Bücherwichteln

In der Weihnachtszeit möchten wir gerne den Menschen, die wir mögen, welche uns geholfen haben und denen wir einfach eine kleine Freude bereiten wollen, etwas schenken. Doch ab einem bestimmten Punkt wird aus der Freude nur noch Stress, Frust und Geldmangel. Daher haben sich ein paar Bücherfans ein System ausgedacht, an dem alle Spaß haben und mit dem sie ihren kleinen Geldbeutel schonen können: Das Buchwichtelsystem auf Grundlage des “Blind Date with a Book” ist geboren. Wie genau wir darauf gekommen sind, wie der Ablauf ist und was wir noch anpassen wollen, kann man im folgenden Artikel nachlesen.

Es waren einmal zwei Bücherwürmer, die zu Weihnachten und Ostern auf die Idee kamen, dem jeweils anderen etwas Kleines zu schenken. Im nächsten Jahr gesellte sich eine neue Freundin dazu. Noch war alles im machbaren Rahmen, doch als die Gruppe auf neun Leute angewachsen war, äußerten die ersten der Gruppe ein paar Bedenken. Man möchte ja alle gleich behandeln und auch nicht jedes Jahr das Gleiche schenken. Daher mussten wir kreativ werden, denn langsam ging das bei so vielen Leuten auch etwas ins Geld. Die “Bookaholiker” Gruppe — wie sie sich anfing zu nennen — überlegte und wog ab, welches System für die Situation am besten geeignet wäre. Lose ziehen? Ja, aber man kennt nicht jeden so gut! Ganz damit aufhören? Aber, aber, aber … Da kam sie: Die rettende Idee! Buchwichteln. Wir alle lieben Bücher, lesen im Jahr genug, um unsere ohnehin schon ächzenden Regale zum Zittern zu bringen und können trotzdem nie genug haben. Wie denn auch bei all der Masse an neuen, gefüllten Seiten voller unbekannter Welten!

Unser erstes Osterwichteln

Ein Regelwerk wurde aufgestellt und nach dem ersten Lauf am 24. März 2016 — es war ein Osterwichteln — waren neun Bücherfans mit neuem Lesestoff versorgt. Bis zum 08. Dezember 2016 wurden die Regeln festgehalten und nochmal angepasst, damit beim „Weihnachtswichteln“ auch alle zufrieden sind. Vor allem wurde eingefügt, dass es sich bei den Büchern um neu gekaufte Werke handeln muss, da wir bei der ersten Runde auch ein gebrauchtes dabei hatten, was man ihm doch sehr angesehen hat. Bis zum Wichteltermin versuchten die Teilnehmer zudem, ihr letztes “Geschenk” zu lesen. Nach einer erfolgreichen Runde wurden Fotos mit dem neuen Besitz gemacht, damit man auch nach Jahren noch weiß, was jeder in welchem Jahr gezogen hatte. Am 05. Dezember 2017 war es dann wieder soweit und wir baten zu Tisch zum „Blind Date with a book“.

Das Regelwerk

Die Regeln sind einfach: Jeder kauft genau ein Buch. Das erspart unserem Portemonnaie zu viel Belastung und uns selbst Nerven. Einzig die grauen Zellen müssen zum Arbeiten bewegt werden, denn sich letztendlich für eine Geschichte zu entscheiden ist nicht immer einfach. Zwei Möglichkeiten legten wir fest, um die Auswahl zu erleichtern: Entweder sollte es ein Titel sein, den wir selbst lasen und von dem wir begeistert waren, oder es durfte ein Buch mit, das uns spontan in der Buchhandlung unserer Wahl angelacht hat (ein klassischer Fall von Cover-Kauf). Um es für alle gerecht zu gestalten einigten wir uns auf eine Preisgrenze von zehn Euro, die wir seit dem Osterwichteln 2017 aber auf fünfzehn anhoben. Viele lesen Fantasy oder Science-Fiction und da sind die Preise oft näher an der Fünfzehn als an der Zehn.

Verpackungen machen Bücher!

Das Buch sollte verpackt (Unbegabte ließen dies gleich vom Buchhändler erledigen) und dann beschrieben werden. Dabei entwickelte jeder sein eigenes Konzept: Manche verfassten einen kleinen Text, der den Inhalt und den persönlichen Eindruck wiedergab, andere dachten sich Stichpunkte aus, die das Buch anteasern sollten. In der gemeinsamen Mittagspause gingen die Bücher dann reihum und jeder konnte sich einen ersten Vorgeschmack auf die Auswahl holen. Bei einer weiteren Runde (acht Bücher erfordern schon wieder die Höchstleistung der grauen Zellen!) entschieden sich dann die meisten und sogleich ging das Bieten los. Natürlich gibt es immer Bücher, die beliebter sind als andere, aber wir kennen langsam den Lesegeschmack der anderen und wissen, was wir von ihnen erwarten können. Deshalb sortieren wir immer erst die Bücher dem neuen Besitzer zu, bei denen nur ein oder zwei Personen Anspruch erheben. So klärt sich nach und nach das Feld und jeder ist am Ende Besitzer neuen Lesestoffes.

