Draconis Memoria (Band 1): Das Erwachen des Feuers

Was entsteht, wenn man einen Fantasyroman erschafft, in dem es vor Drachen, übernatürlichen Kräften, Geheimagenten und Seeabenteuern nur so wimmelt? Dieser Aufgabe stellte sich Anthony Ryan in seinem neuen Roman Das Erwachen des Feuers, dem ersten Band der Draconis Memoria-Trilogie, der am 7. September 2017 in der Hobbit-Presse von Klett-Cotta erschien. Nach Das Lied des Blutes (dem ersten Teil der Rabenschatten-Trilogie) ist dies die zweite Reihe des Autors, die wir auf deutsch lesen dürfen.

    

In Mandorien, speziell auf dem Kontinent Arradsia, leben Drachen und der gesamte Kontinent hat sich ein Leben auf Grundlage dieser Tatsache aufgebaut. Jegliche Form von Regierung wurde abgeschafft und es herrschen Unternehmen, die sich das Blut der Drachen zu Nutze machen. Sogenannte “Freie” gehen auf die Jagd nach den Wesen, damit diese in Zuchtställen gehalten werden können. Ziel dieser Haltung nicht ganz handzahmer Haustiere: der ständige Nachschub an Blut, welches die Erntemeister durch ausbluten der Drachen gewinnen.

Nur einige sind blutgesegnet

Es gibt wenige Menschen, die das Produkt, welches aus dem Blut der Wesen gewonnen wird, nutzen können. Dabei gilt folgende Grundregel, welche die vier Drachenarten gleichzeitig beschreibt:

„Blau für den Geist.
Grün für den Körper.
Rot für das Feuer.
Schwarz für die Kraft.”
(Zitat aus dem Buch, Seite 19)

Durch dieses Produkt werden den Blutgesegneten übernatürliche Kräfte verliehen – ganze Wirtschafts- und Organisationszweige basieren auf der Möglichkeit, Drachenblut zu nutzen. So funktioniert die Kommunikation über weite Strecken, wenn durch die Einnahme des blauen Produkts ein tranceähnlicher Zustand erreicht wird, in dem man sich über visuelle und telepathische Weise verständigen kann. Mit rot kann man Metalle schmelzen und in neue Formen gießen, schwarz hilft beim Bau von Gebäuden oder dem Abbau von Materialien.

Um einen Krieg zu vermeiden…

Originaltitel The Waking Fire – The Draconis Memoria
Ursprungsland Großbritannien
Jahr 2016
Typ Roman
Bände 1 / 3
Genre Fantasy
Autor Anthony Ryan
Verlag Hobbit-Presse (Klett-Cotta)

Leider steht die Grundlage dieses Systems zu Beginn der Handlung auf wackeligen Füßen, denn nach und nach wird das Blut der Drachen immer schwächer. Durch Inzuchten verliert das Produkt an Kraft und neue Drachen und somit neues Erbmaterial zu gewinnen, gestaltet sich immer schwieriger. Dies darf niemand wissen, denn ein Bekanntwerden der Schwäche Arradsias würde sofort einen Krieg mit dem benachbarten Corvantinischen Kaiserreich ausbrechen. Die letzte Hoffnung der Unternehmen ruht auf dem Gerücht, dass es eine weitere Drachenart gäbe.

… brechen unterschiedlichste Charaktere auf, um die Katastrophe zu verhindern

In Das Erwachen des Feuers folgen wir drei unterschiedlichen Perspektiven und damit sind wir schon bei einer der Stärken des Buches angekommen: den Charakteren. Clay ist ein Dieb, der sich mit illegalen Kämpfen etwas dazu verdient. Außerdem ist er ein unregistrierter Blutgesegneter, weswegen er in den Augen des Geheimdienstes der Unternehmen perfekt dafür geeignet ist, auf eine geheime Mission ins unerforschte Landesinnere zu gehen, um dort den Gerüchten auf die Spur zu gehen. Lizanne ist eine Spionin, die als beste Absolventin der Akademie für blutgesegnete Damen dafür auserkoren wird, im feindlichen Corvantinischen Kaiserreich nach zusätzlichen Hinweisen auf die neue Drachenart zu forschen. Und zuletzt begleiten wir Hilemore, der zum zweiten Offizier auf dem Schiff „Gute Gelegenheit“ befördert wurde. Durch ihn lernen wir anfangs vor allem etwas über die Verwendung der scheinbar wichtigsten Blutsorte, denn aus einer Kombination von speziellen Brennöfen, Rot und einem Blutgesegneten sind die Schiffe in der Lage, sich schneller fortzubewegen. Die „gute Gelegenheit“ ist mit der neuesten Version dieser Öfen ausgestattet und soll zu Testzwecken geheime Manöver durchführen, die Arradsia Vorteile im ewigen Kampf um die Vorherrschaft des Produkts zu gewährleisten sollen.

