einer starken Leistung und liefert einen wahren Knochenbrecher ab.

  

Nach einem missglückten Drogendeal landet der Ex-Boxer Bradley (Vince Vaughn, Mr. & Mrs. Smith) im Knast. Er wird von seinen einstigen Geschäftspartnern erpresst: Um seine hochschwangere Frau Lauren (Jennifer Carpenter, Dexter) zu retten, muss er sich in den berüchtigten Zellenblock 99 verlegen lassen. Was es damit auf sich hat, ist ihm ebenso unbekannt wie die Zielperson, die er umbringen soll…

Sprengkraft

S. Craig Zahler steht für die alte Schule: Charakterzentrierte Erzählung, minimalistischer Plot und Action mit Exploitation-Elementen. Anders als bei vergleichbaren massentauglichen Filmen wie etwa von Quentin Tarantino (Kill Bill) geschieht das bei S. Craig Zahler alles ohne Augenzwinkern. Dabei vereint er zwei völlige Gegensätze: Auf der einen Seite steht die nüchterne Realität des amerikanischen Knastalltags, dessen Trostlosigkeit nahezu dokumentarisch aufgearbeitet wird. Auf der anderen Seite tummeln sich überzeichnete Charaktere in der Geschichte, wie etwa ein asiatischer Chirurg, der darauf brennt, Gliedmaßen von sich noch im Mutterleib befindlichen Föten (!) zu amputieren. Eine extreme Mischung mit einem explosiven Charakter.

Charakterstudie vor grauer Realität

Originaltitel Brawl in Cell Block 99
Jahr 2017
Land USA
Genre Action
Regisseur S. Craig Zahler
Cast Bradley Thomas: Vince Vaughn
Lauren Thomas: Jennifer Carpenter
Warden Tuggs: Don Johnson
Placid Man: Udo Kier
Laufzeit 131 Minuten
FSK

Es dauert eine geschlagene Dreiviertelstunde, bis Brawl in Cell Block 99 ins Laufen kommt. Der Regisseur nimmt sich viel Zeit, seine Hauptfigur als geerdeten Mann darzustellen, dessen Überzeugungen und Hoffnungen Ausdruck finden und es dem Zuschauer leicht machen, Sympathien zu entwickeln. Anfangs erweist sich Bradleys ruppige Vorgehensweise noch als wenig charmant, doch steigert er sein Charisma quasi minütlich, um ab der Hälfte als Antiheld gefeiert werden zu können. Das liegt nicht zuletzt auch an der Zerrissenheit der Figur: Bis es mal soweit kommt, dass Bradley Gewalt anwendet, muss eine Aktion bzw. Provokation vorausgegangen sein. Selbst dann ist noch immer er es, der die Maske seines Gegenüber bröckeln lässt und nie gänzlich seine Besonnenheit verliert. Kleine Schritte für die große Charakterstudie.

Schonungsloser Knochenbrecher

Wer trotz jeglichen Minimalismus glaubt, dass der Plot keine Überraschungen beinhaltet, wird auch so manches Mal eines Besseren belehrt. Wann immer man sich sicher ist, den Ausgang einer Situation zu kennen, dem macht der Regisseur einen Strich durch die Rechnung. Das stützt auch die wirklich besonders brutalen Szenen, die oftmals hätten anders ausgehen können, dann allerdings einen Bogen schlagen um letztlich noch brutaler auszufallen, als man es sich ausgemalt hätte. Vor allem das letzte Viertel wartet mit Gore-Exzessen auf, die selbst geübten Zuschauern ein “Wow” hervorlocken können und nachhaltig in Erinnerung bleiben werden – versprochen! Der Glatzkopf Bradley sorgt für verstörende Momente, wenn er sein Gegenüber nahezu zertrümmert und sich darüber hinaus jeder Knochenbruch fies ins Ohr beißt. Die Bedrohung ist echt, die Anteilnahme spürbar. Dafür sorgen nicht zuletzt die kontrastarmen Bilder, die das Gefängnis als trockene Realität darstellen und nur wenige Charakterfiguren beinhalten. Wenn dargestellte Realität und Fiktion ineinander übergehen, ist so manche Überraschung vorprogrammiert.

Brawl in Cell Block 99 ist harter und faszinierender Tobak mit erfrischend viel Charakterstudie. Die symptomatische Ausgangssituation sowie der graue Knastalltag mögen zunächst für das Gefühl sorgen, dass der dokumentarische Duktus überwiegt, doch sobald es zur Sache geht, zeigt der Film seine Grindhouse-Qualitäten – spätestens, wenn Udo Kier mit obszönen chirurgischen Eingriffen droht und Don Johnson als Gefängnisdirektor mit seinen Wärtern die Szenerie beschreitet.

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Ayres

Ayres ist ein richtiger Horror- & Mystery-Junkie, liebt gute Point’n’Click-Adventures und ist Fighting Games nie abgeneigt. Besonders spannend findet er Psychologie, deshalb werden in seinem Wohnzimmer regelmäßig "Die Werwölfe von Düsterwald"-Abende veranstaltet. Sein teuerstes Hobby ist das Sammeln von Steelbooks. In seinem Besitz befinden sich mehr als 100 Blu-Ray Steelbooks aus aller Welt.

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