Noch nicht perfekt, daher Verbesserungsvorschläge

Mit jeder Runde ergaben sich dann doch hier und dort kleine Probleme, die wir durch neue Vorgehensweisen aus dem Weg schaffen wollen. So zum Beispiel hatten wir in der zweiten Runde mehrere Personen, die ein Buch haben wollten. Wie reagiert man in so einer Situation? Bisher konnten wir diese immer ohne Streitereien lösen. Es wurde gefragt, wer möchte lieber Werk A, wer unbedingt Titel B und so fiel nach und nach einer weg, bis am Ende nur noch ein Interessent übrig bleib. Hier kann man ein persönliches Ranking einführen, welche Geschichte einen am meisten anspricht. Eine Runde Schnick, Schnack, Schnuck könnte das Problem auch lösen.

Wie findet ein Buch seinen neuen Besitzer?

Ein schwerer zu handhabender Fall liegt vor, wenn es ein Buch gibt, das niemandem gefällt. Man kann keinen zwingen, es zu nehmen, denn der Spaß soll schließlich im Vordergrund stehen. Eine mögliche Lösung: Man könnte den Titel auspacken und jeder macht sich ein Bild von der Geschichte, in dem er den Klappentext liest. So findet sich möglicherweise doch noch jemand, der dem Buch ein neues Zuhause gibt. Nicht selten kam es vor, dass wir im Laufe des Wichtelvorgangs total verwirrt waren, da keiner mehr genau wusste, wem oder wie vielen ein Buch gefiel. Bisher kamen wir mithilfe von Deduktion aber immer auf ein Ergebnis. Hier wäre die Idee, jedes Buch mit einem weiteren Zettel zu versehen, auf dem zum einen steht, wer dieses in den Wichteltopf geworfen hat. Zum anderen kann dann beim zweiten Leserundgang jeder Interessent seinen Namen auf die so entstehende Liste schreiben, was es ein bisschen übersichtlicher macht.

“Das hab ich aber schon!”

Auch kann es immer passieren, dass jemand sein gezogenes Buch bereits besitzt oder gelesen hat. Hier würde es auf einen Tausch hinaus laufen; so findet sich vielleicht jemand in der Gruppe, dem es auch gefallen würde. Eine andere Variante wäre natürlich das Blind-Wichtel-Buch-ziehen, eine eher extreme Methode: Es wird gar nichts auf die Bücher geschrieben — nicht einmal das Genre — und jeder nimmt sich einfach irgendeines. Ein weiterer Vorschlag im Nachgang unseres letzten Wichtelns war, die Bücher auszuwürfeln. Dabei geht ein normaler Würfel im Uhrzeigersinn herum und jeder, der eine Sechs würfelt, darf sich einen Titel aussuchen. Doch wahrscheinlich werden wir beim nächsten Mal die Variante mit der Liste ausprobieren und irgendwann haben wir dann das für uns perfekte System ausgetüftelt.

Gerade in der oft so stressigen Vorweihnachtszeit in der jeder schon alle möglichen Unternehmungen plant, während ich noch auf Buchmessen zu finden bin, macht es mich richtig glücklich, dass die Idee von mir und einer anderen Freundin der Runde so gut aufgenommen wurde. Ich nehme mir immer vor, gelesene Bücher zu verschenken und hoffe stets, dass mich bis zur nächsten Geschenkeaktion ein Kleinverlagsbuch so sehr überzeugt, dass es seine Runde machen kann. Zweimal brach ich damit, aber Aki und Sapamo sind sehr glücklich mit ihren Exemplaren von Die Siedler beziehungsweise Jackaby geworden. Ganz bombensicher ist das Prinzip nicht: Durch unsere tägliche Interaktion errät man manchmal schon im Vorfeld, was der andere ins Rennen schicken wird oder macht Andeutungen im Sinne von “Meins sollte dir ziemlich gefallen …”. Durch die “Blind Date with a Book”-Aktionen kam ich bereits in den Besitz von Puls (Stephen King), Blind (Joe Hill), Alice – Follow the White (Stephanie Kempin) und Der Buchliebhaber (Charlie Lovett). Alles Bücher, die ich schon vorher sehr gern lesen wollte und dass ich ausgerechnet diese Titel zog, freut mich ungemein. Die Zeit bis Ostern kann ich jetzt schon kaum erwarten, wenn es wieder heißt, die gelesenen Bücher zu durchstöbern und sich zu entscheiden, welches diesmal eine andere Person glücklich machen könnte.