Dichte Atmosphäre durch kleine Details

Alle drei Figuren verfügen über eine ausgefeilte Hintergrundgeschichte, welche ihnen Tiefe gibt und sie zu spannenden Charakteren macht. Anthony Ryan hat das Talent, seinen Charakteren diese Tiefe auch durch kleine Nebensätze zu vermitteln und sie durch ihre Handlungen lebendig werden zu lassen. Im Laufe des Buches erfahren wir, wie die drei zusammenhängen. Ein beständiger Wechsel zwischen den Perspektiven gibt dem Leser Einblick in die Geschehnisse an den verschiedenen Handlungsorten, der Geschichte des Landes, sowie seiner Feinde – seien es die Menschen im benachbarten Kaiserreich oder die Drachen auf dem eigenen Kontinent, die sich im Laufe der Geschichte immer seltsamer Verhalten. Dabei schafft es der Autor, durch seine klare, aber bildliche Sprache, mich direkt in das Geschehen zu werfen und nicht selten hatte ich Gänsehaut, wenn ein Angriff der Drachen beschrieben wurde oder hielt das Buch gespannt in den Händen, weil die Kampfszene so spannend geschrieben war.

Mit Das Erwachen des Feuers erwartete ich anfangs eine reine Fantasygeschichte. Aus diesem Grund benötigte ich auch 100 Seiten, um wirklich in die Geschichte hineinzukommen. Dieses Buch ist weit mehr als klassische Drachenfantasy. Es ist gleichzeitig ein Spionageroman, voller Abenteuer auf See und festem Boden. Gepaart mit dem Gefühl, manchmal in einer fortschrittlichen Welt zu wandeln, die sich manchmal aber auch veralteten Konventionen unterwirft (so gab mir Lizannes Perspektive in den ersten Kapiteln das Gefühl, in einem Steampunkroman gelandet zu sein, bei Clay dachte ich an Fight Club und Hilemore war für mich der britische Offizier aus den Fluch der Karibik-Filmen), dauerte es eine Weile, bis ich mich an die Gegebenheiten der Geschichte gewöhnen konnte. Doch spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte ich einfach nur noch Spaß am Lesen. Anthony Ryan mischt hier fröhlich verschiedene Kulturen, Genres und Zeiten, baut Anspielungen auf andere Werke ein (zumindest fühlte ich mich bei den Begegnungen mit den grünen Drachen an die Raptoren aus Jurassic Park erinnert), packt dazwischen noch Dokumente aus der Welt, um das ganze realer wirken zu lassen und nach jedem Kapitel war ich begeistert, wie gut das alles funktioniert. Ein außergewöhnliches Magiesystem, wenn man es so nennen mag, und eine spannende Handlung voller Wendungen, die ich so nicht erwartet habe, machen das Buch für mich zu einer klaren Leseempfehlung

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MadameMelli

MadameMelli ist im Berufsalltag als Informationsninja unterwegs und hilft Suchenden, die passende Literatur zu finden. In ihrem Freundeskreis ist sie als Waschbär bekannt und dementsprechend ist auch kaum ein Buch, Manga oder Comic (oder Tee) vor ihr sicher – alles wird in die Hand genommen, begutachtet und bei Gefallen mit nach Hause geschleppt. Nur nicht gewaschen, das wäre zu viel des Guten. Sinniert gerade darüber, ob es als Waschbär sehr gefährlich ist, Wölfe zu lieben, lässt sich davon aber nicht abhalten und schreibt in ihrer Freizeit selbst Geschichten. Manchmal auch über Wölfe. Oder Tee.

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Aki
Aki
Redakteur
14. November 2017 14:21

Ach Mist! Nachdem der letzte Band der Rabenschatten-Reihe mir so gar nicht gefallen hat und ich mich echt durchgequält hatte, wollte ich so schnell nichts mehr von dem Autor lesen. Doch deine Review MadameMelli klingt sehr interessant und ich behalte den Titel mal im Hinterkopf. >-<