Unser Buchwichtelsystem ist zwar noch nicht zu 100% ausgefeilt, aber so wie es läuft, gefällt es mir sehr gut. Die ersten beiden Male hatte ich Titel gekauft, die ich selbst gelesen hatte. Damit wusste ich ungefähr, was ich da verschenke. Für diesen Winter entschied ich mich zum ersten Mal dafür, ein Buch zu wählen, was ich selbst nicht gelesen hatte. Es war der ersten Band der Harry Hole Reihe mit dem Titel Der Fledermausmann, denn ich hatte vor kurzem den siebten Teil gelesen. Ich wollte schlicht beim Anfang der Reihe beginnen; die andere Person sollte nicht wie ich mittendrin einsteigen müssen. Es macht mir persönlich schon sehr viel Spaß, ein Buch auszuwählen. Es ist auch sehr spannend, wer den Titel dann am Ende bekommt und man hofft, dass es demjenigen gefällt. Bis jetzt mochte ich alle Bücher, die ich gezogen hatte. Gerade Windjäger, was ich im Winter 2016 erwischte, wollte ich mir sogar selbst noch kaufen. Daher: Danke, MadameMelli, du hast meinem Geldbeutel einen Gefallen getan! Mein erstes Wichtelbuch war damals Ein Mann, der kein Mörder war, Die Siedler war als nächstes an der Reihe. In diesem Jahr bekam ich witzigerweise Mord in der Mangle Street, vor dem ich selber im Buchladen stand und überlegt hatte, es für die Runde zu nehmen. Ich freue mich jetzt schon auf Ostern, wo wir uns wieder zusammen hocken und Bücher verschenken.

Unser Oster-/Weihnachtswichteln macht richtig viel Spaß und war eine schöne Idee. In unserem ersten Testlauf habe ich Bücher in den Topf geworfen, die ich kannte und auch schon gelesen habe. Bei der jetzigen Runde nahm ich zum ersten Mal einen Titel, den ich selber noch nicht kannte, den ich aber selbst unheimlich gerne lesen würde. Es handelt sich um In ewiger Schuld von Harlan Coben. Im Buchladen stand ich vor dem Regal, bin am Buchcover hängen geblieben und der Klappentext hat mich ebenfalls angesprochen. Ich bin auch immer neugierig, was allgemein für Bücher dabei sind und ich hoffe natürlich, dass derjenige, der mein Buch wichtelt, Spaß daran hat. Bis jetzt zog ich immer schöne Geschichten, die mir alle gefallen haben. In der ersten Runde bekam ich von Khaled Hosseini Tausend strahlende Sonnen, eine sehr heftige Erzählung, was die Geschehnisse angeht, welches aber unheimlich gut geschrieben ist und mich sehr in seinen Bann gezogen hat. Danach folgten Jackaby von William Ritter und Glennkill von Leonie Swann; letzteres hat mir so gut gefallen, dass ich mir gleich die Fortsetzung Garou kaufte. In diesem Jahr habe ich Akis Buch Der Fledermausmann von Jo Nesbo gewichtelt und bin schon sehr gespannt darauf. Es ist jedes Mal aufs Neue richtig schön, an einem Tisch zu sitzen und die Bücher reihum zu geben. Ich freue mich schon jetzt riesig aufs nächste Wichteln.

MadameMelli

MadameMelli ist im Berufsalltag als Informationsninja unterwegs und hilft Suchenden, die passende Literatur zu finden. In ihrem Freundeskreis ist sie als Waschbär bekannt und dementsprechend ist auch kaum ein Buch, Manga oder Comic (oder Tee) vor ihr sicher – alles wird in die Hand genommen, begutachtet und bei Gefallen mit nach Hause geschleppt. Nur nicht gewaschen, das wäre zu viel des Guten. Sinniert gerade darüber, ob es als Waschbär sehr gefährlich ist, Wölfe zu lieben, lässt sich davon aber nicht abhalten und schreibt in ihrer Freizeit selbst Geschichten. Manchmal auch über Wölfe. Oder Tee.

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Totman Gehend
Mitglied
24. Dezember 2017 1:43

Wer hat denn Unterleuten in den Topf geworfen? Und war das Überzeugung oder Cover-Kauf?

Annika
Annika
Antwort an  Totman Gehend
24. Dezember 2017 11:35

Das war ein Tip, den ich bekommen habe von jemandem und ich fand, dass es sich interessant anhört. 😉